Interview mit Péter Bíró

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Péter Bíró machte modernen Lehmbau in Ungarn bekannt. Zu seinen Kongressen und Workshops kommen Experten wie auch Laien. Seine Firma Biokay gestaltet Bestands- und Neubauten mit mineralischen Materialien und nachwachsenden Baustoffen.

BIOKAY – Péter Bíró

Temesvári út 57
HU-5700 Gyula

DIE FRAGEN STELLTE

Achim

Pilz

freier Journalist, Kurator, Juror und Berater, Baubiologe IBN und Chefredakteur des Baubiologie Magazin.

Péter, wann und warum wurdest du Baubiologe IBN?

Ursprünglich habe ich Hotellerie studiert. 2010 sanierte ich unser 140 Jahre altes Lehmhaus. Da war schon viel falsch gemacht worden. Als ich bei Freunden, die eine Lehmbaufirma in Österreich hatten, zu Besuch war, erzählten die mir von der Baubiologie. Davon hatte ich bis dahin noch nichts gehört. Ich war total begeistert, wollte mehr wissen und Baubiologe werden. 

Wann war das?

Das war eine längere Reise. Ab 2012 habe ich für diese Lehmbaufirma in Österreich gearbeitet und begonnen, Lehmbaustoffe nach Ungarn zu bringen und auch in Ungarn zu produzieren. 2020 habe ich die Ausbildung zum Baubiologen IBN abgeschlossen.

Wann gründetest du eine Baubiologische Beratungsstelle IBN?

2021 habe ich die Beratungsstelle IBN in Ungarn eröffnet.

Welches sind deine häufigsten Arbeiten als Beratungsstelle?

Am häufigsten habe ich Projekte im Zusammenhang mit Lehmbausanierungen. Auch große Architekturbüros fragen mich, ob ich Zeit und Lust habe, Präsentationen über baubiologisches Bauen im Büro zu machen.

1 Im Büro von Biokay sind alle Materialien zur Hand
2 Ausstellungsraum mit Kalkgestaltung, baubiologischen Materialien und Wandaufbauten
3 Mit Lehm sind vielfältige plastische Gestaltungen möglich, wie in den Ausstellungsräumen von Péter Bíró zu sehen ist
4 Wandgestaltung mit handwerklicher Kalkglätte
5 Die Konditorei Cukrászda Pápa wurde von Biokay mit Lehmglätte und teilweise mit punischem Wachs gestaltet

In welchen baubiologischen Bereichen arbeitest du?

Ich kenne mich am besten mit Lehmbaustoffen aus. Bei Lehmhaussanierungen habe ich viele Erfahrungen gesammelt. In Ungarn gibt es über 600.000 Lehmhäuser. Da haben wir genug zu tun.

Wie viel Prozent sind das etwa?

Das sind 14 bis 15 Prozent. Das ist schon ein großer Teil. 

In Deutschland wird seit Fertigstellung der DIN-Norm 18945 wieder mehr mit tragenden Lehmsteinen gebaut. In Ungarn ebenso? 

Nicht wirklich. Aktuell gibt es bei uns noch keine gültigen Normen für tragende Wände aus Lehm. Aber das wird kommen. Immerhin gibt es schon eine Ziegelei, die zertifizierte Lehmsteine produziert. Ich hatte einmal eine Kundschaft, die hat erfolgreich mit diesen Lehmziegeln gebaut. Wir sind auch in ein Ökodorf-Projekt involviert, bei dem Lehm mit Robotern 3D gedruckt wird. Wir haben damit auch jetzt ein Saunahaus in einem Garten gedruckt.

Bei uns werden neu auch traditionelle Lehmwellergebäude gebaut, also Lehm mit sehr viel Stroh. Da gibt es noch einen Meister. Er baut ein gutes Dutzend Häuser im Jahr. Was vor Ort vorhanden ist, das verwendet er dafür – soweit es das rechtlich zulässig ist. 

Baubiologische Workshops und Kongress

Péter Bíró organisiert mit seiner Firma Biokay laufend Workshops für Bauherren, Handwerker*innen und Baubiolog*innen. Mehr Informationen auf biobaushop.hu

Ist es ein Problem, lokalen Lehm in Ungarn zu verwenden?

Ja, es ist schwierig. Es gibt schon Regelwerke für Baustoffe, die vor Ort gewonnen werden. Aber die Bauleiter müssen bestätigen, dass die Baustoffe vor Ort alle notwendigen Kriterien erfüllen und bei tragenden Bauelementen müssen sie auch Elemente im Labor untersuchen lassen.

Wie häufig wird in Ungarn baubiologisch gebaut?

Bisher sehr wenig. Aber die Menschen beginnen zu erkennen, dass anders gebaut werden sollte und dass es andere Möglichkeiten gibt. Wir sind gerade dabei zu regeln, dass ökologische Materialien bei staatlichen Projekten besser bewertet werden.

Gibt es hierzu Vorschriften?

Sie sind noch nicht in Kraft, aber im letzten Entwurf. Dafür kämpfe ich seit über 10 Jahren. Ich weiß, was mit Naturbaustoffen alles möglich ist und es könnte ganz anders gehen.

Welche Workshops organisierst du?

Seit drei Jahren bieten wir praktische Lehmhaussanierung an. Einen Workshop gibt es zu Lehmbautechniken, einen weiteren zu dekorativen Oberflächen. Über 150 Teilnehmer*innen insgesamt hatten wir schon.

Für Handwerker*innen bieten wir Profiworkshops an. In sieben Tagen lernen sie zum Beispiel, wie man eine komplette Wandheizung mit Lehm baut. Dabei zeigen wir verschiedene Techniken und Produkte. Mit einem ungarischen Lehmbauer waren wir bei der europäischen Bildungsstätte für Lehmbau in Wangelin / Mecklenburg-Vorpommern, um zu lernen, wie man eine eigene Ausbildungsstätte eröffnet.

Du organisierst auch baubiologische Kongresse. Welche Themen sind dir wichtig und welche Referenten lädst du ein?

Ich möchte möglichst vielen Menschen zeigen, wie gut die Baubiologie ist und was alles mit Naturbaustoffen möglich ist. Dafür lade ich auch europäische Expert*innen nach Ungarn ein. Ich versuche möglichst viele unterschiedliche Experten einzuladen. So beispielsweise welche für Lehmbau, für Stroh, für Hanf und so weiter. Als Gäste waren Martin Rauch schon da, Professor Gernot Minke, Christof Ziegert und Anna Heringer. Das eine Jahr machen wir ein Programm für Fachleute, das andere Jahr für Laien, immer im Wechsel.

6 Das Chinesische Restaurant im 2. Bezirk von Wien erhält mineralische Tiefe mit Lehm als Edelputz und Farbe
7 Eines der ersten Passivhäuser mit Strohdämmung in Ungarn ist von Biokay
8 In Workshops mit einem erfahrenen Lehmbaumeister werden unterschiedliche Techniken vermittelt
9 Impression von der jährlichen Öko Home Konferenz

Wie viele Teilnehmer*innen kommen zu solch einem Kongress?

150 bis 200 bei einem großen Kongress.

Du hast einen Verein gegründet. Um was kümmert ihr euch?

Der Verein heißt KÖRÉPÍTŐK, was ungefähr so viel heißt wie „Verein zur Förderung des ökologischen Bauens“. Er organisiert Workshops.

Welche Art von Workshops organisiert ihr?

Das erste Mal haben wir eine Lehmbaustellein meinem Privathaus organisiert. Wir haben dort die Wohnfläche verdoppelt, indem wir es aufstockten, was bei Lehmhäusern nicht üblich ist. Viele Leute denken, die alten Lehmhäuser halten das statisch nicht aus. Aber unsere Holzkonstruktion war dafür leicht genug.

Wo ist der Verein zu Hause?

In einem kleinen Dorf in der Nähe des Plattensees. Dort gibt es sehr viele Lehmhäuser und andere alte Häuser. Von der Gemeinde haben wir eine nicht mehr benutzte Grundschule zur Verfügung gestellt bekommen, die wir saniert und mit ökologischen Materialien weiter gebaut haben.

Ihr produziert auch Lehmbaustoffe. Woher kommen die dafür benötigten Rohstoffe?

Sand, Lehm und Ton kommen aus einem Umkreis von 15 Kilometern.

Wie kooperierst du mit dem IBN?

Da bin ich sehr glücklich, weil ich immer wieder Hilfe und Unterstützung bekomme, auch für meine Veranstaltungen. Manchmal bekomme ich Fragen gestellt, die ich nicht detailliert beantworten kann. Wenn ich beim IBN nachfrage, erhalte ich Erklärungen, Ergänzungen und wichtige Informationen. Außerdem nutze ich die Weiterbildungsangebote des IBN (lacht). 

Was ist ein Traum von dir?

Dass es in Ungarn ein Zentrum gibt, um baubiologisches Bauen zu fördern, und in dem alles dafür erhältlich ist.

Vielen Dank für das Interview.

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1 Kommentar

  1. Ich freue mich über das Interview mit Peter Biró, den ich seit Jahren kenne und schätze. Für die human-ökologische Renovierung eines alten Weinpresse-Hauses zu Wohnzwecken lieferte er mir Lehmmaterial. Hin und wieder spreche ich auf Einladung auf seinen wichtigen Kongressen über die Essenz des gesunden, umweltschonenden, harmonischen und nachhaltigen Bauens. Ich gratuliere und wünsche weiterhin viel Erfolge !
    Prof. Emeritus Peter Schmid
    Erdösmecske, Südwest Ungarn.

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Quellenangaben und/oder Fußnoten:

Bilder: Péter Bíró

BIOKAY – Péter Bíró

Temesvári út 57
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Soll "Beratungsstellen" beworben werden?: ja

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