Bauproduktenverordnung: Gefahren für den Verbraucher

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Ziel der seit Juli 2013 gültigen EU-Bauproduktenverordnung (BauPVO) ist es, den freien Verkehr und die uneingeschränkte Vermarktung von Bauprodukten im Binnenmarkt der EU zu fördern. Die CE-Kennzeichnung *) für Bauprodukte ermöglicht den Verkauf, allerdings ist dadurch nicht gewährleistet, dass damit gekennzeichnete Produkte auch in Deutschland verbaut werden dürfen.

Bei der Bauproduktenverordnung geht es vorrangig um das Inverkehrbringen von Bauprodukten. Die CE-Kennzeichnung *) ist kein Qualitätssiegel und bietet zudem keine Aussage z.B. zu Schadstoffemissionen.

Artikel 1 EU-Bauproduktenverordnung EU-BauPVO

Verordnung legt Bedingungen für das Inverkehrbringen von Bauprodukten oder ihre Bereitstellung auf dem Markt durch die Aufstellung von harmonisierten Regeln über die Angabe der Leistung von Bauprodukten in Bezug auf ihre wesentlichen Merkmale sowie über die Verwendung der CE-Kennzeichnung für diese Produkte fest.

Inhalte der Verordnung

Viele Produkte werden mit einer CE-Kennzeichnung versehen. Diese Kennzeichnung wird mit der EU-BauPVO auf Bauprodukte übertragen. Der Hersteller bestätigt eigenverantwortlich, dass sein in den Verkehr gebrachtes Bauprodukt mit den einschlägigen EU-Vorschriften konform ist. Die Konformität bestätigt der Hersteller mit der Leistungserklärung, die Kernstück der Verordnung ist. Eine Prüfung durch Behörden findet also nicht statt.

Anforderungen an Bauwerke

Bei dieser Verordnung geht es um die Verbrauchstauglichkeit eines Bauwerks über den gesamten Lebenszyklus. Vorrangig geht es dabei um technische Qualitäten, Gesundheit und Umweltschutz spielen eine untergeordnete Rolle. Von dem Bauwerk soll während dessen Lebenszyklus keine Gefahr für die Benutzer ausgehen und es soll keinen negativen Einfluss auf Umweltqualitäten und das Klima haben. Bezüglich Umweltverträglichkeit, emissiongiftiger Gase, Strahlen und Partikel ist nur die Deklaration von Gefahrstoffen aus der REACH-Verordnung gefordert. Der Nachweis erfolgt entweder über eine harmonisierte EU-Norm (hEN) oder das Sicherheitsdatenblatt, das der Leistungserklärung beigefügt wird. Für eine gesundheitliche Bewertung ist dies jedoch unzureichend. So fordert das Bundesumweltamt zu Recht in einer Stellungnahme zur EU-BauPVO: „Für die Deklaration der Emissionen in den Innenraum wünschen sich fast alle Beteiligten Leistungsklassen, die auf harmonisierten Referenzwerten basieren.“ 

EU-BauPVO – Grundanforderungen an Bauwerke

  1. Mechanische Festigkeit und Standsicherheit
  2. Brandschutz
  3. Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz
  4. Sicherheit und Barrierefreiheit bei der Nutzung
  5. Schallschutz
  6. Energieeinsparung und Wärmeschutz
  7. Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen

EU-BauPVO – Inhalt Leistungserklärung

  • Kenncode des Produkttyps
  • Typen-, Chargen- oder Seriennummer des Bauprodukts
  • Name, eingetragener Handelsname und Kontaktanschrift des Herstellers
  • Gegebenenfalls Kontaktanschrift des Bevollmächtigten
  • System oder Systeme zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit des Bauprodukts gem. Anhang V der BauPVO
  • Anforderungen im Fall der Leistungserklärung für ein Bauprodukt, das von einer harmonisierten Norm erfasst wird
  • Anforderungen im Fall der Leistungserklärung für ein Bauprodukt, das von einer europäischen technischen Bewertung erfasst wird
  • Liste der wesentlichen Merkmale für den erklärten Verwendungszweck, die Leistungen des Bauprodukts in Bezug auf für die aufgeführten wesentlichen Merkmale und zugehörige harmonisierte technische Spezifikationen

Konsequenz für die bauaufsichtliche Zulassung in Deutschland

Wenn keine harmonisierte EU-Norm (hEN) für wesentliche Merkmale eine Bauproduktes vorliegt, kann ein Europäisches Bewertungsdokument (EAD) erstellt werden, dafür erfolgt eine Europäische Technische Bewertung (ETA: European Technical Assessment). Diese Bewertung ist vorgesehen, um Produkten eine CE-Kennzeichnung zu ermöglichen, die keiner hEN entsprechen und im europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht werden sollen. 

In Deutschland gelten weiterhin die Landesbauordnungen, in denen Bauprodukte geregelt werden. Diese beziehen sich wiederum auf die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB). Dort sind Grundanforderungen an Bauwerke festgeschrieben. In der Grundanforderung A3 Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz sind z.B. unter Punkt 2.2.1 Anforderungen an Emissionen von Bauprodukten gestellt. Auf diese Weise schützt sich Deutschland davor, dass jedes europäische Produkt mit CE-Kennzeichnung in einem Bauwerk verbaut werden darf. 

Fazit

Die Kennzeichnung von Bauprodukten mit dem CE-Zeichen birgt die Gefahr, dass dieses als Qualitätslabel wahrgenommen wird. Dem Verbraucher oder Handwerker erschließt sich nicht, dass dieses Produkt zwar erworben werden kann, aber auf Grund von deutschen Vorschriften im Bauwerk nicht ohne weitere Nachweise des Herstellers verbaut werden darf. Da das CE-Kennzeichen keine weitreichenden Aussagen zu Umwelt- und Gesundheitsschutz macht, ist es für Planer und Baubiologen wichtig, weitere Bewertungsmaßstäbe heranzuziehen. Dies sind mindestens Sicherheitsdatenblätter und Technische Merkblätter sowie zusätzlich Volldeklarationen, Öko-Labels oder Emissionsprofile. 

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Quellenangaben und/oder Fußnoten:

*) CE-Kennzeichnung: Damit erklärt u.a. der Hersteller gemäß EU-Verordnung 765/2008, „dass das Produkt den geltenden Anforderungen genügt, die in den Harmonisierungsrechtsvorschriften der EU über ihre Anbringung festgelegt sind.“

Titelbild: AdobeStock, DOC RABE Media

Autor

Ulrich

Bauer

Architekt, Vorstand des Verband Baubiologie VB und Inhaber einer Baubiologischen Beratungsstelle IBN in 90530 Wendelstein

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