Tragendes Pilzgewebe

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Nachwachsende Alternativen: Eisenerz und Sand als Ressourcen für die Herstellung von Stahlbeton sind endlich und werden zunehmend knapper, daher sind nachhaltige Alternativen gefragt.

Autor
Peter Streiff

Peter

Streiff

freier Journalist in Stuttgart mit den Schwerpunkten Ökonomie und Ökologie

Eine Forschungsgruppe am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) erzielte interessante Ergebnisse, indem sie den Stahl durch nachwachsenden Bambus und Beton durch aufbereitetes Wurzelwerk von Pilzen ersetzte.

Die KIT-Forschungsgruppe des Fachgebiets „Nachhaltiges Bauen“ wird seit April 2017 vom Architekten Prof. Dirk E. Hebel geleitet. Mit seinem Team hat er bereits an der ETH Zürich, in Addis Abeba und in Singapur an Alternativen für den Städtebau von morgen geforscht. In der südostasiatischen Metropole gelang die Entwicklung eines Materials aus extrahierten Bambusfasern, „welches hochfest ist und als Armierung eingesetzt werden kann“, sagt Hebel. Denn Bambus kann sich im Wind extrem biegen, ohne zu brechen. Die Zugfähigkeit der Fasern ist also sehr hoch und die Armierung könnte als Verstärkung von Betonteilen dienen.

1 „Mycotree“ an der Architektur- und Städtebau-Biennale in Seoul: Das Gebilde besteht aus den Baustoffen Bambus und Myzelium, dem Wurzelwerk von Pilzen
2 Das Gebilde wird zusammengesteckt, Holzplatte und Stifte sind aus Bambus, Druck- und Zugkräfte sind durch Berechnungen weitgehend entkoppelt
3 Nahaufnahme zweier steckbarer Elemente: Das gelbliche, tragende Gewebe aus biologischen Abfällen und Pilzsporen wurde vorher in eine Form gefüllt, gepresst und getrocknet

Fester Verbundstoff

Zur Herstellung wird der schnell wachsende Bambus nach der Ernte mit Wärme behandelt, in einzelne Teile aufgefasert und schließlich mit einem Harz zu einem festen Verbundstoff gepresst. Das Harz wird nicht aus Erdöl, sondern aus biologischen Grundstoffen hergestellt – allerdings werde derzeit noch an einem notwendigen, ebenfalls biologischen Härter geforscht. „Durch das Zusammenbringen beider Komponenten entsteht ein sehr haltbares Baumaterial“, erklärt Hebel, „es sieht optisch nicht mehr aus wie ein natürlicher Bambushalm.“

Um Sand als wichtigen Zuschlagstoff für Beton ersetzen zu können, experimentierten die Forscher mit dem Wurzelwerk von Pilzen, den Myzelien. Ein vollständig organisches Gemisch aus biologischen Abfällen und Pilzsporen wird dabei zuerst in Säcke gefüllt. Nach wenigen Tagen durchziehen die fadenförmigen Pilzzellen das Substrat, das nun als formbare Masse in vorgefertigte Formen gefüllt und getrocknet wird. Bei der Trocknung stirbt der Pilz, die Masse wird fest und das Geflecht aus Pilzmyzel stabilisiert das Objekt.

Optimierte Struktur

Für die Architektur- und Städtebau-Biennale im südkoreanischen Seoul schufen die Wissenschaftler gemeinsam mit der Block Research Group aus Zürich ein Gebilde aus Pilzmyzelien und Bambus, dessen Geometrie mit Methoden sogenannter „Statik in 3D“ optimiert und tragfähig gemacht wurde (vgl. Bilder). In den Berechnungen wurden die Druck- und Zugkräfte weitgehend entkoppelt und das Gebilde fand durch das Gewicht des aufliegenden Gitterrosts seine stabile Form.

Professor Hebel ist aufgrund seiner Forschungsergebnisse jetzt schon überzeugt, dass nachwachsende Baustoffe wie Pilzmyzelien oder Bambus mit Hilfe moderner Technologien „das Potenzial erhalten, konventionelle Materialien in vielen architektonischen Strukturen zu ersetzen.“ Außerdem könnten die Materialien im Sinne der Kreislaufwirtschaft nach der Nutzung sortenrein wiederverwendet oder kompostiert werden.

Literatur

Dirk E. Hebel und Felix Heisel: Cultivated Building Materials. Birkhäuser Berlin, 2017, 184 Seiten, englisch, 59,95 Euro. Das Buch zum Forschungsprojekt, in dem die industrialisierte Nutzung der Baustoffe Pilzmyzelium und Bambus als natürliche Ressourcen für Architektur und Konstruktion vorgestellt werden. Weitere Forschungsprojekte des Fachgebiets Nachhaltiges Bauen: http://nb.ieb.kit.edu/

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Quellenangaben und/oder Fußnoten:

Fotos: Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

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Peter Streiff

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