Brotbackofen aus Lehm
Historisches Vorbild
Der Brotbackofen auf dem Abenteuerspielplatz Düsseldorf Oberkassel orientiert sich in seiner Bauweise an historischen Gemeindebacköfen, die bis in die 1950er Jahre in vielen Dörfern in Gebrauch waren und heute wiederentdeckt werden. Sie bestehen aus einem Tonnengewölbe und sind häufig aus Tuffsteinen gemauert.
Anders als bei den Vorbildern wurde dieser Ofen aus Lehmsteinen gebaut. Er ist zweischalig. Die innere Schale aus massiven, schweren Steinen speichert die Hitze. Eine äußere Schale aus dämmenden Strohlehmsteinen sorgt dafür, dass die Hitze innen bleibt.
Befeuert wird mit Holz.
Sinnliche Qualitäten
Der erlebnispädagogische Lehmbau wendet sich mit dem Bau von Pizzaöfen und Lehmhütten an Kinder im Grundschulalter. Vermittelt werden die sinnlichen Qualitäten und die konstruktiven Möglichkeiten des Baumaterials Lehm. Bei den Aktionen geht es um Selbstwertsteigerung und soziale Kompetenz.
Ein Brotbackofen ist eine komplexe handwerkliche Herausforderung. Deshalb wurde er unter Anleitung eines Ehrenamtlers von vier Jahres-Praktikantinnen und einem Erzieher Azubi gebaut. Die Kinder wurden einbezogen, stellten viele Fragen und halfen mit.
Kosten und Fakten
Die Bauzeit betrug zwei Wochen. Die Materialkosten in Höhe von 3.200 Euro übernahm die „Peter M. Schober Stiftung“. Diese Stiftung fördert Projekte zur Berufsintegration von Jugendlichen. Ebenfalls zu danken ist der Firma ClayTec Lehmbaustoffe, die einen Sonderpreis auf ihre Produkte eingeräumt hat.
Die Grundfläche des Backraums ist 80 cm breit und 120 cm lang. Das ist deutlich kleiner als bei den historischen Vorbildern, aber immer noch groß genug für 8 Brote. Gebacken wird direkt auf den am Boden eingebauten lebensmittelechten Schamotte-Platten.
Für den Bau des Gewölbes über dem Backraum war eine Schalung nötig. Auf einem Rechteck aus Kanthölzern wurde eine biegsame Holzplatte befestigt und ausgesteift. So entstand eine abgeflachte Halbtonne. Sobald das Tonnengewölbe mit Lehmsteinen geschlossen ist, trägt es sich selbst. Die Schalung kann darunter herausgezogen werden. Das Gewölbe bleibt stehen.
Zweischalige Bauweise, innen schwer (Massivlehmsteine), außen leicht (Leichtlehmsteine)

Die Holzschalung lagert auf „Mäußchen“ (flache Holzkeile mit Loch)
Liegender Zug und Drosselklappe über dem Tonnengewölbe
Der fertige Brotbackofen nach historischem Vorbild
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Zweischalige Bauweise, innen schwer (Massivlehmsteine), außen leicht (Leichtlehmsteine)2
Die Holzschalung lagert auf „Mäußchen“ (flache Holzkeile mit Loch)3
Liegender Zug und Drosselklappe über dem Tonnengewölbe4
Der fertige Brotbackofen nach historischem Vorbild
Gasschlitz und Drosselklappe
Die Regel zum optimalen Rauchabzug besagt, dass die Höhe der Ofentüre zur inneren Höhe des Ofens im Verhältnis von 64:100 stehen soll. Das wurde beim Backofen auf dem Abenteuerspielplatz nicht eingehalten. Die schöne zweiflügelige Ofentüre der Firma Backhaus Welt ist größer. Andererseits soll das Gewölbe möglichst flach sein, um die Oberhitze näher am Backgut zu halten. Doch auch bei einem Verhältnis von 75:100 zieht der Ofen optimal.
Als Besonderheit hat er, wie die historischen Vorbilder, einen liegenden Zug. Der Rauch entweicht zwar am hinteren Ende des Backofens durch eine Öffnung, wird aber von dort durch einen gemauerten „Kanal“ über dem inneren Gewölbe nach vorne geführt und gelangt erst dort in den Kamin. Auf dem Weg durch diesen liegenden Zug gibt der Rauch zusätzliche Oberhitze an den Backraum ab.
Diese Konstruktion erfordert einen „Gasschlitz“: eine kleine Öffnung im Zug, direkt über dem hinteren Rauchaustritt. So kann der erste Rauch beim Einheizen ungehindert entweichen. Das erleichtert ihm den Weg durch den liegenden Zug. Ohne diesen Gasschlitz kommt es zu Verwirbelungen und der Ofen zieht nicht gut.
Hudelwisch und Aschekrücke
Pizza wird an der Glut gebacken. Deshalb kann ein Pizzaofen dünnwandig sein und benötigt keine Ofentüre. Zum Backen von Brot wird allein die gespeicherte Hitze der schweren Lehmsteine genutzt. Deshalb muss die heruntergebrannte Glut mit der „Aschekrücke“ aus dem Ofen geräumt werden. Direkt danach kommt der „Hudelwisch“ zum Einsatz. Dieser nasse Mob sorgt für die Abkühlung der Backfläche und bringt Luftfeuchtigkeit in den Backraum. Jetzt kommt das Brot in den Ofen. Backzeit und Temperatur sind Erfahrungssache. Eine gute Stunde bei 220 Grad für Brote a 500 Gramm ist ein Anhaltswert. Die Ofentüre bleibt dabei zu.
Am Ende des liegenden Zuges sitzt die „Drosselklappe“. Durch die offene Klappe kann der Rauch beim Einheizen entweichen. Nach dem Ausräumen der Glut gilt es, die Drosselklappe zu schließen, um die Hitze im Inneren zu halten.
„Und bei Regen?“
Die am häufigsten gestellte Frage lautet „und wenn es regnet?“. Ein französischer Lehmbauer wusste die Antwort: „Une maison en terre a besoin d`un grand chapeau e du bonnes bottes.“ Lehmbauten brauchen also einen großen Hut und gute Stiefel. Dieser Backofen steht auf einem 40 cm hohen Betonfundament, das bereits vorhanden war.
So ist er gegen stehende Nässe und Schlagregen geschützt. Gegen Regen bekommt er ein einfaches Dach. Bis dahin wird er abgedeckt. Den einen oder anderen Regenguss würde er auch ungeschützt überstehen und nicht sofort davonschwimmen. Das Einlassen mit Leinölfirnis hilft schon viel. Noch besser ist ein Kalkputz. Übermauern mit Klinkern funktioniert auch. Und natürlich muss der Kamin so abgedeckt werden, dass es nicht hineinregnen kann.
Tipps für Praktiker
Das gemauerte Tonnengewölbe lagert auf massiven, seitlichen Aufmauerungen. Über die Höhe dieser Seitenwände lässt sich die innere Höhe des Backraumes regulieren und somit das Verhältnis von Türhöhe zu Gewölbehöhe. Die Dämmung mit Leichtlehmsteinen wird gleichzeitig mit den inneren Seitenwänden hochgezogen. Das gibt dem Gewölbe zusätzliche Stabilität.
Sind die Seitenwände aufgemauert, werden an den vier Ecken der Backfläche Lehmsteine so aufgeschichtet, dass die Schalung darauf abgelegt werden kann. Die Unterkante der Schalung verläuft dabei auf derselben Höhe wie die Oberkante der Seitenwände. Dazwischen bleibt ein Spalt von 1-2 Zentimeter, um ein Verkanten zu verhindern. Zuvor kommen „Mäußchen“ zum Einsatz (Dank an Hans Baumann). Das sind flache Holzkeile mit Loch, an die je eine Schnur gebunden ist, die aus dem Ofenraum herausführt. Sie sitzen zwischen Schalung und Auflager. Nach dem Übermauern werden die „Mäußchen“ gleichzeitig herausgezogen. Dadurch sackt die Schalung zwei Zentimeter ab und kann problemlos aus dem Ofen gezogen werden.
Auf dem Abenteuerspielplatz konnte die Schalung hinten herausgezogen werden. Das bot die Möglichkeit, schon früh die Ofentüre zu setzen und einzumauern. Steht der Ofen an einer Wand, wird die Schalung von vorne entfernt und die Türe im Anschluss gesetzt.
Beim Mauern des Tonnengewölbes müssen sich die Steine an der Innenkante ganzflächig berühren. Mörtel dazwischen stört die Kraftübertragung. In die sich nach außen öffnende Fuge werden zusätzlich zum Mörtel Kieselsteine fest eingedrückt. Das dient der Stabilität.
Das innere Gewölbe ist stabil genug, um den liegenden Zug und die zweite Lage mit den Leichtlehmsteinen zu tragen.
Die Öffnung des Rauchabzuges im Gewölbe und der Querschnitt des liegenden Zuges sind gleich groß wie der Durchlass der Drosselklappe. So kann der Rauch gleichmäßig fließen. Kanten am Rauchabzug und im Zug werden leicht abgerundet.
Der Backofen ist mit Lehm-Grundputz verputzt. Es wurde ein Gewebegitter (Putzträger) zur Vermeidung von Trocknungsrissen eingearbeitet. Unter den Schamotteplatten am Boden des Backraumes sitzt ebenfalls eine Lage Leichtlehmsteine zur Wärmedämmung.
Das erste Einheizen des schweren Lehmkörper geschieht sehr langsam, um die Feuchtigkeit ohne Rissbildung auszutreiben. Dieses Vorheizen dauert einen Tag. Dabei bleibt die Türe offen. Erst am Backtag wird der Ofen voll durchgeheizt.
Ist der Ofen trocken, kann morgens behutsam eingeheizt und am Nachmittag an der Glut bei offener Türe Pizza gebacken werden. Zum Brot backen empfiehlt sich weiterhin, wie bei den historischen Gemeindeöfen, ein langsames Einheizen über zwei Tage.
Damit es junge Menschen schaffen
Die Peter M. Schober Stiftung fördert Bildung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen mit dem Ziel der Berufsintegration. Die Stiftung will junge Menschen ein Stück ihres Weges begleiten und ihnen Perspektiven aufzeigen.
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