Interview mit Damla Holz – Architektin und Baubiologische Messtechnikerin IBN
Was machen Sie derzeit beruflich?
Derzeit arbeite ich als Architektin und Baubiologin in dem Energieberatungsunternehmen „Stefan Holz-Energieberatung GmbH“ in 91781 Weißenburg, in das auch eine Baubiologische Beratungsstelle IBN integriert ist. Als Architektin zeichne ich Projekte und unterstütze Energieberater*innen mit Zeichnungen. Als Baubiologin und Baubiologische Messtechnikerin IBN führe ich Schadstoffe- und Schimmelpilzmessungen durch und erstelle Berichte zu den Messungen, Ergebnissen und Sanierungsvorschlägen.
Wie wurden Sie in der Türkei auf die Baubiologie aufmerksam?
Während meines Masterstudiums zur architektonischen Restaurierung in Izmir hörte ich vom YBE, dem türkischen baubiologischen Partnerinstitut des IBN und absolvierte dort eine zweitägige Grundausbildung in Baubiologie. Ich kann sagen, dass die Begegnung mit dem YBE mein Leben und meine Ziele vollkommen verändert haben.
Welche Arbeiten machen Ihnen am meisten Spaß?
Die Architekturausbildung, die ich an der Universität erhielt, war erstklassig. Die meisten unserer Professor*innen kamen aus verschiedenen Ländern oder waren weitgereiste Architekt*innen mit sehr individuellem Designverständnis. Auf diese Weise hatten wir die Möglichkeit, uns über viele verschiedene Projekte und Themen zu informieren. Wir haben gelernt, Fragen zu stellen sowie vieles zu hinterfragen bzw. neu zu denken. Einerseits sind wir natürlich nicht alle Zaha Hadid oder Renzo Piano, aber diese Fähigkeit zum Andersdenken hilft mir derzeit dabei, mich auch zum Thema Schadstoff- und Schimmelpilzmessungen weiterzuentwickeln.
Es macht mir großen Spaß, Schadstoff- und Schimmelpilzmessungen durchzuführen, den Kundenfragen sowie deren Problemen auf den Grund zu gehen und zu versuchen, Lösungen z.B. zur Schadstoffreduzierung oder noch besser -vermeidung zu entwickeln. Gleichzeitig lerne ich Computerprogramme kennen, mit welchen Energieberechnungen durchgeführt werden.
Messungen von Holzschutzmitteln
Messungen von VOCs
Restaurierungsprojekt
Präsentation eines Architekturprojektes: Touristen-Schiffhafen von Izmir
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Messungen von Holzschutzmitteln2
Messungen von VOCs3
Restaurierungsprojekt4
Präsentation eines Architekturprojektes: Touristen-Schiffhafen von Izmir
Inwieweit spielt in der Türkei gesundes und nachhaltiges Bauen eine Rolle?
Nachhaltigkeit ist in der Türkei seit vielen Jahren ein Thema. Mittlerweile gibt es dort viele energieeffiziente Gebäude mit entspr. Zertifikaten. Die Verbreitung der Baubiologie in der Türkei ging hauptsächlich vom YBE aus. Dank der Arbeit von YBE und DYMD (Verein für natürliche Baumaterialien und -methoden) stieg die Nachfrage nach gesunden und nachhaltigen Gebäuden. Die Zusammenarbeit in der Branche nahm zu und es entstanden neue Materialien und technische Lösungen. Leider gibt es aktuell noch nicht viele Baubiolog*innen in der Türkei. Um Schadstoff- und Schimmelpilzmessungen fachgerecht und messnormgerecht durchführen zu können, sind Geräte und Labore erforderlich. Wenn die Nachfrage auch weiterhin steigt, wird es hier zukünftig entsprechende Investitionen geben und die Anzahl der Baubiolog*innen zunehmen.
Welche Unterschiede gibt es für Planer*innen zwischen der Türkei und Deutschland?
Der größte Unterschied liegt in an der Detaillierung von Werkplänen. Die Vorplanung, also die Erstellung von Plänen, welche einen guten Einblick zur architektonischen Gestaltung ermöglichen, hat auch in der Türkei einen hohen Stellenwert. Die Wege trennen sich jedoch in der Ausführung, auf welche die Planer*innen oft Hauptgrund dafür ist das Bildungssystem in der Türkei, welches mehr auf Hochschulabschlüsse ausgelegt ist, aber kaum auf die Ausbildung von Handwerksberufen.
Was kann Deutschland im Bauwesen von der Türkei lernen?
Generell ist es in der Türkei möglich, während des Bauprozesses schnelle Entscheidungen zu treffen, um den Bauablauf nicht zu blockieren. Deutschland kann sich von der Türkei mehr Mut für spontane Lösungen und Innovationen lernen.
Was kann die Türkei im Bauwesen von Deutschland lernen?
Das Bauwesen in Deutschland ist durch die bestehenden DIN-Normen und Bauvorschriften sehr gut entwickelt, aber auch etwas starr. In der Türkei gibt es mehr Raum für individuelles Design, was auf der einen Seite gut ist, andererseits aber auch die Entstehung billig anmutender Designs ermöglicht. Die Türkei könnte von Deutschland folgenden Spruch lernen: „Wir sind zu arm um billig zu bauen“.
Welche Optionen sehen Sie für eine bessere Zusammenarbeit zwischen der Türkei und Deutschland?
Da gibt es ein großes Potenzial, denn beide Länder haben Vor- und Nachteile und an positiver Kommunikation fehlt es nicht. Leider können viele der neuen Initiativen, die für den Bausektor in der Türkei entwickelt wurden, aufgrund finanzieller oder technologischer Probleme nicht umgesetzt werden. Kooperationen mit Hochschulen oder Verbänden werden zu produktiven Ergebnissen führen. Der Kontakt beider Länder in den Bereichen Baubiologie, Nachhaltigkeit und Herstellung von Naturbaustoffen besteht seit über 30 Jahren und intensiviert sich seit ca. 5 Jahren stetig. Darüber hinaus gibt es in der Türkei nur sehr wenige gesetzliche Regelungen bezüglich Schadstoffe und Schimmel. Hierzu wird die Zusammenarbeit mit Deutschland sehr wichtig sein.
Was sind Ihre weiteren beruflichen Pläne?
Wenn man in einem neuen Land ein neues Leben beginnt, gibt es viele Ziele. Es ist wie ein Neuanfang. Glücklicherweise bin ich von wundervollen Menschen mit großen Herzen umgeben und habe die Möglichkeit, mir neue berufliche Ziele zu setzen. Mein erstes Ziel ist es, mich in Bezug auf mein Wissen rund Schadstoffe und Schimmel zu verbessern. Ich habe die Möglichkeit, hierzu Erfahrungen mit Fragen unserer Kunden zu sammeln. Jeder Fall ist einzigartig und muss daher individuell bewertet werden. Ich versuche, in jeder Situation genaue Einschätzungen vorzunehmen und individuell machbare Lösungen zu finden.
Mein Hauptziel für meine berufliche Laufbahn ist die Vertiefung und Erweiterung meiner baubiologischen Kenntnisse sowie die Realisierung eigener Projekte. Um diese Ziele zu erreichen, versuche ich, mich laufend weiterzubilden, meine Beziehungen zur Bayerischen Architektenkammer zu stärken und mich in den gesetzlichen Regelungen weiter zu verbessern.
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