Interview mit Sabine Weileder

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Sabine Weileder ist engagierte Architektin, die begeistert baubiologisches Denken in wohngesunde Rรคume รผbersetzt. Auch ihr eigenes Wohnhaus wird ein Wohlfรผhlort.

SaWei GmbH โ€“ Baubiologische Architekturwerkstatt
Sabine Weileder

Weissenauerweg 7
DE-84304 Landshut

DIE FRAGEN STELLTE

Achim

Pilz

freier Journalist, Kurator, Juror und Berater, Baubiologe IBN und Chefredakteur des Baubiologie Magazin.

Du bist eine begeisterte Baubiologin. Wie lange schon?

Gefรผhlt bin ich schon mein Leben lang Baubiologin. Mein Stiefvater ist Architekt und besuchte in den 1990ern viele Kurse in Vorarlberg im Bereich Nachhaltigkeit und gesundes Wohnen. Er hat mich schon frรผh mit diesem Virus infiziert. 1992 hat er fรผr unsere Familie eines der ersten Holz-Hรคuser mit Zellulose-Dรคmmung in Landshut realisiert. Da wurde dann natรผrlich auf die richtigen Materialien im Innenbereich geachtet und auch eine Lehmwand selbst gestaltet. Die Zimmerer aus der Umgebung kamen neugierig vorbei. Die Nachbarn waren eher skeptisch. Mit dem Fernlehrgang habe ich 2012 begonnen, wรคhrend meiner Babypause.

Du hast Architektur studiert und als Architektin gearbeitet. Warum hast du dich ergรคnzend zu deinem Studium in Richtung Baubiologie weitergebildet?

Weil ich so meine beiden Leidenschaften, das Entwerfen von Orten fรผr Menschen und einen gesunden und nachhaltigen Umgang mit unseren Ressourcen vereinen kann. Und diese erst vage Vorstellung sowie die Realisierungsmรถglichkeiten haben sich schon beim Durchlesen der ersten Seiten im โ€žFernlehrgang Baubiologie IBNโ€œ bestรคtigt.

Ich habe eine fรผr mich stimmige Ganzheitlichkeit erahnt. Also eine fรผr den Menschen gemachte Architektur. Im Rรผckblick gesehen dachte ich, aha, es gibt also eine Disziplin, die Baubiologie, mit der ich mich mit Leidenschaft ausleben kann. Diese konkrete Disziplin ist breit gefรคchert und lรคsst sehr viel Raum fรผr individuelle Entfaltung, z. B. als Messtechnikerin, Innenraumgestalterin, Schimmelsaniererin oder Lehmspezialistin. Ich bin eine Teamworkerin, die gern eigene Wege geht. Das Zusammenspiel gefรคllt mir ungemein, wenn ich mit einer Baufamilie einen theoretischen Entwurf, eine Vision, kreieren kann und die einzelnen gesunden Komponenten werden dann durch die Ausfรผhrung Realitรคt.

Seit wann leitest du eine Beratungsstelle IBN?

Gleich nach dem Fernlehrgang 2013 bin ich in das Architekturbรผro meines Stiefvaters eingestiegen und habe dort im Juni 2016 eine Beratungsstelle eingerichtet. 2017 habe ich dann den mutigen Schritt in die Selbstรคndigkeit gewagt. Seither betreue ich mit meiner โ€žBaubiologischen Architekturwerkstattโ€œ baubiologische Projekte im Raum Landshut.

1 Eine baubiologische Schimmelsanierung schรผtzt Hausbewohner und Sanieren gleichermaรŸen Was waren das fรผr Mรถglichkeiten?
2 Beim persรถnlichen Beratungsgesprรคch mit einer Baufamilie
3 Baubiologische Sanierung einer Hofstelle

Was bearbeitest du momentan?

Aktuell einen Dachausbau eines Einfamilienhauses aus den 1920ern, die baubiologische Sanierung eines ehemaligen Vier-Seithofes โ€“ ein Traumauftrag โ€“ und mein eigenes baubiologisches Wohnhaus. Parallel kooperiere ich mit einer Holzbaufirma und plane baubiologische Holzhรคuser. Das macht sehr groรŸen SpaรŸ und beinhaltet neben Messeauftritten auch Treffen mit den Baufamilien, was eine groรŸe Leidenschaft von mir ist: Eingehen auf die Persรถnlichkeiten in einer Baufamilie, deren Alltagsablรคufe erรถrtern und Wohlfรผhlmomente erspรผren, so dass am Ende nicht irgendein Haus herauskommt, sondern ein Wohlfรผhlort fรผr diese Familie โ€“ lebendig und wohnlich. Hier liegt der Fokus auf der stimmigen Raumabfolge und der haptischen Gestaltung. Das Thema Lehm interessiert mich aktuell sehr. Ein paar Lehmbaukurse habe ich schon besucht und mit der Qualifizierung zur Raumgestalterin IBN begonnen.

Was gibt dir die Kraft fรผr diese vielen Projekte?

Meine Begeisterungsfรคhigkeit. Inspiration gibt mir die Vielfรคltigkeit der gebauten Rรคume, die ich auch gerne auf meinen Reisen erlebe. Hier lege ich alle Eindrรผcke in meinem Kopf in โ€žRegaleโ€œ, die ich dann bei Bedarf abrufen und wie Werkzeuge verwenden kann. Bei meinen Auftrรคgen begeistert mich die haptische Komponente. Man muss nicht groรŸ gebildet sein, um natรผrliche Materialien, wie Lehm und Holz und die daraus entstehenden Rรคume in ihrer Gesamtheit zu verstehen. Kinder haben dieses intuitive Gespรผr fรผr eine sinnliche Architektur noch. Bei einem Dachausbau mit zwei Kinderzimmern konnten die Kinder tรคglich mit dabei sein, weil ungiftige Materialien eingebaut wurden. So entwickelten sie gleich einen ganz besonderen Bezug zu ihren neuen Rรคumen. Die Lehmwรคnde und der Holzboden strahlen eine unglaubliche Gemรผtlichkeit aus, da fรผhlt man sich sofort geborgen. Wenn dann die richtigen Mรถbel noch dazu kommen, ist das unschlagbar. Das ist Geborgenheit pur. Was brauchen Kinder mehr, als eine gesunde, inspirierende, haptische Umgebung, um sich kreativ und geistig entfalten zu kรถnnen.

Die Baubiologie setzt sich seit รผber 40 Jahren fรผr eine gesunde Architektur ein. Wo kannst du aktuell Erfolge sehen?

Ich spรผre eine verรคnderte Wahrnehmung in der Gesellschaft. Viele in meiner Generation sind ja mit Coolness und Kunststoff groรŸ geworden. Wir sind mit Polystyrol-Dรคmmung und billigen Rohรถlpreisen aufgewachsen. Das war fรผr uns lange Normalitรคt. Einen Wendepunkt stellt fรผr viele die Geburt des ersten Kindes dar. Plรถtzlich wird man von รผberall mit Fragen konfrontiert, die man sich so noch nie gestellt hat. Welche Materialien, Mรถbel, Stoffe etc. sind unbedenklich. Interessanterweise haben dafรผr viele Frauen meiner Generation ein intuitives Gespรผr. Viele wollen dann nicht mehr so unreflektiert wie vorher weiter machen. Und das zieht sich logischerweise bis in den Hausbau. Die Herausforderung besteht fรผr mich darin, gesunde Materialien nach und nach bekannter zu machen, aufzuklรคren und die Leute einzuladen, sich das Ganze mal anzusehen und zu spรผren. Es braucht ja nicht immer sofort 100 % โ€“ ich weiรŸ, das sehen einige Kollegen anders. Fรผr den Anfang ist doch auch ein schadstofffreier Teppich im Schlafzimmer eine Verbesserung im Kleinen.

Was ist ein persรถnlicher Erfolg von dir?

Bei der Sanierung des Dachraums haben wir mit einem hier ansรคssigen Zimmerer, der weniger baubiologisch arbeitet, behutsam die zu รถffnenden Dachflรคchen geplant und die neuen Fenster baubiologisch korrekt eingebaut. Wir haben abgeschirmte Kabel und baubiologische Leuchten verwendet. Der Innenausbau wurde mit einem baubiologischen Baustoffhandel aus dem Ort mit schadstofffreien und unbehandelten Materialien realisiert. An den beiden Giebelwรคnden haben wir Leichtlehmplatten in Verbindung mit Lehmputz angebracht. Dieses Zusammenspiel hat sehr gut funktioniert, war aber tรคglich eine spannende Herausforderung im Detail. Dass sich der Aufwand lohnt, hat sich in einem konkreten Moment gezeigt: Ein Handwerker, der noch nicht ganz so baubiologisch orientiert arbeitet, wollte eine OSB-Platte einbauen, als ich gerade nicht vor Ort war. Der nebenan arbeitende Zimmerer bemerkte das und wies den Handwerker darauf hin, dass dies hier eine baubiologische Baustelle wรคre und so ein Material hier ganz sicher nicht verwendet werden dรผrfte. Somit hat der Zimmerer, der anfangs auch noch nicht ganz so von der Notwendigkeit der Baubiologie รผberzeugt war, im Laufe der Sanierung seine Meinung geรคndert und auch gleich noch die Botschaft weitergetragen. Das beflรผgelt mich ungemein.

Was ist deine Vision fรผr die Zukunft?

Ich mรถchte noch mehr hinter die Kulissen blicken und mich nicht mit den Trumpโ€™schen โ€šalternativen Faktenโ€˜ zufrieden geben. Ich mรถchte mich noch mehr vernetzen, interdisziplinรคr, kreativ austauschen. Viele erschaffen zusammen etwas GroรŸartiges. Es braucht Mut, sich รผber aktuelle Konventionen hinwegzusetzen. Matthias Horx nennt das โ€žzu Zukunftsprovokateuren werden und Zuversicht sowohl gewinnen als auch verbreitenโ€œ. Dann sollte es uns gelingen, nicht nur die Herausforderungen zu sehen, sondern die Zukunft auch herausfordern.

Vielen Dank fรผr das Interview!

Quellenangaben

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