Einfach Bauen – Forschungshäuser, Teil 2
Optimierung der Entwürfe
Die Bewohner der ersten 2020 erbauten Forschungshäuser äußerten den Wunsch nach Balkonen und größeren Wohnungen mit mehr Zimmern. Die Wohnungen in der zweiten Serie haben nun drei oder vier Zimmer und jeweils einen Balkon oder eine Loggia. Abbildung 1 vergleicht die Grundrisse der ersten Serie (links) mit der zweiten Serie (rechts). Während die innenliegenden Bäder in der ersten Serie noch mit einer Badabluft ausgestattet werden mussten, liegen die Bäder in der zweiten Serie an der Außenwand und haben nun Fenster.
Kosten und Bauzeit
Tabelle 1 stellt die Kosten der vier bereits erstellten Forschungshäuser dar. Die Kosten je Quadratmeter Wohnfläche konnten durch die Optimierung noch weiter gesenkt werden. Die größere Wohnfläche, die durch die reduzierten Erschließungsflächen und die zusätzlichen Balkone und Terrassen entstand, trägt zu dieser guten Bilanz bei. Auch die Kosten für die Haustechnik wurden weiter gesenkt; beim Haus „Halbholz & Lehmstein“ liegt der entspr. Kostenanteil lediglich bei 10 %. Grund hierfür ist der Entfall der Badabluft und die Reduktion der Frischwasserstationen. Statt einer Station pro Wohnung gibt es jetzt nur noch eine pro Strang. Statt acht Stationen wurden so nur noch zwei notwendig.
Einfach Bauen heißt auch zügig bauen. Die Bauzeit lag bei allen Häusern bei unter 30 Wochen.
Haus Mauerwerk | Haus Holz-Hybrid | Haus Leichtbeton | Haus Halbholz & Lehmstein | |
Baujahr | 2020 | 2020 | 2020 | 2023 |
BGF(R) [m2] | 648 | 648 | 648 | 628 |
NRF(R) [m2] | 453 | 463 | 445 | 488 |
Wohnfläche [m2] | 414 | 423 | 407 | 549 |
Baukosten netto Bauwerk & Technik [€] | 968.000 | 1.121.000 | 1.321.000 | 1.225.000 |
Kostenanteil Gebäudetechnik | 23 % | 20 % | 17 % | 10 % |
Baukosten / Wohnfläche [€/m2] | 2.451 | 2.727 | 3.286 | 2.231 |
Flächen und Baukosten der bis 2023 fertiggestellten Forschungshäuser
Materialen und Ökobilanz
Ein wichtiges Projektziel der zweiten Serie ist die Reduktion der Emissionen, die mit dem Bauwerk und der Gebäudetechnik verbunden sind. Materialen und Produkte mit einer schlechten Ökobilanz sollten nach Möglichkeit entfallen. Die zweite Serie kombiniert dabei Außenwände und Decken aus Holz mit Innenwänden aus Lehm und Ton. Beim Haus „Halbholz & Lehmstein“ wurden Brettstapelwände und Decken mit Lehmsteinen kombiniert. Beim Haus „Holzrahmen & Recyclingziegel“ werden Holzrahmenwände mit Recyclingziegeln und beim Haus „Vollholz & Stampflehm“ werden Vollholzwände und Decken mit Innenwänden aus Stampflehm-Elementen kombiniert.
Um die Gebäude nachhaltig zu planen, ist es notwendig, von Anfang die Materialen und Produkte ökologisch zu bilanzieren. Der Fokus liegt dabei auf dem Klimawandel. Als Maß für die Klimaerwärmung wird das Globale Erwärmungs- bzw. Treibhauspotenzial untersucht, ausgedrückt in Kilogramm CO2-Äquivalent. Dafür werden alle Treibhausgase in CO2-Äquivalente umgerechnet und können so zu einem Wert aufaddiert werden. So beträgt zum Beispiel das CO2-Äquivalent für Methan 28 – das bedeutet, dass ein Gramm Methan in 100 Jahren 28-mal stärker zum Treibhauseffekt beiträgt als ein Gramm Kohlendioxid.
Nur auf Basis einer solchen Bilanzierung ist es möglich, diesen Aspekt bei Projektentscheidungen mit zu berücksichtigen. In Abbildung 2 sind die Bauteilschichten des Hauses „Halbholz & Lehmstein“ und die Umweltwirkung in Kilogramm CO2-Äquivalent je Quadratmeter Bauteilfläche dargestellt.
Trotz der im Vergleich zur ersten Serie vielschichtigen Konstruktionen der Decken und Außenwände konnten beim Haus „Halbholz & Lehmstein“ die Treibhausgase reduziert werden. In Abbildung 3 ist das Treibhauspotenzial der vier Forschungshäuser gegenübergestellt. Die Werte beziehen sich auf einen Quadratmeter Nettoraumfläche und ein Jahr.
Vergleich der Grundrisse der ersten Serie (links) mit der zweiten Serie (rechts)
Verwendete Materialien von Haus „Halbholz & Lehmstein“
Treibhauspotenzial der Forschungshäuser im Vergleich in CO2Äq./m2NRF*a
Recyclingpotenzial der Forschungshäuser im Vergleich in CO2Äq./m2NRF*a
9
Vergleich der Grundrisse der ersten Serie (links) mit der zweiten Serie (rechts)10
Verwendete Materialien im Haus „Halbholz & Lehmstein“11
Treibhauspotenzial der Forschungshäuser im Vergleich in CO2Äq./m2NRF*a12
Recyclingpotenzial der Forschungshäuser im Vergleich in CO2Äq./m2NRF*a
Das Haus „Leichtbeton“ hat mit 11,38 CO2Äq./m2NRF*a den höchsten Wert. Dreigeschossige Mehrfamilienhäuser weisen üblicherweise Werte von 16 -18 kg CO2Äq./m2NRF*a auf. Den niedrigsten Wert hat das Haus „Halbholz & Lehmstein“ mit 6,87 CO2Äq./m2NRF*a und unterbietet damit mit seinen Dübelholzdecken das Haus „Holz-Hybrid“ vor allem bei den Decken, die dort aus Stahlbeton sind.
In Abbildung 4 ist das Recyclingpotenzial der Häuser gegenübergestellt. Das größte Potenzial liegt bei den Gebäuden mit einem hohen Anteil an nachwachsenden Materialien. In den zugrundeliegenden Datensätzen wird bei Holzwerkstoffen davon ausgegangen, dass diese nach dem Abbruch zur Energiegewinnung genutzt werden. Der dadurch vermiedene Einsatz von fossilen Quellen wird der Bilanz gutgeschrieben.
Fazit
Durch die Substitution von Zement und Beton mit Holz und Lehm ist es möglich, einfache und klimarobuste Gebäude zu erstellen und negative Umweltwirkungen zu reduzieren.
Das Forschungshaus „Halbholz & Lehmstein“ zeigt zudem, dass sich Holz und Lehm nicht nur konstruktiv sehr gut ergänzen, sondern dass die beiden Baustoffe auch ästhetisch sehr gut harmonieren.
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Schöner Artikel!!!
Ich freue mich, dass das Haus mit den Lehmsteinen so gut abschneidet!
Platz 1 bei den Baukosten
Platz 1 beim Treibhauspotenzial
Platz 1 beim Recyclingpotenzial
Lehm ist im Kommen, wie auch die anderen Artikel im Baubiologie Magazin dazu zeigen.
Und auch bei der Zirkularität ist er Platz 1!
Lehm macht die Bauwende möglich …
Moin,
ein sehr interessanter Ansatz und ich bin gespannt, wie die 2. Serie sich entwickelt.