Schimmel im Bodenaufbau durch mangelhafte Trocknung – Teil 1
Estrichdรคmmschichten sind je nach Material mehr oder weniger gegenรผber mikrobiellem Wachstum anfรคllig. Wesentlicher Faktor hierbei ist neben dem Nรคhrstoffangebot der Zeitraum, รผber den Feuchtigkeit einwirken kann. Eine mangelhafte Trocknung kann maรgebliche Ursache fรผr eine spรคtere aufwรคndige Sanierung sein.
Immer hรคufiger fragen sich Betroffene nach einem Wasserschaden, ob evtl. durch in den Bodenaufbau gelangte Feuchtigkeit eine Vernehmung des Bodenaufbaus verursacht wurde. Demgemรคร nehmen die Begutachtungen in dieser Richtung zu, mikrobiologische Labore stellen sich auf steigende Nachfrage zur Prรผfung dieser Fragestellung ein. Folge solcher Untersuchungen kann ein kostspieliger Rรผckbau des Bodenaufbaus sein.
Dabei stellt sich schnell die Frage nach dem Kostentrรคger fรผr solche Maรnahmen. In der Regel ist hierbei primรคrer Ansprechpartner die Gebรคudeversicherung, sofern ein entsprechender Vertrag vorhanden ist. Diese รผbernimmt i. d. R. Leitungswasser- und oft auch รberflutungsschรคden und prรผft, wen sie ggf. in Regress nehmen kann. Bei Leitungswasserschรคden kommt hierfรผr je nach Alter der Installationen evtl. eine Sanitรคrfirma in Betracht. Darรผber hinaus kann jedoch auch eine Trocknungsfirma, die nach dem Schadeneintritt hinzugezogen wurde, mit Regressansprรผchen konfrontiert werden, wenn keine fachgerechte Trocknung installiert und mรถglicherweise das Schadenausmaร nicht ausreichend lokalisiert wurde.
Faktoren bei der Verkeimung von Estrichdรคmmschichten
Bei der Verkeimung von Estrichdรคmmschichten spielen v. a. das Nรคhrstoffangebot und die Dauer der Feuchtigkeitseinwirkung eine Rolle. Bei einem Wasserschaden mit fรคkalienbehaftetem Abwasser, das reich an Nรคhrstoffen und Bakterien ist, ist ein Rรผckbau unabhรคngig von der Dauer der Einwirkung bereits aus geruchlichen Grรผnden fast zwangslรคufig, wenn Flรผssigkeiten tatsรคchlich in den Bodenaufbau gelangt sein sollten.
Auch durch รberschwemmungen mit Erdreich angereichertem Wasser ist sehr nรคhrstoffreich. Eine fachgerechte Sanierung solcher Schรคden ohne Rรผckbau ist kaum mรถglich. Anders sieht es bei Einwirkungen mit Frischwasser oder relativ sauberem Grauwasser aus. Hier werden kaum Nรคhrstoffe in den Bodenaufbau eingetragen, so dass das bereits in der Estrichdรคmmschicht vorhandene Nรคhrstoffangebot eine grรถรere Rolle spielt. Naturfasern bieten im Gegensatz zu Mineralfaser- oder Hartschaumdรคmmungen ein gutes Angebot, sind also im Hinblick auf evtl. Feuchteschรคden von Nachteil. Aber auch aus der Bauzeit auf dem Rohboden verbliebener Schmutz, z. B. Staub und Erde, kรถnnen nรคhrstoffreich sein. Ein Grund, auf Sauberkeit vor dem Estricheinbau zu achten.
Unabhรคngig vom Nรคhrstoffangebot sind Naturfasern aufgrund ihrer hohen Dichte und guten Saugfรคhigkeit kaum zu trocknen, so dass auch hier ein Rรผckbau nach einem Wasserschaden vorprogrammiert sein kรถnnte. Auch Mineralfasern sind saugfรคhig und gegenรผber der meist vorzufindenden Polystyroldรคmmung deutlich im Nachteil. Nichts desto trotz ist Polystyrol aus baubiologischen รberlegungen nicht wirklich empfehlenswert.
Hรคufiges Szenario
Wenn wir nun den hรคufigen Fall eines Leitungswasserschadens in einem Gebรคude mit einer Estrichdรคmmschicht aus dem meist vorzufindenden Polystyrol betrachten, der keine Nรคhrstoffe in den Bodenaufbau einbringt und relativ gut zu trocknen ist, spielt als nรคchster Schritt die Geschwindigkeit und Effizienz einer technischen Trocknung eine wesentliche Rolle zur Vermeidung von mikrobiellem Wachstum.
Grundsรคtzlich sind immer in gewissem Umfang Nรคhrstoffe fรผr mikrobielles Wachstum, ebenso wie einige Keime vorhanden, ein Wachstum in grรถรerem Umfang ist folglich bei ausreichender Feuchtigkeit letztlich eine Frage der Zeit. Folglich sollte eine wirksame Trocknung mรถglichst in den ersten Tagen nach Schadeneintritt begonnen werden. Ansonsten steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es bereits vor Trocknungsabschluss zu einer starken Verkeimung kommt, die ggf. einen Bodenaustausch nach sich fรผhren wรผrde.
Bei zu langer Wartezeit zwischen Schadenereignis und Trocknungsbeginn sollte in Abhรคngigkeit vom Grad der Durchfeuchtung vorrangig an einen Bodenaustausch, als an eine Trocknung gedacht werden.
Planung der Trocknung
Vor Aufbau einer Trocknung sollte der Auftragnehmer bzw. ein eingeschalteter Gutachter den Umfang des Schadenbereiches prรผfen und die Anzahl der Trocknungsgerรคte und deren Aufstellung planen. Hรคufig wird nur im unmittelbaren und offensichtlichen Schadenbereich getrocknet und รผbersehen, dass Wasser je nach Flรผssigkeitsmenge und Ebenheit des Rohbodens sich einen Weg zu weiter entfernten Stellen suchen kann, die erst spรคter entdeckt werden und dann einer aufwรคndigen Sanierung bedรผrfen. Bereits durch Messung der Feuchtigkeit im Randfugenbereich mit ausreichend langen Einstechelektroden kann hier ein guter รberblick gewonnen werden. Fรผr die zerstรถrungsfreie Feuchtemessung in der Bodenflรคche steht ebenfalls Messtechnik zur Verfรผgung.
Im Zweifel sollten Spezialisten eingeschaltet werden, deren Kosten meist gรผnstiger sind als ein spรคterer Rรผckbau von Bodenaufbauten. Letztlich sind rasterartig verteilte Prรผfรถffnungen im Bodenaufbau, die nur wenige Millimeter groร sein mรผssen, die sicherste Methode, die Feuchteverteilung im Bodenaufbau festzustellen.
รberdruckverfahren
Nach sachverstรคndiger Festlegung des Trocknungsbereichs sollte mit ebensolchem Sachverstand die Trocknung ausreichend effektiv aufgebaut werden. Hinweise zu einer richtigen Trocknung gibt es im WTA-Merkblatt 6-15 โTechnische Trocknung durchfeuchteter Bauteileโ. Bei einem Frischwasserschaden halten wir bei Aufbau wenige Tage nach Schadeneintritt eine Trocknung im รberdruckverfahren fรผr die beste Methode, einen schnellen Trocknungserfolg sicher zu stellen. Ggf. ist vorher stehendes Wasser รผber eine ausreichende Anzahl von Lรถchern in der zu trocknenden Bodenflรคche abzusaugen, was aufgrund Nachlaufens aus der Dรคmmung einige Zeit dauern kann. Anschlieรend kann vorgetrocknete Luft รผber die Lรถcher und daran angeschlossene Schlรคuche eingeblasen werden, die รผber die geรถffneten Randfugen nach Aufnahme von Feuchtigkeit aus dem Bodenaufbau wieder austreten kann.
Die Luft wird รผber im Raum stehende Trocknungsgerรคte getrocknet und wieder in den Boden eingeblasen. Bei den Trocknungsgerรคten sind Adsorptionstrockner zu empfehlen, die wesentlichleistungsfรคhiger als die weit verbreiteten billigeren Kondenstrockner sind, Adsorptionstrockner kรถnnen Luftfeuchten nahe 0 % r.F. erreichen, so dass diese Luft wesentlich mehr Feuchtigkeit auf ihrem Weg durch den Bodenaufbau aufnehmen kann.
Kondenstrockner schaffen meist nur eine Trocknung auf 35 โ 40 % r.F., was je nach Witterung auch in der Umgebungsluft der Fall sein kann. Darรผber hinaus erwรคrmen Kondenstrockner die Raumluft je nach Anzahl der Gerรคte ganz erheblich, was die Wachstumsbedingungen im Bodenaufbau fรถrdert. Zu beachten ist allerdings, dass je nach Ausstattung der zu trocknenden Rรคumlichkeiten durch zu trockene Luft ebenso wie zu hohe Temperaturen Schรคden z. B. an Mรถbeln entstehen kรถnnen. Ggf. sollten empfindliche Gegenstรคnde entfernt werden. In jedem Fall sollte das Raumklima kontinuierlich รผberwacht und ggf. eingegriffen werden. Bei einer Trocknung mit รberdruck und Einbringung der durch Adsorptionstrockner vorgetrockneten Luft รผber Schlรคuche sind Schรคden jedoch unwahrscheinlich, da die Luft auf der dem Raum zugewandten Seite feuchter ist. Vorteil des รberdruckverfahrens ist, dass ein Luftpolster im Bodenaufbau entsteht, so dass eine bessere Durchstrรถmung des Bodenaufbaus und folglich auch eine effizientere Trocknung gewรคhrleistet ist.
Unterdruckverfahren
Sollte der Verdacht auf eine bereits vorhandene Verkeimung im Bodenaufbau bestehen, bzw. die Trocknung nicht kurz nach Schadeneintritt aufgebaut worden sein, ist eine Trocknung im รberdruckverfahren nicht zu empfehlen, da evtl. vorhandene Keime aus dem Bodenaufbau mit der Trocknungsluft im Raum verteilt werden kรถnnen, was zu aufwรคndigen Reinigungsmaรnahmen fรผhren kann. In diesem Fall ist eine Trocknung im Unterdruckverfahren vorzuziehen, bei der die gleichartig vorgetrocknete Luft aus dem Raum รผber die Randfugen angesaugt und รผber die im Bodenaufbau befindlichen Lรถcher und Schlรคuche wieder abgesaugt wird. Die evtl. keimbelastete Luft wird entweder รผber Schlรคuche nach auรen oder รผber Sporen zurรผck haltende Filter in den Raum zurรผck gegeben. Da der Bodenaufbau durch den Unterdruck nach unten gesaugt wird, ist dieses Trocknungsverfahren wesentlich langsamer und auch in Bezug auf die Luftverteilung innerhalb des zu trocknenden Bereichs unsicherer. Letztlich ist aber die Sicherheit, keine Verkeimung von nicht betroffenen Bereichen zu riskieren, wichtiger.
Kombination der Trocknungsverfahren
Immer hรคufiger findet man auch eine Kombination von รber- und Unterdruckverfahren. Dabei wird mittels leichtem รberdruck und Schlitzdรผsen getrocknete Luft im Randfugenbereich eingeblasen und diese mit Unterdruck รผber die Bohrlรถcher wieder abgesaugt. Hierbei ist eine korrekte Einstellung und regelmรครige Kontrolle der Volumenstrรถme und ein ausreichendes Druckgefรคlle zwischen Einblasluft und Absaugung wesentlich, um nicht mit zu viel รberdruck evtl. Keime aus dem Randfugenbereich zu blasen.
Regelmรครige Kontrolle
In jedem Fall ist โ wie bereits bzgl. Raumklima erwรคhnt, eine regelmรครige Kontrolle der Funktionalitรคt des Trocknungsaufbaus wichtig. Neben Prรผfung der Funktionsbereitschaft der Anlage โ in der Praxis kommen Sicherungsausfรคlle, durch fachfremde Personen, versehentlich abgezogene Trocknungsschlรคuche u. รค. vor โ ist eine Prรผfung des Wassergehaltes der Abluft im Vergleich zur Zuluft wichtig, um ggf. zu erkennen, ob Verรคnderungen am Trocknungsaufbau angezeigt sind. Hรคufig wird der Trocknungsaufbau unverรคndert รผber Wochen belassen, obwohl die Abluft bereits fast so trocken wie die Zuluft ist. Dies kann entweder ein Zeichen fรผr eine abgeschlossene Trocknung, ggf. aber auch ein Grund sein, die Anordnung von Bohrungen und Schlรคuchen zu รคndern, weil die Trocknungsluft nur einen Teilbereich im Bodenaufbau erreicht hat: Dies sollte in jedem Fall vor Abbau der Trocknung geprรผft werden.
Es sollte auรerdem eingeplant werden, dass die Trocknung erst 1โ2 Tage nach Abschaltung und nochmaliger Kontrolle der Feuchtewerte abgebaut werden sollte. Wie erlรคutert, bilden sich bei einer Trocknungsmaรnahme im Bodenaufbau Luftkanรคle, die im Gegensatz zu weniger gut durchstrรถmten Bereichen relativ schnell trocknen.
Nach Abschaltung der Trocknung kommt es hรคufig zu einer allmรคhlichen Verteilung der Restfeuchte. Vor Abbau sollte folglich die Trocknung nach einer 1โ2 tรคgigen Pause reaktiviert und der Feuchtegehalt der Abluft erneut kontrolliert werden. Ggf. ist dann die Trocknung zu verlรคngern bzw. umzubauen.
Wesentlich sicherer, als die Kontrolle des Wassergehaltes der Abluft, ist wie oben beschrieben, eine Kontrolle der Ausgleichsfeuchte durch rasterartig verteilte mehrere Bohrungen in dem zu trocknenden Bodenaufbau (nicht unmittelbar im Bereich der Trocknungslรถcher) mittels Messsonden. Hier sollte die sog. Ausgleichsfeuchte (Wassergehalt der Luft im stationรคren Zustand) gemessen werden. Die Kontrollรถffnungen sind selbstverstรคndlich wรคhrend Messung und Trocknungsprozess luftdicht zu verschlieรen. Mittels Datenloggern kann man an Stelle von Momentaufnahmen einen zeitlichen Verlauf des Trocknungsprozesses erhalten, was die รberwachungsqualitรคt wesentlich verbessert. Hierfรผr stehen zwischenzeitlich auch Funksender mit Mobilfunkanschluss (z. B. SiMAP) zur Verfรผgung, was eine umfangreiche Fernwartung ermรถglicht.
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