Weleda Logistik-Campus mit Naturklimaanlage
2024 wurde das neue Logistikzentrum der Firma Weleda, Hersteller von Naturkosmetik und anthroposophischen Arzneimitteln, am Rand von Schwäbisch Gmünd eröffnet. Auf insgesamt fast 19.000 m² Fläche vereint der Cradle Campus die internationale Vertriebslogistik an einem Ort. Wo irgend möglich, wurden die Naturbaustoffe Holz und Lehm verbaut. Nur bei hohen Verkehrslasten oder ans Erdreich angrenzenden Bauteilen wurde Stahlbeton verwendet. Das Hochregallager integriert sogar eigenen Aushub für eine große Stampflehmwand! Mit Photovoltaik und Geothermie ist der Betrieb energetisch CO2 neutral. Die Arbeitsplätze bieten viel Tageslicht für die Mitarbeiter sowie Ausblicke in die Landschaft. Nur 20 Prozent der Grundstücksfläche wurden versiegelt. 80 Prozent wurden mit heimischen Pflanzen bepflanzt bzw. als Streuobstwiese angelegt, um die lokale Biodiversität zu verbessern. Für die Gestaltung der Gebäude waren die Architekt*innen der Michelgroup GmbH aus Ulm in enger Abstimmung mit Transsolar Energietechnik GmbH aus Stuttgart verantwortlich.
Ein Verwaltungsgebäude incl. öffentlicher Räume, ein Funktionsgebäude für alle Aufgabenbereiche vom Wareneingang bis zum Warenausgang und ein Hochregallager bilden zusammen den optisch angenehm kleinteiligen Campus. Die Gebäude sind quer zur Windrichtung aufgefächert, sodass sie natürlich durchlüftet und dadurch Wärmestauungen vermieden werden. Ein unsichtbares Geschoss mit einem gemeinsamen Dachgarten für alle Mitarbeiter verbindet Verwaltungs- und Funktionsräume innerhalb wie auch außerhalb des Gebäudes.

Der Weleda Cradle Campus in Schwäbisch Gmünd wurde 2024 eröffnet
Es gibt eine Verwaltung und öffentlichen Bereiche ...
Innen und Außen sind verwoben. Lichthof und großzügige Dachterrasse mit grünen Inseln schaffen Übergänge1 Der Weleda Cradle Campus in Schwäbisch Gmünd wurde 2024 eröffnet2 Es gibt eine Verwaltung und öffentlichen Bereiche …3 Innen und Außen sind verwoben. Lichthof und großzügige Dachterrasse mit grünen Inseln schaffen Übergänge
Naturklimaanlage Hochregallager
Besonders spektakulär ist das vollautomatische Hochregallager mit Platz für gut 17.000 Paletten. Denn es integriert 3.000 m³ des lehmhaltigen Bauaushubs und nutzt ihn zu einer Naturklimaanlage um. Mit einer Größe von 82 x 38 m ist das Lager Deutschlands größter zusammenhängender Stampflehmbau. Nur die Stampflehm-Wände der drei Einzelgebäude des Freilichtmuseums Detmold zusammengenommen kommen auf noch mehr Fläche. Zu ca. 80 % stammen Lehm und gebrochener Muschelkalk aus dem Aushub der Baugrube – ein ockerfarbener, feinbröckeliger Ton-Mergelstein. Der Rest ist Kies aus der Nähe. Der Lehm wird ohne Zementzusatz in einer lokal aufgebauten Maschine gemischt und kann nach der Nutzung auf einfache Weise wieder zu Erdreich werden. Die 8 m hohen und 60 cm starken, tragenden Wände aus Stampflehm sind insgesamt 240 m lang. Im Inneren puffern sie Luftfeuchtigkeit und Temperatur. Zusammen mit dem Holzregal ermöglichen sie eine freie Feuchtekontrolle ohne Lüftungsanlage. Allerdings ist eine tragende Stampflehmwand sehr schwer und teuer. Deshalb entschied man sich für eine hybride Konstruktion mit 2/3 Holzfassade, die auf dem Stampflehm bis zu einer Höhe von 26 m aufsitzt. Auch das Hochregal ist mit Blick auf die CO2-Bilanz komplett aus Holz gefertigt. Die Kombination von Lehm und Holz sorgt dafür, dass das Gebäude nur eine Temperierung und keine Lüftungsanlage für die empfindlichen Kosmetika und Arzneimittel benötigt. Denn Lehm und unbehandeltes Holz nehmen Feuchtigkeit aus der Luft auf und geben sie an trockenere Luft wieder ab. Eine Simulation der Feuchteschwankungen über das Jahr zeigt: die rel. Luftfeuchte steigt nie über 60%.

Spektakulär ist das Hochregallager mit einer Naturklimaanlage aus Stampflehm und Holz
Insgesamt 3.700 m³ Holz wurden für das Hochregallager verbaut. Für die Holzbauwände auf dem Stampflehm kamen noch einmal 800 m³ dazu
Die Bediengeräte des Regals durchmischen verschiedene Klimazonen im Lager beim Durchfahren4 Spektakulär ist das Hochregallager mit einer Naturklimaanlage aus Stampflehm und Holz5 Insgesamt 3.700 m³ Holz wurden für das Hochregallager verbaut. Für die Holzbauwände auf dem Stampflehm kamen noch einmal 800 m³ dazu6 Die Bediengeräte des Regals durchmischen verschiedene Klimazonen im Lager beim Durchfahren
CO2-neutraler Lagerbetrieb
Transsolar Energietechnik hat das Energiekonzept für einen CO2-neutralen Betrieb sehr detailliert erstellt, incl. Tageslichtanalyse und Blendungsbeurteilung. Die Dämmung von Dach und Holzwand entspricht KfW 55. Das Lagergebäude ist um 4 m abgesenkt, die Bodenplatte ist ungedämmt, ebenso wie der Stampflehm. Die freie Kühlung ermöglicht die 900 m² große abgesenkten Sockelwand, die thermisch als Kühl- und Heizfläche aktiviert ist. Die verschiedenen Klimazonen (kühler Bodenbereich, feuchtegepufferte Mitte, warmer Dachbereich) werden durch Logistik-Roboter durchmischt. Diese „Bediengeräte“ durchfahren das Regal während der Nutzung und bei Bedarf.
Verbindendes Verwaltungsgebäude
Mit einem schwungvoll gestalteten Sockelgeschoss, das sich mit dem ansteigenden Gelände verschneidet, bildet das zweigeschossige Verwaltungsgebäude einen fließenden Übergang zwischen Landschaft und Bauwerk. Hier ist der Haupteingang für alle Mitarbeitenden und Besucher. Im Inneren lässt ein helles, begrüntes Atrium reichlich Tageslicht in das tiefe Erdgeschoss. Zudem ist der Verwaltungsbau mit der Längsseite nach Südsüdost orientiert, damit die Arbeitsplätze das gesamte Jahr mit Tageslicht versorgt werden. Jalousien mit Lichtleitfunktion verhindern eine Blendung und optimieren die Tageslichtversorgung.
Sonnenschutz des Verwaltungsgebäudes übernehmen ein großer Dachüberstand und Lamellen vor den Fenstern, deren Lichtlenkfunktion für blendfreies Tageslicht sorgt und den Energieverbrauch reduziert. Das Atrium lässt Tageslicht in die Tiefe des Gebäudes.
Das Funktionsgebäude ist durch Verschattungslamellen geschützt, die zudem mit Photovoltaik belegt sind.
Solarelektrisches Gesamtenergiesystem
Heiz- und Kühlleistung der Gebäude werden zu 100 % durch Solarstrom und Erdwärme gedeckt. Im Sommer regeneriert die Abwärme der Kühlanlage das im Boden befindliche Wärmefeld. Selbst die energieintensive Logistik funktioniert rein solarelektrisch und kommt ohne fossile Energie aus. Für die Stromproduktion mit insgesamt rund 2.000 Modulen und ca. 1.1 MW Peakleistung müssen allerdings alle verfügbaren Flächen – Dächer und Fassaden – genutzt werden. Überschüssiger Strom wird im Netz gepuffert. Dieses Konzept war zwar gegenüber einer konventionellen Lösung (z. B. mit Gas) rund 50 Prozent teurer, wird sich aber laut Berechnungen spätestens in 14 Jahren amortisieren.
Ein Wassermanagementsystem mit Regenwasserzisterne, Grauwassersystem und Versickerungsflächen reduziert den Wasserverbrauch und minimiert das abfließende Niederschlagswasser.

Das Logistikzentrum benötigt viel Energie
Der benötigte Strom wird komplett selbst erzeugt. Alle Dächer sind am Ende komplett mit Photovoltaik belegt ...
… sowie die Verschattungslamellen des Funktionsgebäudes7 Das Logistikzentrum benötigt viel Energie8 Der benötigte Strom wird komplett selbst erzeugt. Alle Dächer sind am Ende komplett mit Photovoltaik belegt …9 … sowie die Verschattungslamellen des Funktionsgebäudes
Nachhaltigkeitspreise
Dieses vorbildliche Logistikzentrum wurde mehrfach ausgezeichnet. Im Jahr der Eröffnung erhielt es den 1. Platz für ´“Ökologische Wirklichkeit“ des Polis award, den Innovationspreis Lehmbau BW und den Iconic Award Innovative Architecture „best of best“.
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