Mobilfunk und Gesundheit – Empfehlungen der Landesärztekammer BW

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Die Landesärztekammer Baden-Württemberg spricht sich seit vielen Jahren für eine vorsorgliche Zurückhaltung beim Mobilfunk aus. Dies insbesondere in Bezug auf die Handystrahlung, um mögliche Risiken für die Gesundheit abzumildern. 2024 veröffentlichte die Landesärztekammer ein aktualisierte Version der Empfehlungen, die wir gerne im Wortlaut veröffentlichen.

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Das Institut für Baubiologie + Nachhaltigkeit IBN ist Herausgeber des Baubiologie Magazins.

Die Mobilfunktechnologie breitet sich weltweit aus. Diese revolutioniert die Kommunikation in der Gesellschaft. Sie ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Positive Auswirkungen auf Arbeitsprozesse, Lebensqualität, Vernetzung, auch im Gesundheitswesen (z. B. zur Bewältigung medizinischer Notfallsituationen oder Pandemien) sind unbestritten.

Mobilfunk-Technologie bedeutet: (gepulste) elektromagnetische Felder bei Nutzung von DECT-Funktechnik bei Schnurlostelefon, W-LAN, UTMS- / 5 G-Mobilfunk. Solche elektromagnetische Felder sind flächendeckend allgegenwärtig.

Auswirkungen elektromagnetischer Felder auf die menschliche Gesundheit – dies bio-psychosozial ganzheitlich betrachtet – werden kontrovers diskutiert. Belastbare, somit verwertbare Forschungsergebnisse (meist aus Tierversuchen) zeigten zelluläre Veränderungen bis hin zur Tumorpromotion durch elektromagnetische Felder. Inwieweit dies auf Menschen übertragbar ist, wird wissenschaftlich diskutiert.  Ein eindeutiger Zusammenhang mit verschiedenen Erkrankungen (Krebs, Depressionen, Schlafstörungen, Suchtverhalten, Unfruchtbarkeit, Elektrohypersensibilität) liegt bisher nicht vor.

Gefahren für die menschliche Gesundheit können beim derzeitigen Forschungsstand nicht ausgeschlossen werden. Die WHO bezeichnet sowohl die niederfrequente als auch die hochfrequente elektromagnetische Strahlung im Zusammenhang mit Mobilfunk als möglicherweise krebserregend. Durch Mobilfunk ist der Nutzer beiden Frequenzbereichen ausgesetzt. Mobilfunkbetreiber konnten deshalb bisher keine Schadens-Versicherung abschließen.

Vom Europäischen Parlament, dem Europarat, der europäischen Umweltagentur, dem wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung „Globale Umweltveränderungen“ (WBGU) und anderen wird Mobilfunk als Risikotechnologie eingestuft. Überwiegend wird ein Vorsorgekonzept in der Gestaltung der Digitalisierung als notwendig angesehen.

Hinzuweisen ist auch auf zunehmend psychosoziale Probleme im Zusammenhang mit exzessiver Nutzung von Mobilfunktechnologie, vor allem bei Jugendlichen. Soziale Spannungen in Familien sind oft die Folge.

Es zeigen sich zunehmend erkennbare psychosoziale Probleme auch im Zusammenhang mit teils exzessiver Nutzung u.a. der Mobilfunktechnologie. Die übermäßige zeitliche Nutzung elektronischer Medien führt oft zu gesellschaftlicher Isolation, im Jugendalter z.B. unter dem Bild der Schulverweigerung. Therapiebedürftige „Internetsucht“ bzw. „Medienabhängigkeit“ sind bereits relevante medizinische und gesellschaftliche Probleme geworden (vgl. DAK-Studie 2020).

Die Landesärztekammer Baden-Württemberg unterstützt deshalb folgende Forderungen:

  • vorurteilsfreier Umgang, Diskussion der Problematik elektromagnetische Felder
  • Intensivierung der Forschung im Hinblick auf Gesundheits-Gefahren / -Schäden beim Menschen durch elektromagnetische Felder
  • Schaffen von mobilfunkfreie Zonen u.a. in öffentlichen Einrichtungen (Bus, Bahn, Schule, Hochschule, Verwaltung, Kliniken) aber auch im privaten Bereich (Schlafzimmer)
  • Senkung von SAR-Werten bei Mobilfunk-Geräten (SAR: „spezifische Absorptionsrate“ als Maß für die Energieaufnahme gepulster elektromagnetischer Felder durch z.B. Handy am Ohr / in einer Kleidertasche bei Nutzen eines Headset)
  • Neufassung der Grenzwerte auf der Basis medizinisch-biologischer Kriterien
  • SAR-Grenzwerte sollten entsprechend dem ALARA (as low as reasonable achievable) Prinzip bei Mobilfunkgeräten eingehalten werden
  • Die Kennzahlen (SAR, Frequenz, elektrische Feldstärke, Leistungsdichte) müssen auf den Mobilfunkgeräten ausgewiesen werden
  • Europaweite Koordination von Studien, Anwendung einheitlicher Studienstandards durch industrieunabhängige Institutionen
  • Einrichtung einer Koordinierungsstelle zur Sammlung von Meldungen über „Mobilfunk-Nebenwirkungen“, auch für Elektrosensible
  • Vermehrte Untersuchung psychosozialer Folgen der Mobilfunktechnologie unter Einbeziehung ärztlich-psychotherapeutischer, soziologischer Expertise
  • transparentes Recycling von Mobiltelefonen
  • Anstreben einer geringstmöglichen Zahl von „Funkmasten“ und gemeinsame Nutzung von Funkmasten durch verschiedene Betreiber
  • an öffentlichen Einrichtungen, insbesondere an Schulen: Bevorzugung von LAN-Verbindungen oder neuerer technischer Alternativen W-LAN muss leistungsgeregelt sein, bei Nicht-Gebrauch (automatisch) ausgeschaltet werden
  •  Intensivierung zur Information / Aufklärung, Anleitung insbesondere von Familien, Kindern und Jugendlichen zu Risiken / die Gesundheit möglichst gering schädigender Nutzung digitaler Techniken.

Hinweise für Kinder, Jugendliche und Eltern:

  • Mobiltelefone und Laptops möglichst wenig und nur kurze Zeit nutzen
  • „Der Abstand ist Dein Freund“: Mobilfunkgeräte nur mit einem Mindestabstand zum Körper benutzen
  • keine Nutzung von Mobilfunkgeräten in „abgeschirmten“ Einheiten, wie Auto, öffentlichen Verkehrsmitteln
  • Verwendung von Freisprechanlagen
  • zuhause Nutzung möglichst schnurgebundener Systeme (LAN) – meiden von DECT-Standardgeräten
  • Insgesamt zurückhaltende, eng zeitlich begrenzte Mediennutzung durch Kinder, überwiegend begleitet von ihren Eltern
  • unbegleitete Nutzung von Smartphones erst ab dem Alter von 12 Jahren.

Anmerkung des IBN

Das IBN unterstützt die Empfehlungen der Landesärztekammer Baden-Württemberg bezüglich der Nutzung von Mobilfunktechnologie.

In der Baubiologie gilt der Grundsatz „Jede Risikoreduzierung ist anzustreben. Maßstab ist die Natur„. Warum also nicht in diesem Sinne das potenzielle Gesundheitsrisiko durch Funktechnik auf ein Minimum beschränken, zumal dies meist mit geringem oder keinem technischen Aufwand möglich wäre? Hierzu geht es keineswegs um Technikfeindlichkeit oder Esoterik, sondern um eine einfach umsetzbare Gesundheitsvorsorge.

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