Gut temperiertes Refugium – Teil 2

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In Teil 1 wurde das architektonische Konzept dieses Einfamilienhauses vorgestellt. Nun geht es um die Ökobilanz und das Energiekonzept. Seine Massivholzbauweise senkt die graue Energie. Photovoltaik, Erdbohrung, Wärmepumpe und Solarthermie-Module versorgen es zu fast 100 % mit Energie.

Autor

Achim

Pilz

freier Journalist, Kurator, Juror und Berater, Baubiologe IBN und Chefredakteur des Baubiologie Magazin.

Der Architekt Georg Reinberg hat sein jüngstes Einfamilienhaus im niederösterreichischen Klosterneuburg nicht nur ästhetisch, sondern auch energetisch durchkomponiert. Um negative Umwelteinflüsse bestmöglich zu reduzieren, hat er es als Passivhaus mit aktiven und passiven Lüftungskomponenten konzipiert.

  • Aktiv sind eine Lüftungsanlage mit Wärme- und Feuchterückgewinnung, eine Photovoltaikanlage, thermische Kollektoren, ein großer Pufferspeicher, Tiefenbohrungen, eine Wärmepumpe sowie Fußboden- und Wandheizflächen.
  • Passiv halten spezielle Lüftungsklappen, regen-, insekten- und einbruchgeschützt die Kühlleistungen gering. In allen Geschossen können sie in Sommernächten geöffnet werden, so dass das gesamte Gebäude nach dem Schwerkraftprinzip gut durchlüftet wird. „Die Lüftung durch das gesamte Haus funktioniert hervorragend“, freut sich die Hausherrin.

Energiekonzept

Die hinterlüftete Fassade aus weißen Faserzementplatten ist so mit Zellulose ausgeblasen, dass sie den Passivhausstandard erreicht. Zum südwestlichen Weinberg sind geschosshohe thermische Kollektoren nahtlos in die Fassade integriert. Sie lagern die „geerntete“ Sonnenwärme in einen großen Pufferspeicher und nutzen vorrangig die Wintersonne. Weitere Wärme- und Kühlquelle ist das Erdreich, das über Tiefenbohrungen und eine Wärmepumpe genutzt wird. Fußboden- und Wandheizungsflächen temperieren das Haus – zu jeder Jahreszeit. „Die Kühlung über die Fußbodenheizung im Sommer ist einfach hervorragend“, lobt die Hausherrin.

Auch das Dach ist bestens gedämmt. Hier wählt Reinberg als ökologischer Planer schweren Herzens das baubiologisch nicht empfehlenswerte Polystyrol. Die Gebäudehöhe war zu begrenzt, um einen höheren Aufbau beispielsweise mit Holzweichfaser zu realisieren. „Wir haben hier die sehr restriktiven Vorschriften gut ausgenutzt und praktisch ein Stockwerk mehr untergebracht als die Nachbarn“, erklärt er. Auch die sich innen wie außen abzeichnenden Walme auf der Südseite des Dachs sind den Bauvorschriften geschuldet. Reinberg ist die Kunst gelungen, sie in eine stimmige Ansicht zu integrieren. Auf dem Dach liegen Photovoltaikelemente. 2019 betrug ihr Ertrag 5.286 kWh – minimal weniger als der gesamte Stromverbrauch von 5.321 kWh. 

1 Energieeffizient und kreislaufgerecht ist das jüngste private Passivhaus des Architekturbüros Reinberg in Klosterneuburg
2 Beton nur da, wo er seine statische und klimaausgleichende Stärke einbringen kann
3 Ausblick ins Tal und auf das Stift Klosterneuburg neben dem Lüftungsfenster für die Nachtabkühlung
4 Energiekonzept mit Passivhausstandard, passivem Lüftungssystem, Lüftungsanlage mit Wärme- und Feuchterückgewinnung, Photovoltaikanlage, thermischen Kollektoren, großem Pufferspeicher, Tiefenbohrungen, Wärmepumpe, Fußboden- und Wandheizflächen

Holz spart Energie

Neben Gesundheit ist für den Architekten Energieeffizienz auch Richtschnur bei der Wahl der Baumaterialien. Sie sollen möglichst wenig graue Energie benötigen. Außenwände, Decken und Innenwände sind deshalb aus massivem Brettsperrholz, das viel Kohlendioxid gespeichert hat. Energieintensiven Beton setzt er sehr reduziert und bewusst entsprechend den statischen Anforderungen ein – nur für das teilweise eingegrabene Untergeschoss, tragende Innenwände und die Treppenläufe – siehe Kurzinterview. In dem Haus puffert zudem die thermisch nutzbare Masse des Betons Temperaturmaxima und sorgt für eine ganzjährig gutes Raumklima. Die Hausherrin findet das Haus sehr angenehm temperiert.

Lebensqualität mit Sonne

Nicht nur energetisch leben die Eigentümer mit der Sonne, sondern auch mit den großen Fenstern und Freiflächen auf allen Ebenen. Im mittleren Eingangsgeschoss gibt es einen kurzen Weg zu Terrasse und Garten im Südwesten. Das Geschoss tiefer ist zum schattigen nordöstlichen Garten geöffnet. Ganz oben gibt es ein großes Studio mit einer Dachterrasse und Ausblick in alle Richtungen. Gemeinsam mit den ökologischen Baustoffen und der energetischen Detaillierung weist das Haus somit eine hohe Lebensqualität auf.

5 Architekturbüros Reinberg integriert die heute notwendige Technik, um dem Klimawandel zu trotzen
6 Der thermische Kollektor ist in die Fassade integriert. Dahinter ist mit Zellulose gedämmt

Baudaten Haus L., Klosterneuburg

Wohnfläche265 m2 (+ unterirdisch 79 m2)
Baujahr2017
Energiekomponentenpassives Lüftungssystem, Lüftungsanlage mit Wärme- und Feuchterückgewinnung, Photovoltaikanlage (36 m², 5 kWp), thermische Kollektoren (20,4 m²),  Pufferspeicher (1.360 l, Wellrohrwärmetauscher V4A und V2A), Tiefenbohrungen (2 x 70 m), Wärmepumpe (Heizleistung 7,5 kW, COP 4,9 bei 0° C Zulauftemperatur und 10 K Spreizung 35/25), Fußboden- und Wandheizflächen (auch zur Sommerkühlung)
Spezifischer Heizwärmebedarf10,25 KWh/m²a. (lt. Energieausweis) bzw. 13,4 KWh/m²a (PHPP) 
Primärenenergiebedarf gesamt28,8 kWh/m²a. (lt. PHPP)
Solarer Deckungsgradgesamt 51% (Warmwasser 71%, Heizung 27%)
PlanungArchitekturbüro Reinberg ZT GmbH

Kurzinterview mit dem Architekten Georg Reinberg:

refugium 2 schubert

Wo steht das solare Bauen heute?

Ich sehe das solare Bauen sehr umfassend. Es ist für mich eine positive Haltung, dass wir die Sonne als Lebensquelle sehen und sie so nutzen. Eine Sichtweise, die wir heute nötiger brauchen, als je zuvor.

Welche Widerstände gibt es noch?

Dank all der Bilder, die den Klimawandel erlebbar machen, gibt es eigentlich kaum noch jemanden, der nicht sagt, man muss etwas gegen den Klimawandel tun. Der größte Widerstand kommt noch aus dem „scheinbaren“ agieren: dass man nur ein paar Blumentöpfe vor die Fassade stellt; oder kleine, halbherzige Lösungen, die groß hinausposaunt werden. Oder nehmen wir als Beispiel das Bauen mit Beton: wenn man Beton nicht in äußerster Ausnutzung seiner Qualitäten einsetzt sondern als Flächentragwerk, dann ist das von der Baubiologie und der Ökologie her keine gute Lösung, auch wenn sie etwas begrünt wird.

Wie wichtig ist Ihnen ökologische Verantwortung?

Ich versuche sie so weit es geht als Architekt wahrzunehmen.

Lesen Sie auch Teil I zum architektonischen Konzept!

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Quellenangaben und/oder Fußnoten:

Titelbild: Rupert Steiner
Abbildungen:
Doris Lauter (1) | Architekturbüro Reinberg ZT (2, 3, 4, 6) | Rupert Steiner (5) | Hans Schubert (7)

 

 

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