Luft-Wärmepumpen und Lärmschutz

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Immer häufiger werden Luft-Wärmepumpen außerhalb von Gebäuden installiert. Die Geräte verursachen zunehmend Geräuschemissionen, die als laut und unangenehm empfunden werden. Durch technische Maßnahmen (gleichmäßiger Betrieb, Zeitsteuerung, sachgerechte, entkoppelte Fundamentausbildung und Vermeidung von Resonanzen) sowie eine gute Standortwahl lassen sie sich minimieren.

Autor

Achim

Pilz

freier Journalist, Kurator, Juror und Berater, Baubiologe IBN und Chefredakteur des Baubiologie Magazin.

Die Politik fördert Wärmepumpen (WP), die zum Rückgrat der treibhausgasneutralen Wärmeversorgung werden sollen. Laut Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie hatten WP 2023 einen Marktanteil von 27 Prozent beim Neukauf von Wärmeerzeugern (Alt- und Neubauten). Zu über 80 Prozent haben sie ein Außengerät, das Wärme aus der Luft über Ventilator und Verdichter nutzbar macht – beides hörbare Vorgänge. Der Einsatz dieser so genannten Luft-(Wasser)-WP stieg in den letzten Jahren jeweils stark an (s. Grafik 1), Tendenz ungebrochen. Betrachtet man nur Neubauten, so werden dort inzwischen zu über 60 Prozent WP eingesetzt, so das UBA. Und dies, obwohl im ersten Halbjahr 2024 laut statistischem Bundesamt immer noch 40 Prozent des Stroms aus Kohle, Öl oder Gas stammen. Akustisch betrachtet hat die rasant zunehmende Installation von WP allerdings einen Haken: Luft-WP können lästige Geräusche verursachen, die sowohl sich selbst, als auch Nachbarn erheblich stören können. Das Bayerische Landesamt für Umwelt [1] und Baubiologen [2] warnen vor Lärmproblemen bei Luft-WP.

Wann stören Geräusche?

Geräusche werden nach der „Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ (TA Lärm) bewertet. Die TA Lärm zieht den Schalldruckpegel Lp und den Schallleistungspegel Lw als qualitative Werte heran. Lp ist abhängig vom Abstand zur Schallquelle, Lw bezeichnet die gesamte Schallleistung eines Geräts. Die Pegel werden in Dezibel (dB) angegeben und für die Empfindlichkeit des menschlichen Ohrs mit einem A-Filter dB(A) verrechnet. Als Immission an einem Ort wird die Schallleistung durch die Summe aller Geräte bezeichnet. In Wohngebieten soll sie tags 60 dB(A) nicht überschreiten. Je nach Art der Wohngegend und Tageszeit sind die Immissionsrichtwerte nach TA Lärm deutlich geringer (s. Tabelle 1). Vor allem tiefe Frequenzen und Einzeltöne werden als störend empfunden.

1 Besonders in Dörfern und ländlichen Gebieten können die Geräusche aus Luft-Wärmepumpen stören.
2 Die Absatzzahlen der WP zeigen, dass in den letzten Jahren besonders viele Luft-(Wasser)-WP in Betrieb genommen wurden.
3 Ausschnitt aus den Konfliktkarten für das Modell eines allgemeinen Wohngebietes mit tieffrequenten Geräuschen bei 80 Hz.
4 Auch bestehende Außengeräte lassen sich mit einer Schallschutzhaube nachrüsten.
5 Bei optimaler Auslegung kann eine Schallschutzhaube den Schalldruckpegel um bis zu 20 dB reduzieren.

Lästige Einzeltöne

„Luft-WP erzeugen häufig deutlich aus dem Gesamtgeräusch hervortretende Einzeltöne, wodurch das Geräusch besonders lästig wird“, warnt die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI). „Beim Betrieb von Luft-WP entstehen Tonhaltigkeiten, weist Prof. Dr.-Ing. Birger Gigla von der Firma IsoAkustik hin. Er ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schallschutz, publiziert und begutachtet als Sachverständiger für Behörden, Gerichte und Privatpersonen. Er weist auch darauf hin, dass sich hervortretende Einzeltöne und ihre Störwirkung mit dem Betriebszustand verändern können.

Bebauungsart/WohngebietImmissionsrichtwert in dB(A), tagsImmissionsrichtwert in dB(A), nachts
Kerngebiete/Dorfgebiete6045
Allgemeine Wohngebiete5540
Reines Wohngebiet5035
Kurgebiete / nahe Krankenhäuser, Pflegeanstalten4535

Tabelle 1: Geltenden Grenzwerte für bestimmte Wohngebiete nach TA Lärm

Konfliktpotenzial tiefe Frequenzen

Tieffrequent sind Geräusche zwischen 50 und 100 Hz. „In Misch- und Dorfgebieten ist aufgrund des dort geringeren Schutzniveaus ein erheblich größeres Konfliktpotenzial durch tieffrequente Geräusche zu erwarten“, warnt das UBA in seiner Studie „Tieffrequente Geräusche im Wohnumfeld – Ein Leitfaden für die Praxis“ schon 2017. Da die Grenzwerte in wenig verdichteten Gebieten mit freistehenden Einfamilienhäusern wie Dörfern geringer sind, dort aber mit einem weiterhin starken Zuwachs an WP gerechnet wird, werden Geräusch- und Konfliktzunahme dort als besonders groß angenommen (s. Grafik 1). Das UBA warnt, dass in den „kommenden Jahren mit einer deutlichen Zunahme von tieffrequenten Geräuschkonflikten im Wohnumfeld gerechnet werden muss.“ Wie bereits erwähnt, sind auch tiefere Frequenzen stark störend (s. Infokasten 1 „unhörbar aber sehr störend“), selbst wenn sie nicht mehr zu hören sind.

Unhörbar aber sehr störend

Die menschliche Hörschwelle liegt bei 16 Hz. Schall, dessen Frequenz darunter liegt, bezeichnet man als Infraschall. Solche tiefen Frequenzen breiten sich in fester Materie – also beispielsweise in Gebäuden oder im Erdreich – gut über große Entfernungen aus. Die Frequenzen sind zwar nicht zu hören, aber als Vibrationen zu spüren und können Betroffene stark stören. In einem Experiment von britischen Wissenschaftlern 2003 erzeugte extrem starker Infraschall sogar Beklemmung, Unbehagen, Traurigkeit und Reizbarkeit. In einem Artikel im Baubiologie Magazin, bei den Kommentaren dazu und auf einer Plattform für Betroffene [3] ist Infraschall immer wieder Thema.

Ursachen für Lärm

Im Außengerät machen die Bauteile Ventilator und Verdichter Geräusche. Die Ventilatoren nutzen mittlerweile Kniffe aus der silent-cooler-Technologie der Computer und laufen schon sehr leise. Krach machen immer noch die Verdichter, Kompressor-Scroll-Verdichter etwas weniger als die allerdings effizienteren Hubkolben-Verdichter. In kalten Wintern werden die Geräte zudem regelmäßige rückgespült und abgetaut – Vorgänge mit einer eigenen Geräuschcharakteristik und Belästigungswirkung.

Gedämpft oder verstärkt werden die Geräusche der WP durch schallharte Flächen in ihrer Nähe. Je mehr Flächen – wie Boden, Rückwand, Vordach, seitliche Bauten in einem Abstand von wenigen Metern um das Außengerät stehen, umso lauter wird das Geräusch in betroffenen Räumen bzw. Gebäuden. Dort kann sich die Lautstärke sogar vervielfachen. Deshalb ist eine schalltechnisch günstige Aufstellung besonders wichtig. Nachträgliche Lärmminderung ist immer wesentlich teurer. Weitere Maßnahmen siehe Infokasten 2 „Geräusche reduzieren“.

Geräusche reduzieren durch

  • Eine WP wählen mit einem niedrigen Geräuschpegel in dB (siehe Angaben auf dem Energielabel). Laut UBA sind Wärmepumpen mit Werten unter 55 dB (< 6 kW) bzw. 60 dB (6-12 kW) besonders geräuscharm.
  • Aufstellort wählen, der weder im eigenen Gebäude noch bei Nachbarn zu belästigenden Geräuschen führt. Ort der WP und Lage von Lufteinlässen und -auslässen der WP in ausreichend großem Abstand zum eigenen Gebäude und zum Nachbarn – idealerweise abgewandt. Aufstellung zur Straße hin ist oft sinnvoll, da sensible Räume und Bereiche wie beispielsweise Schlafzimmer meist von der Straße abgewandt liegen. Von der LAI gibt es hierzu einen Leitfaden und eine Online-Anwendung [4]. Bei Aufstellung in Innenräumen gelangen am wenigsten Geräusche in die Nachbarschaft (aus technisch Gründen allerdings nicht bei jeder WP möglich). 
  • Außengeräte nicht auf schallharten Böden wie Beton, Fliesen oder Asphalt stellen. Besser sind schallweiche Untergründe wie Kiesbett, Grasfläche, Rindenmulch.
  • Gerät entkoppelt auf das Fundament stellen (z.B. Schwingungsdämpfer, Entkopplungsmatten aus Gummi).
  • Schall reflektierende Wände/Bauteile in der Nähe der WP mit Schall absorbierenden Materialien verkleiden (bei tieffrequenten Geräuschen wenig wirksam). Fassadenbegrünunghilft kaum.
  • Außengeräte ggf. abschirmen – von einer Schallschutzmauer vor dem Gerät bis zur vollständigen, entkoppelt gelagerten und innen Schall absorbierenden Schallschutzhaube.
  • Schwingungsgeminderte Aufstellung und flexible Anschlüsse an Kältemittel- und Wasserleitungen.
  • Regelbetrieb so einstellen, dass abends (20 bis 22 Uhr) und nachts (22 bis 6 Uhr) möglichst wenig/keine Geräusche entstehen. Ein Pufferspeicher kann dabei helfen (Pufferspeicher werden auch von der Verbraucherzentrale empfohlen, auch weil Netzbetreiber WP stundenweise vom Netz nehmen dürfen).

Quellen: UBA, Verbraucherzentrale, Prof. Dr.-Ing. Birger Gigla

Streit schlichten

Im Falle eines Nachbarschaftsstreits kann ein individuelles Schallgutachten ggf. mit Dauermessung bei länger anhaltender kühler Witterung, notwendig sein. Sie werden durch Firmen wie GEWG Bauphysik, Dr. Moldan Umweltanalytik oder isoAkustik angeboten. Prof. Dr.-Ing. Gigla von IsoAkustik warnt in der Fachzeitschrift Bauen+, dass bei einem schallreduzierten Betrieb (silent mode für nachts) die Heizleistung sinkt. Er klärt auf: „Zur Verkaufsförde­rung werden in Prospekten auch Schallleistungspegel für die Nacht angegeben. Diese Angabe ist häufig irreführend, da sie von abgesenkten Betriebszuständen ausgeht, die in der Praxis möglicherweise nicht erreicht werden können.“ Das aktuelle Verfahren zur Bewertung von tiefen Frequenzen hält er für „wenig sensitiv und wissenschaftlich umstritten.“ Man wird auch in Zukunft noch von dem Thema hören.

Ergänzende Hinweise/Tipps

Quellenangaben

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4 Kommentare

  1. Bezüglich des genannten Irrelevanz-Kriteriums nach TA Lärm ist noch zu erwähnen, dass dafür die Immissionsrichtwerte nach TA Lärm (in Abhängigkeit von der Gebietseinteilung) grundsätzlich um ≥ 6 dB zu unterschreiten sind, damit die einzelne Anlage „irrelevant“ wird bzw. im Zusammenspiel mit weiteren Anlagen in der Nachbarschaft, aber auch durch Geräusche anderer gewerblicher Anlagen, der Immissionsrichtwert (IRW) in Summe nicht überschritten wird. Das bedeutet, dass aus den IRW für ein reines Wohngebiet von tags/nachts 50/35 dB(A) dann 44/29 dB(A) werden, die einzuhalten sind. Das kann dann bei Wärmepumpen für Einfamilienwohnhäuser mit Abständen zum nächsten Nachbarn von 7…10 m schon kritisch werden; bei Reihenhäusern mit einer Breite von 5…6 m ist noch mehr Achtsamkeit erforderlich.

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  2. DANKE dass Sie dieses wichtige Thema aufgreifen. Tieffrequente Geräuschbelastung ist seit Jahren ein Thema – und hochbelastend für alle, die diesen Emissionen ausgesetzt sind und stark darauf reagieren. Es gibt nach wie vor wenig Verständnis und noch weniger Lösungen. Allein die Prognosekarte zu sehen, auf der erkennbar ist, wie stark die tieffrequente Schallbelastung weiter anwachsen wird, ist beklemmend. Gleichzeitig gibt es kaum Maßnahmen, diese einzudämmen.

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  3. Eine Wärmepumpe läuft deutlich effizienter mit einem Erdkollektor, über einen Brunnen oder mit einer Bohrung. Auch lässt sich so passiv kühlen. Nur kostet es dann etwas mehr…… Auch sind kalte Netzte eine Alternative, die mittlerweile in der kommunalen Wärmeplanung eine immer größere Rolle spielen. So kann auf das lärmende Außengerät verzichtet werden.

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    • Vielen Dank, das stimmt natürlich.
      Wie aus Tabelle 2 zu ersehen, ist die Installation der erdgekoppelten Geräte seit Jahren gleichbleibend bei ca. 20.000. Während die Luft-Wasser-Wärmepumpen in 7 Jahren von ca. 60.000 auf ca. 335.000 (2023) angestiegen ist. In diesem Beitrag von Achim Pilz informieren wir, um damit beizutragen, dass der durch Wärmepumpen verursachte Lärm bestmöglich reduziert wird.

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Quellen:
[1] www.lfu.bayern.de/laerm/gewerbe_anlagen/luftwaermepumpen/index.htm
[2] baubiologie.de/wissen/baubiologie-magazin/energie-haustechnik/dauerbrummen-durch-waermepumpen-etc/
[3] https://laerm-luftwaermepumpen.de/
[4] Interaktiver Assistent zum LAI-Leitfaden. Berechnung der Lärmimmissionen und Ermittlung notwendiger Abstand: lwpapp.webyte.de/#!einfuehrung

Bild1: Achim Pilz
Bild 2: Bundesverband Wärmepumpe e.V.
Bild 3: Mopa.de
Bild 4: Remko
Bild 5: Atec

Autor

Achim

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