Sind Wärmepumpen umweltfreundlich?

Da Wärmepumpen in den Medien und in der Werbung häufig als umweltfreundliche Heizung auf Basis erneuerbaren Energiequellen angepriesen werden, möchten wir unser Haus mit einer Luftwärmepumpe heizen. Nun meinte ein Freund, dass Luftwärmepumpen eine Mogelpackung wären, weil diese mit Strom betrieben werden, der zu einem großen Anteil aus fossilen Energiequellen kommt. Können Sie mir einen Rat geben?

5 Kommentar(e)

Antwort

Zum Thema “Heizungsenergie in neu genehmigten Haushalten” konnte man kürzlich in einer Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes (Nr. 007/2022) folgende Erfolgsmeldung lesen: „Baugenehmigungen: Anteil der erneuerbaren Energien zum Heizen steigt auf 66 %.“ Diese Angabe ergibt sich auf Basis folgender Zahlen:

  • Umweltthermie (Umgebungsluft oder Abluft): 52,2 %
  • Geothermie (Erdwärme, Grundwasser): 8,8 %
  • Sonstige Erneuerbare (Solarthermie, Holz, Biogas, Biomasse): 4,6 %
  • Gas: 24,3 %
  • Strom: 1,9 %
  • Öl: 0,3 %
  • Sonstige Energie: 7,8 %.

Wärmepumpen nutzen meist Umweltthermie oder  Geothermie, benötigen aber als Hilfsenergie auch Strom. Die Effizienz einer Wärmepumpe wird mit der Jahresarbeitszahl JAZ angegeben. Diese beträgt bei Luftwärmepumpen ca. 3 (also ein Teil Strom, 3 Teile Luftwärme), bei Erdwärmepumpen ca. 4 und bei Grundwasserwärmepumpen ca. 5.

Nun ist es aber so, dass der Anteil erneuerbarer Energiequellen bei der Stromerzeugung 2021 bei ca. 46 % lag (also nicht bei 100 %). Zudem gibt es auf dem Weg von der Stromerzeugung bis zu den Verbrauchern Umwandlungsverluste. Berücksichtigt man dies alles, müsste die oben zitierte Erfolgsmeldung eigentlich so lauten: „Baugenehmigungen: Anteil der erneuerbaren Energien zum Heizen steigt auf ca. 40 %.“

waermepumpe

Dies ist kein Plädoyer gegen Wärmepumpen, sondern ein Plädoyer für einen “ehrlichen” und verantwortungsvollen Umgang mit Zahlen bzw. Vergleich mit anderen Optionen. Auch unter Berücksichtigung nachhaltiger Kriterien kann es heute schon sinnvoll sein, eine Wärmepumpe zu installieren, wenn man folgendes berücksichtigt:

  • der Strom für Wärmepumpen sollte auch im Winter vorwiegend aus erneuerbaren Energiequellen kommen (z.B. Photovoltaik, Wind, Ökostromanbieter).
  • die Wärmepumpe sollte eine hohe Jahresarbeitszahl haben (siehe oben).
  • Luftwärmepumpen sollten möglichst zu Tageszeiten mit möglichst hohen Außentemperaturen betrieben werden, im Winter ist das i.d.R. am Nachmittag.
  • bei der Neuinstallation einer Wärmepumpe handelt es sich um eine langfristige Anschaffung. Aktuell kann man davon ausgehen, dass sich der Anteil erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung weiter zügig erhöht – dadurch verbessert sich auch nach und nach die Ökobilanz von Wärmepumpen.
  • Ein Problem können tieffrequente Geräusche sein, die auch von Nachbarn als sehr störend empfunden werden können. Hierauf sollte u.a. bei der Auswahl und Standort des Gerätes geachtet werden. Mehr hierzu in unserem Beitrag “Dauerbrummen”.

Welche Heizung für welches Projekt sinnvoll ist, hängt noch von weiteren Kriterien ab. In manchen Fällen – vor allem in älteren Gebäuden mit vergleichsweise hohem Energieverbrauch – kann z.B. auch eine Pellet- oder Stückholzheizung in Kombination mit Sonnenkollektoren Sinn machen. Angeboten werden mittlerweile auch Heizungen auf Basis von Wasserstoff, der z.B. mit einer Photovoltaikanlage oder einer kleinen Windanlage erzeugt wird. Auf Öl oder Gas zum Heizen sollte man u.a. aus Umweltschutzgründen und wegen der damit verbundenen Versorgungsunsicherheit i.d.R. nicht mehr setzen.

In einem ersten Schritt sollten Sie sich von einem/einer Energieberater/in auf Basis eines Wirtschaftlichkeitsvergleichs beraten lassen. Gerne können Sie sich z.B. an Baubiologische Gebäude-Energieberater*innen IBN wenden.

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5 Kommentare

  1. Der Wirtschaftlichkeitsvergleich sollte aus meiner Sicht der letzte und nicht der erste Schritt in der Argumentabwägung sein. 1. ändern sich die Rahmenbedingungen ständig, so dass Wirtschaftlichkeitsberechnungen an Kaffeesatzleserei grenzen. 2. setzen sie unabhängig davon den falschen Fokus da in der Klimakrise die Kosten für Nichthandeln ca. 6x höher sind als die, die für wirksame Maßnahmen anfallen.
    P. Hiltner, Baubiologe IBN und Energieberater

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    • Danke für Ihre Klarstellung, die nicht nur mit diesem Beitrag bestätigt wird, sondern auch ganz in unserem Sinne ist!
      Ihr IBN-Team

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  2. Wärmepumpen (WP) können als einziges Heizsystem auch kühlen. Unsere Grundwasser-WP werfen die entzogene Wärme im Hochsommer nicht als thermischen Abfall in die “Hitzeinsel” Stadt, sondern erwärmen den Warmwasser-Vorlauf der WP – so wird durch Kühlen sogar Energie gespart! Und weil wir in unserem Mehrfamilienhaus neben 10 Gas- und einer Pelletheizung (wegen Lieferung, Staub etc. in der Stadt meist unbrauchbar) auch eine Elektro-Heizung und 10 Elektro-Boiler demontiert haben, brauchen wir mit den WP WENIGER STROM als vorher – allerdings nun 80 % im Winter, weswegen wir große Windkraft-Fans sind – Windstrom kommt zu 2/3 im Winterhalbjahr. Mit Pufferspeichern kombiniert lässt sich nicht nur CO2-armer Strom mit smart grid (hier auch smart meter sinnvoll) nutzen, sondern auch bei Luftwärmepumpe die wärmste Luft am Nachmittag in die Nachtstunden bringen – dann braucht sie nachts nicht brummen und ineffektiv kalte Luft nutzen.

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  3. Unsere Wärmepumpe bewirkt in Kombi mit der 6kWp PV Anlage, dass die Energiebilanz jedes Jahr positiv ausfällt. Für die Zukunft wünsche ich mir günstige Lösungen der Speicherung für die Sommer-Winter-Differenz zwischen Energieertrag und -verbrauch. Systeme der Wassersstofftechnologie sollten industriell hergestellt und dadurch erschwinglich werden.

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  4. Dem können wir uneingeschränkt zustimmen, möchten aber ergänzen, dass es im Altbau auch weitere Optionen gibt, ohne auf ein anderes Heizsystem wechseln zu müssen. So gibt es zB spezielle Hochtemperatur-Wärmepumpen, man kann mit Kaskaden arbeiten oder rüstet einzelne Heizkörper um. Das Wichtigste hierzu haben wir unter https://www.energie-experten.org/heizung/waermepumpe/einsatz/altbau zusammengefasst.

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