Das erste Gästehaus in Strohbauweise lädt ins Ökodorf ein
Ganzheitliche Nachhaltigkeit erleben
Das Ökodorf Sieben Linden in der Altmark hat sich ganzheitliche Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben. Das gilt nicht nur für die Bewohner*innen – auch die Gäste haben die Gelegenheit, diese Nachhaltigkeit beim Aufenthalt im Gästehaus „Strohtel“ mit allen Sinnen zu erleben. Mitten im Gemeinschaftsdorf mit rund 150 Bewohner*innen steht das Gebäude mit 14 Zimmern und einem schönen, hellen Seminarraum als Anlaufpunkt für Bildungsgäste, Teams und andere Interessierte.
Klimaschützendes Bauen
Die Gefache des Holzständerwerkes des Strohtels sind mit Strohballen gedämmt. Insgesamt 210 m³ Strohballen stecken in den Außenwänden – damit wurden 28 Tonnen CO2 für die Lebensdauer des Hauses gebunden, die ansonsten in den nächsten Jahren in die Atmosphäre gelangt wären. Alle Wände im Haus sind mit Lehm verputzt, dies schafft in Kombination mit dem Gründach auf dem Seminarraum sowie der Fassadenbegrünung ein wunderbares Raumklima.
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Das Holzständerwerk steht, die Strohballen warten auf ihren Einbau2
Außenwand mit Strohballen in den Gefachen des Holzständerwerks3
In jedem Gästezimmer befindet sich ein „Wahrheitsfenster“4
Strohtel mit vorgelagerten Seminarraum5
Eingangsseite des Strohtels
Trockentrenntoiletten de Luxe
Die Haustechnik des Strohtel ist noch weitergedacht: Wie im gesamten Ökodorf üblich, fehlen auch hier die Wassertoiletten. Es gibt ausschließlich Trocken-Trenn-Toiletten, die beim Toilettengang Fäkalien und Urin voneinander abscheiden – das Feste landet in unsere eigene Kompostierungsanlage, das Flüssige fließt zur Aufbereitung ins Pflanzenklärbeet. Diese wassersparenden Trocken-Trenn-Toiletten haben einen Standard, der selbst die größten Skeptiker*innen überzeugt. Die Steingut-Toilettenstühle sehen auf den ersten Blick wie Wassertoiletten aus – nur dass die Spülung fehlt. Aufgrund der Lüftung müffelt es nicht, und man sieht auch nicht die Hinterlassenschaften der Vorgänger*innen.
Energiekonzept und Elektrosmog
Die Heizenergie des Strohtels wird durch einen Mix aus Sonnenenergie und Holzvergasung bereitgestellt. Verheizt wird in dem emissionsarmen Verfahren Holz aus dem großen Ökodorf-Wald, den wir naturnah umbauen. Der Strom kommt bei Sonnenschein aus den dorfeigenen Photovoltaik-Anlagen – eine Ampel-Anzeige im Dorfzentrum zeigt an, ob gerade selbstproduzierter Strom im Überschuss da ist oder nicht. So kann man stromintensive Aktivitäten von der Anzeige leiten lassen.
Da immer mehr Besucher*innen des Ökodorfs über Elektrosmog-Sensibilität klagen, hat jedes Zimmer einen „Sleep-Well“ Schalter, mit dem bei Bedarf alle stromführenden Leitungen in dem Zimmer abgeschaltet werden können. Statt WLAN gibt es in jedem Zimmer und im Seminarraum kabelgebundenes Internet. Das Gästeteam leiht bei Bedarf Adapter für verschiedene Endgeräte aus. Degital Detox liegt im Trend: Auch die mobilen Geräte bleiben im Flugmodus. Im Seminarraum kann bei Bedarf ausnahmsweise WLAN eingerichtet werden.
Suffizienz und die Bäder
Selbstversorgung ist ein wichtiges Element Sieben Lindens: Die Möbel wurden in der Ökodorf-Schreinerei aus Massivholz gefertigt. Auch die Bettwaren sind in ökologischer Qualität, die Kopfkissen sogar handgenäht. Der Anspruch des Ökodorfs an einen einfachen Lebensstil führte dazu, dass bewusst nicht alle 14 Zimmer mit Einzelbädern ausgestattet wurden, Waschbecken sind überall dezentral eingebaut. Im Obergeschoss gibt es Gemeinschaftsbäder mit abschließbaren Duschen: Wie sollten wir hier mit der Tatsache baulich umgehen, dass es zunehmend mehr Menschen gibt, die sich nicht als Männer oder Frauen einordnen? Nun ist eines der Gemeinschaftsbäder Menschen gekennzeichnet, die sich als weiblich definieren und ein Gemeinschaftsbad ist für alle Geschlechter. Das Modell scheint stimmig: Stress, dass jemand sich in einem Bad nicht wohlgefühlt hat, gab es noch nie!
Das im Mai 2021 eingeweihte „Strohtel“ im Ökodorf Sieben Linden blieb nur sehr kurz die einzige deutsche Beherbergungsstätte in Strohbauweise Ende 2021 wurde im Kloster St. Wunibald in Plankstetten ein weiteres, noch größeres Gästehaus in Strohbauweise fertiggestellt. Beide Gästehäuser sind eingebettet in besondere Lebensprojekte. Das Gästehaus in Plankstetten ist Teil eines großen Klosters, das Strohtel ist eingebettet in die Lebensgemeinschaft des Ökodorf Sieben Linden.
Einzelbad barrierefrei ausgestattet
Gemeinschaftsbad
Komposttoilette
Diogital Detox: Stromfrei schlafen dank „StromfreiSchalter“
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Einzelbad barrierefrei ausgestattet7
Gemeinschaftsbad8
Komposttoilette9
Diogital Detox: Stromfrei schlafen dank „StromfreiSchalter“
Individuelle Zimmer
Auch in der Innenraumgestaltung ließen sich die Planer*innen von den Nachhaltigkeitszielen leiten. Jedes Zimmer ist mit Möbeln aus der gleichen Ökodorf-Möbellinie ausgerüstet und kleine Tupfer geben jedem Zimmer einen eigenen Charakter: „Erdreich“, „Horizont“, „Sonnenkraft“ sind Beispiele für liebevoll und zugleich schlicht gestaltete Details, hierzu zählen auch restaurierte alte Nachttische oder individuell verzierte Lehmwände. In einigen Zimmern haben die Nachhaltigkeitsziele der UN das Thema der Zimmergestaltung vorgegeben, in anderen die Phantasie der Gestaltungsgruppe.
Doppelzimmer mit Doppelbett
Doppelzimmermit Einzelbetten
Einzelzimmer Variante 1
Einzelzimmer Variante 2
Lehm-Scrafitti
Haus der Stille
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Doppelzimmer mit Doppelbett11
Doppelzimmer mit Einzelbetten12
Einzelzimmer Variante 113
Einzelzimmer Variante 214
Lehm-Scrafitti15
Haus der Stille
Eintauchen in den Lebensstil des Ökodorfs
So bietet das Strohtel in Sieben Linden bereits vom Baulichen her ein Eintauchen in „das gute, nachhaltige Leben“. Aber nicht nur das Gästehaus selbst steht für Nachhaltigkeit: Das Gemüse für die Vollverpflegung hat praktisch keine Transportwege – es stammt großteils aus dem eigenen Garten, wird morgens frisch geerntet und kommt mittags und abends auf den Tisch. Alle weiteren Zutaten der Vollverpflegung sind aus ökologischem Anbau und werden möglichst regional bezogen. Die Mahlzeiten sind vegetarisch-vegan. Die Seminarteilnehmenden und andere Gäste werden auch ein wenig in die Gemeinschaftskultur Sieben Lindens integriert: Vor jeder warmen Mahlzeit bildet sich ein Kreis um das Essen. Ein kleiner Moment der Stille – jemand stellt die Mahlzeit vor und dankt allen fleißigen Händen in Garten, Küche und Lebensmittelversorgung.
Menschen, die gerne meditieren, steht mit dem „Haus der Stille“ ein Strohballenhaus offen, das ganz der Besinnung und Meditation gewidmet ist.
Ein attraktiver Tagungs- und Seminarort
Sieben Linden bietet nicht nur ein vielfältiges Seminarprogramm zu allen Themen der Nachhaltigkeit, sondern das Strohtel ist auch als Tagungshaus zu mieten – insbesondere unter der Woche sind oft noch viele Termine frei für firmeninterne Fortbildungen und Teamtage. Dabei können die Veranstalter wahlweise das komplette Programm selbst organisieren, oder sie greifen auf das Know-How aus Sieben Linden zurück und flechten fachliche oder teamdynamische Einheiten von den Experten Sieben Lindens in ihr Programm ein. Eine Führung über das Gelände sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen! Die inspirierende Umgebung trägt auf ihre Weise dazu bei, die Tage in Sieben Linden zu einem Lernerlebnis der ganz besonderen Art zu machen!
Baudaten
Strohtel im Ökodorf Sieben Linden, 38489 Beetzendorf
Planersteller | Dirk Scharmer, deltagrün Architektur GmbH, Lüner Weg 23, 21337 Lüneburg |
Fertigstellung | 2021 |
Nutzfläche | 530 m² |
Gesamtbaukosten | 1.460.000 € brutto |
Außenwände | Holzständerwerkausgefacht mit Baustrohballen | außen Kalkputz, innen Lehmputz |
Innenwände | Kalksandstein mit Lehmputz |
Fußböden | Parkett aus Eichenholz |
Wärmeerzeugung | Holzvergaser-Nahwärmenetz des Ökodorfs Sieben Linden | Solarthermie |
Lüftung | Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung |
Strom | Photovoltaik ist geplant, sobald Speichermedium vorhanden | Maßnahmen gegen Elektrosmog |
Sanitärausstattung | Nur Trocken-Trenn-Toiletten mit Sammelbehälter unter der Fußbodenebene |
Dach- und Fassadenbegrünung | Gründach auf Seminarraum | Fassadenbegrünung auf Rankhilfen, um Strohwände nicht zu gefährden |
Weitere Beherbergungsstätte in Strohbauweise
Ergänzende Informationen
- Ökodorf Sieben Linden
- Tagungshaus Sieben Linden
- Seminare im Ökodorf Sieben Linden
- Gemeinschaftskompass
- Podcast mit Zimmerin und Architektin Bettina Keller zum Strohballen – Lehmbau
- Podcast mit Bauleiter Michael Würfel: Wohnen in Holz, Stroh und Lehm
- Podcast mit Werner Wiartalla zu Gründächern
- Podcast mit Architekt Dirk Scharmer zu Strohballenhäusern
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Über die Baubiologie
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