Photovoltaik auf dem Dach lohnt sich jetzt auch für Wohnungen

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Bislang konnten sich nur Besitzer von Einfamilienhäusern auf einfache Weise mit günstigem Solarstrom vom Dach versorgen. Das Ende April 2024 verabschiedete „Solarpaket 1“ macht das nun auch Eigentümern und Mietern von Wohnungen möglich.

Wer sich als Hausbesitzer selbst mit günstigem Solarstrom versorgen will, hat es leicht: Ein Anruf beim Installateur genügt, um eine Photovoltaik-Anlage auf’s Dach zu bringen.

Für Wohnungseigentümer waren die Hürden bislang ungleich höher. Sie mussten dafür zunächst eine Mehrheit in ihrer Eigentümergemeinschaft (WEG) finden – und dann beim Eigenverbrauch des Stroms rechtliche Auflagen erfüllen, die eigentlich für Energieversorger gemacht sind.

Zumindest beim letzten Punkt gibt es nun aber Entlastung: Die Bundesregierung sorgt mit ihrem Solarpaket 1 dafür, dass WEGs die Bewohner, ob Eigentümer oder Mieter, auf unkomplizierte Weise mit hausgemachtem Solarstrom beliefern können. „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ heißt das neue Modell. Das Gesetz hat Ende April Bundestag und Bundesrat passiert.

Mit den neuen Regelungen schlägt die Ampel-Koalition zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie fördert den Erneuerbare-Energien-Ausbau, da sich das Photovoltaik-Potenzial der knapp 3,3 Millionen Mehrparteienhäuser künftig einfacher nutzen lässt – und entlastet Haushalte mit günstigem Solarstrom bei den Energiekosten.

Eigentümer liefern nur noch den Solarstrom

Vor Einführung des Solarpaket galt, dass Eigentümergemeinschaften, die Solarstrom für die Bewohner erzeugen wollten, verpflichtet waren, eine Vollversorgung zu gewährleisten. Sie mussten die Haushalte also auch dann beliefern, wenn die Photovoltaik-Anlage keine oder nicht ausreichend Energie erzeugte.

„Die Vollversorgung bedeutete für eine WEG großen Aufwand, etwa was die Abrechnung und die Dokumentation betrifft“, sagt Michael Nack, Rechtsreferent und -anwalt des Vereins Wohnen im Eigentum e.V. „Fällt diese Pflicht weg, wird die Versorgung der Bewohner mit Solarstrom viel einfacher.“ Die WEG liefert nun nur noch den Strom, den die Photovoltaik-Anlage erzeugt; den Rest bekommen die Bewohner wie gewohnt von ihren Versorgern. Wobei es den Haushalten offen steht, die Abnahme des Solarstroms zu verweigern.

„Es gilt auch bei der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung das Recht der freien Lieferantenwahl“, erklärt der auf Photovoltaik spezialisierte Rechtsanwalt Sebastian Lange aus Potsdam. „In doppelter Hinsicht: Die Bewohner können selbst entscheiden, ob sie Solarstrom vom Dach beziehen – und wenn ja welchen Versorger sie beauftragen, den verbleibenden Bedarf zu decken.“

1 Mieterstromprojekt in Hannover
2 Mieterstromprojekt in München

Selbst genutzter Solarstrom ist sehr günstig

Für die Bewohner dürfte die Entscheidung allerdings einfach sein: „Wie beim Eigenverbrauch im Einfamilienhaus entfallen bei der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung die Netzentgelte, die Stromsteuer und alle weiteren Abgaben und Umlagen“, sagt Lange. „Damit lässt sich der Strom zu äußerst günstigen Preisen anbieten.“

Kosten entstehen allein durch die Erzeugung. Mit Anlagen dieser Leistungsklasse lässt sich Strom heute für ungefähr acht bis zwölf Cent pro Kilowattstunde produzieren. Selbst wenn die WEG noch einen kleinen Aufschlag für den Verwaltungsaufwand erhebt, ist der Solarstrom damit weit günstiger als der, den die Versorger liefern.

Um den Solarstrom abrechnen zu können, benötigen die Bewohner einen sog. Smart Meter, der im Viertelstundentakt den Verbrauch erfasst.

Neben der Preisgestaltung liegt auch die Entscheidung, wer wie viel Strom aus der Photovoltaik-Anlage bekommt, in den Händen der WEG. Zwei Modelle kommen hier infrage: entweder ein fester Anteil pro Wohneinheit, womöglich gekoppelt an die Wohnfläche, oder alternativ eine dynamische Aufteilung, die berücksichtigt, wie viel Strom ein Haushalt gerade verbraucht.

Einzelne Eigentümer als mögliche Betreiber

Die WEG sind aber nicht nur bei Preisen und Aufteilung der Strommengen frei – sondern auch in der Frage, wer überhaupt Betreiber des Solarsystems sein soll, mit allen Rechten und Pflichten. „Eine WEG muss die Anlage nicht zwingend selbst betreiben. Sie kann das auch einem einzelnen Eigentümer übertragen“, erklärt Lange. Der- oder Diejenige installiert das Solarsystem dann auf eigene Rechnung und verkauft den nicht selbst verbrauchten Strom an andere Bewohner im Haus. Dabei muss er oder sie nicht zwingend selbst im Haus wohnen.

Ebenso ist es laut Lange möglich, dass sich einige Eigentümer zusammenschließen, um die Anlage unabhängig von der WEG zu finanzieren und zu betreiben. Und nicht zuletzt könne die Eigentümergemeinschaft einen Dienstleister beauftragen, dies zu übernehmen.

All diese Modelle haben gemein, dass für Mieter nicht ihr Vermieter, sondern der Anlagenbetreiber – also die WEG, ein einzelner Eigentümer, eine Gruppe oder ein beauftragter Dienstleister – Vertragspartner ist. Deshalb können Vermieter die Versorgung mit Solarstrom nicht in ihren Mietvertrag integrieren, sagt Michael Nack vom Verein Wohnen im Eigentum e.V.

3 Zwei Kölner Wohnungsbau-Genossenschaften haben bei der energetischen Sanierung ihrer Gebäude ein großes Mieterstromprojekt realisiert.

Solarstrom für das Fahrstuhl, Heizungspumpe und Treppenlicht

Neben der Versorgung der Bewohner haben WEG aber noch weitere Möglichkeiten, Solarstrom vom eigenen Dach zu nutzen – und das bereits heute, auch ohne die Erleichterungen durch das Solarpaket 1.

So können sie den Strom etwa für den gemeinschaftlichen Bedarf verwenden, also etwa für die Beleuchtung im Treppenhaus, die Heizungspumpe oder den Fahrstuhl. Damit sinken die Nebenkosten aller Bewohner. Die nicht dort verbrauchte Energie wird ins öffentliche Netz gespeist. „Das Konzept kann für große Häuser mit vielen Wohneinheiten und entsprechend hohem Stromverbrauch im Gemeinschaftseigentum durchaus interessant sein“, erklärt Nack. Juristisch sei es recht einfach umzusetzen.

Zudem können WEG den gesamten erzeugten Strom ins öffentliche Netz speisen und damit auf den Eigenverbrauch verzichten. Im Gegenzug erhalten sie einen Aufschlag auf die gewährte EEG-Vergütung. Bei für kleine und mittlere Mehrparteienhäuser typische Anlagen beträgt der Aufschlag rund 3,5 Cent pro Kilowattstunde, zuzüglich zur Standard-Vergütung von heute gut sieben Cent. Die erzielten Erlöse können die Eigentümer etwa in die Instandhaltungsrücklage fließen lassen. „Die Volleinspeisung ist für Eigentümergemeinschaften das einfachste Betriebsmodell. Allerdings ist sie wirtschaftlich meist weniger attraktiv als die Versorgung der Bewohner“, sagt Nack.

Einfache Stimmenmehrheit genügt für die Installation

Bei alledem ist ein Beschluss der WEG-Versammlung notwendig. Die Installation einer Photovoltaik-Anlage für die Eigentümergemeinschaft zählt als bauliche Veränderung, für die eine einfache Mehrheit ausreicht.

Die Investitionskosten müssen nach dem Wohnungseigentumsgesetz nur diejenigen Parteien tragen, die für die Installation stimmen, erläutert Nack. Wenn allerdings die WEG-Mitglieder, die sich für die Anlage einsetzen, nachweisen können, dass sie sich in einem laut Gesetz „angemessenen Zeitraum“, in der Regel zehn Jahre, amortisieren wird, werden die Kosten auf sämtliche Eigentümer entsprechend ihrer Anteile verteilt, so der Jurist – vorausgesetzt, die Anlage komme allen Eigentümern zugute. „Das gilt auch, wenn der Beschluss für die Installation mit doppelt qualifizierter Mehrheit fällt, also mit mehr als zwei Drittel der Stimmen und mehr als der Hälfte der Eigentumsanteile“, erläutert Nack. Beschließt die WEG hingegen, den Betrieb einzelnen Eigentümern oder einem Dienstleister zu überlassen, müssen diese auch die Finanzierung stemmen.

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Quellenangaben und/oder Fußnoten:

Bild 1: Sabine Vielmo / Green Planet Energy eG
Bild 2: Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. SFV
Bild 3: Einhundert Energie GmbH

Autor

Ralph

Diermann

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