Wassermühle Brömsenberg

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Gemeinschaft gesucht: Die Wassermühle Brömsenberg ist wieder lebendig.

Ein Trio hat das Areal vor drei Jahren wiederbelebt. Nun suchen sie Mitwirkende, die respektvoll das Denkmal und das baumfeldbewirtschaftete Land durch ein naturgemäßes Leben ohne fossile Abhängigkeiten erhalten.

1835 ca. wurde die Wassermühle Brömsenberg an der Sude in Lübtheen – Brömsenberg im heutigen Biosphärenreservat Mecklenburgisches Elbetal erbaut. Der unter Denkmalschutz gestellte Teil entstand ca. 1875, wurde 1910 aufgestockt und hat lange Jahre als Mühlenbau zur Getreidevermählung und Stromerzeugung gedient. Ab den 1920er Jahren erzeugte sie Strom über zwei Francis-Turbinen und wurde zuletzt als Mischfutterwerk genutzt. In den 1980er Jahren wurde die Wasserkraft eingestellt und nach der Wiedervereinigung ebenso der Mühlenbetrieb stillgelegt.

Die heutigen jungen Hausherren der Mühle, ein Programmierer, ein Forst-Wissenschaftsmeister sowie eine Therapeutin und Mediatorin sind 2015 angetreten, den Ort zu einem Lebensraum zu gestalten, in dem „das Miteinander wieder zur Kultur wird – zwischen Menschen und mit der Natur“. Die ökologischen Bauherren wohnen und arbeiten hier im Einklang mit der Natur als Selbstversorger. Zudem folgen sie ihrer eigentlichen Leidenschaft, dem Instrumentenbau und der Folk-Musik. Dabei beleben sie die traditionelle Musikkultur des norddeutschen Raumes wieder. Erfolgreich durchgeführte Veranstaltungen von konsumfreien Festivals, Workshops zum Eigenbau bis hin zu Tanzabenden im ehemaligen Kornspeicher prägen die Anfangsjahre in der Wassermühle Brömsenberg. Heute sieht sich das Trio nach den ersten Jahren ihres Engagements und dem gefundenen Anklang dennoch einer Realit.t gegenüber, die die Umsetzbarkeit ihrer Ideale herausfordert. Eine Nachfolge oder Erweiterung im Sinne der Gemeinschaftsidee ist angestrebt.

1 Die Wassermühle liegt durch die beiden Bachläufe Sude und Bandekower Graben wie auf einer Insel
2 Schon an der Eingangstür zeigen viele neue Pflanzen die grüne Ausrichtung der nachhaltigen Sanieren
3 Der Garten und die Baumfeldwirtschaft in ihrer vollen Pracht

Die Eigenbau-Sanierung

Die genutzten Bereiche des denkmalgeschützten Gebäudes haben die Bauherren komplett in Eigenleistung ihren Anforderungen entsprechend renoviert. Den Mittelbau der Mühle bauten sie mit viel Bedacht auf natürliche, ökologische Materialien für die eigenen Wohnzwecke um. Die sanierten Räume wurden in ihren Originalzustand zurückgeführt, die Außenwände mit Holzweichfaserplatten und Lehmputz innenseitig gedämmt sowie Innenwände und Decken mit Kalkfarbe gestrichen bzw. mit Kalk geschlämmt.

Weil den jungen Bauherren der emphatische Umgang mit der Bausubstanz, wie auch dem Land, am Herzen liegt, achteten sie darauf, die eingesetzten Materialien reversibel und wiederverwertbar bzw. kompostierbar zu halten. Wir arbeiten bei der Restauration weitgehend mit regenerativen Materialien.“ so die Bauherren, Dinge wie Stahl, Plastik, Zement etc., die ‚hart‘ sind, also sich nicht leicht umformen, bewegen oder austauschen lassen, versuchen wir zu vermeiden.“

Die eingesetzten Holzweichfaserplatten wählten sie baubiologisch korrekt, aus Herstellung im Nassverfahren ohne Zusatz von fossilen Rohstoffen. Alles nicht am Platz Originäre, insbesondere Stoffe toxischen oder eben fossilen Ursprungs, entsorgten sie. Raumzusammenhänge stellten sie wieder her, indem zugemauerte Türen freigelegt wurden. Auf traditionelle Techniken zurückgreifend, setzten sie neue Türrahmen mit original handwerklichen Verbindungen in die vorhandenen Ziegel- bzw. Lehmsteinmauern und öffneten damit alte Durchg.nge wie vom Flur zum gemeinschaftlich genutzten Wohnraum. Die für ihr handwerkliches Arbeiten als Instrumentenbauer nötigen Werkstätten grenzen an die Wohnräume an. Hier lagen ehemals schon der Mühle dienende Werkstätten und Lagerflächen; durch Weiternutzung dieser erhalten die neuen Bewohner so auch im Inneren den industriellen Denkmalcharakter.

1 Die Aufenthaltsräume werden über dezentrale Öfen mit Stückhold vom eigenen Land beheizt
2 Die Türzargen wurden in alter traditioneller Art und Weise wiederhergestellt

Zukünftig soll die Gemeinschaft mehr gemeinsame Aufenthaltsflächen erhalten. Geplant ist, die Küche mit einem Esszimmer zum Garten orientiert in den Südtrakt zu erweitern und die vormals bestehenden Gartentüren wieder herzustellen. Die den Hauptbau mit den Wirtschaftsbauten verbindende Überdachung soll an das Esszimmer angrenzend wieder als Durchgang ausgebildet werden oder mit einem transparenten Wintergarten erweitert werden.

Zukünftige Genossenschaft

So viel Planung braucht mithelfende Hände. Da der Gemeinschaftsgedanke das Zusammenleben als genossenschaftlichen Zusammenschluss sieht, ist die Gruppe in einer Allmende-Struktur organisiert. Noch als Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgestellt, sucht die Wassermühle weitere Mitglieder für den genossenschaftlichen Überbau. Die kleine Gemeinschaft organisiert sich nach dem Reversibitätsprinzip.

Jede Entscheidung wird danach getroffen, dass sie reversibel und ökologisch vertretbar ist. Mit der persönlichen Allmendefähigkeit der Mitglieder ist so eine Kultur geschaffen, in der Dinge angesprochen werden und in Kondensentscheidungen gemeinsam getragen werden.

Im praktischen Zusammenleben werden Küche, Bad, Wohn- und Essbereich gemeinschaftlich genutzt. Mit dem Ausbau der Küche zum großen Gemeinschaftsbereich mit direktem Zugang zum Garten wird auch die Natur weiter gestärkt. Bereits heute ist die zentralen Bedeutung in der Ausrichtung und Anlage der Gartenflächen zu sehen. In der auf die Nutzungen im Gebäude ausgerichteten Gartenanlage ist das am häufigsten aufgesuchte Kräuterbeet dem künftigen Ausgang aus der Küche am nächsten angeordnet.

Die zahlreichen fruchttragenden Bäume und Sträucher, die der Philosophie der Ernährungsweise über Baumfrüchte entwächst, sind bereits an ihren Bestimmungsorten angepflanzt. Momentan, mit drei Mitgliedern und einem Kleinkind in der Gemeinschaft, gibt der Garten die Möglichkeit, sich über Dreiviertel des Jahres größtenteils selbst zu versorgen.

Eine Versorgung von bis zu 50 Personen sehen die Gründungsmitglieder als möglich an – nutzt man den gesamten Garten in der geplanten Art. Diese Planung ist heute ca. zur Hälfte ausgeführt.

Ökologische Bodenbildung

Die Humusbildung und damit Aufbesserung der eher sandigen Böden der Region ist ein wichtiger Aspekt der ökologischen Herangehensweise der Gemeinschaft in der Ausformung ihres ökosozialen Lebensraumes in der Mühle. Ein wichtiges Element ist daher auch die Nutzung von menschlicher Biomasse ganz nach den Prinzipien des kreislaufwirtschaftlichen Denkens und Handelns. Die Bewohner düngen als „Nützlinge“ mit ihrer Biomasse und selbst hergestellter Terra Preta (Holzkohle) die sandigen Böden und bauen Humus auf.

Eine selbst gebaute Komposttoilette, hausnah im Garten, wird gerne und auch über den Winter von allen Gemeinschaftsmitgliedern genutzt. So schließt sich im angelegten Waldgarten der Kreislauf der Natur. Über die eigene Umsetzung ökologischen Anbaus hinaus, berät die Gemeinschaft auch landwirtschaftliche Betriebe der Region bei der Umstellung auf agroforstlich bewirtschaftete Flächen.

Hierbei wird das aus der Permakultur bekannte Vorbild der Waldgärten landwirtschaftlich umgesetzt. Der natürliche Aufbau eines Wald-Ökosystems wird durch fruchttragende Bäume und Pflanzen nachgeahmt, so dass ein selbstregulierendes, sich selbst stabilisierendes Ökosystem entsteht. Das Ganze wird weiter von einer nachhaltigen Viehwirtschaft (mähen von Gras durch Schafe oder Beikraut jäten durch Hühner etc.) unterstützt, so dass auf der einen Seite eine natürliche Pflege der Anbauflächen möglich ist, auf der anderen Seite tierische Nährstoffe dem System an Ort und Stelle zugeführt werden.

Ausblick

Die Gemeinschaft hat noch viele Pläne für die Zukunft. Neben dem Abschluss des Gartenplans sind auch die Erweiterung der Gemeinschaftsräume im Haupthaus und der Ausbau der Wohnnutzung auf den Remisen in baubiologischer Holzständerbauweise angedacht.

Zur energetischen Selbstversorgung kann das elektrische Wasserkraftwerk wieder aktiviert werden. Alternativ ist das Trio der Energiegewinnung über vertikale Windräder nicht abgeneigt. Momentan nutzen sie Ökostrom eines lokalen Anbieters. Es ist der Gemeinschaft ein großes Anliegen, nicht nur die kulturhistorische Qualität des Ortes zu wahren und weiter zu erhalten. Auch der respektvolle Umgang mit dem Denkmal und der Natur durch ein fossilfreies Leben nach Prinzipien des Gemeinwohls, die das Miteinander und den Austausch verfolgen, sind Wegweiser im Handeln der jungen Gruppe. Wer dies nachempfinden kann und mitmachen will, melde sich bitte über obigen Kontakt.

Baudaten

Wassermühle Brömsenberg, Lübtheen, Mecklenburg

Baujahrca. 1875
Wohnflächederzeit 200 m2
Nutzflächeca. 3000 m2
Außenwände (von außen nach innen)Weich gebrannte Ziegel in „Reichsformat“, ca. 40 cm, Kalkputz; Lehmputz, Strohleichtlehm oder Innendämmung mit Holzweichfaserplatten (ab 2017)
KonstruktionHolzständer. Die unteren Geschosse haben eine zentrale tragende Wand, das Dach steht auf zwei Ständerreihen. Die Dachlast wird über ein Strebewerk unter den Ständern seitlich abgeleitet
Innenwände40 cm weiche gebrannte Ziegel mit Kalkmörtel, Kalkputz. Teilweise Lehmziegel mit Lehmmörtel, teilweise Fachwerk aus Kiefernbalken, ausgefacht mit Ziegeln in Kalkmörtel
Erdgeschoss-
Boden
(von unten nach oben)
Feldstein-Streifenfundamente, dazwischen Sandschüttung; Eichenbalken, Dielen (Nut-und-Feder) nordamerikanische Pitch Pine
Zwischendecken (von unten nach oben)Kalk- oder Leimfarbe, Kalkputz, Reetmatten genagelt, Deckenbalken. Dazwischen Lehmputz Spaltholz-Staken mit Strohlehmwickeln, Lehmputz, Dielen aus Pitch Pine
TürenVollholz
Fenster mit rundem Oberlichtwenige Kastenfenster aus Kiefernholz, Kunststoff-Fenster mit Isolierglas
Energieverbrauchca. 15 Schüttraummeter gespaltenes Pappelholz, ca. 5000 kWh Strom im Jahr für einen 4-Personen-Haushalt
WärmeerzeugerKachelöfen
AußenraumgestaltungEigener Wald, Gehölzkulturen (Obst, Beeren, Nüsse, Kastanien), Gemüsegarten zur Selbstversorgung

Offizielle Seite der Gemeinschaft: wassermuehle-broemsenberg.de
Ansprechpartner: Philipp Gerhardt
Quelle der ökologischen Prinzipien: baumfeldwirtschaft.de
Trägerverein: Integral Verein

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Bilder: Philipp Gerhardt

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