Holzfenster und Holzschutz – nachhaltig und biozidfrei
Holzfenster stehen für Tradition, Qualität und Nachhaltigkeit – und werden vom Gesetzgeber als Abfall eingestuft. Der Grund dafür liegt in der Behandlung mit chemischen Holzschutzmitteln, die den Holzrahmen vor holzverfärbenden und holzzerstörenden Pilzen schützen und eine lange Dauerhaftigkeit des Produkts gewährleisten sollen. Der Einsatz von bioziden Wirkstoffen verbietet die Wiederverwertung von altem Fensterholz in neuen Produkten.
Holzfenster stehen in der öffentlichen Wahrnehmung somit schlechter da als sie es verdienen. Doch ein genauerer Blick zeigt: Moderne Holzschutzmittel sind nicht mit den Holzschutzmitteln von früher zu vergleichen. Zudem kommen zunehmend biozidfreie Beschichtungssysteme auf den Markt, die das Holzfenster effektiv vor Feuchteschäden schützen. Und letztlich gibt es längst bewährte Möglichkeiten, ganz auf den chemischen Holzschutz zu verzichten. Es ist also Zeit, die Perspektive zu ändern. Die Dauerhaftigkeit und Schadstofffreiheit von Holzfenstern ist kein Widerspruch, sondern lässt sich praktisch realisieren.
Moderne biozidhaltige Holzschutzmittel sind besser als ihr Ruf, aber keine Dauerlösung
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich viel verändert: Die Wirkstoffe in modernen Holzschutzmitteln wurden immer strenger reguliert. Eine aktuelle Studie zur zirkulären Wertschöpfung bei Altfenstern zeigt, dass die meisten der Wirkstoffe in modernen Holzschutzmitteln im europäischen Chemikalienrecht entweder als genehmigt oder als nicht besorgniserregend eingestuft sind. Viele Holzschutzmittel, die 2002 in der damals erarbeiteten – und bis heute geltenden – deutschen Altholzverordnung erfasst wurden, werden heute nicht mehr eingesetzt. Holzfenster, die mit modernem chemischen Holzschutz behandelt wurden, sind also nach aktuellem Kenntnisstand deutlich weniger belastet, als es ihre Einstufung als “gefährlicher Abfall” vermuten lässt.
Gleichwohl bleibt ein entscheidender Punkt: Der Feuchteschutz. Auch biozidhaltige Holzschutzmittel schützen das Holz nur auf Zeit – solange die Oberflächenbeschichtung intakt bleibt. Holzfenster sollten schweren holzzerstörenden Einwirkungen, insbesondere einer permanenten Befeuchtung, grundsätzlich nicht ausgesetzt werden. Biozidhaltiger chemischer Holzschutz stellt daher immer nur eine Option im Kontext der konkreten Anforderungen dar. Es gilt, den Blick für die Alternativen zu schärfen, um das noch unausgeschöpfte Potential von schadstofffreiem Altholz für die Kreislaufwirtschaft zu heben.
Biozidfreie Holzschutzmittel eröffnen neue Möglichkeiten
Die sich verändernden Rahmenbedingungen schlagen sich in dem steigenden Angebot biozidfreier Holzschutzmittel am Markt nieder. Fenster, die mit solchen Mitteln behandelt werden, können mindestens in die Kategorie II (AII) der Altholzverordnung (“Verleimtes, gestrichenes, lackiertes oder anderweitig behandeltes Holz ohne halogenorganische Verbindungen und ohne Holzschutzmittel”) eingeordnet werden. Diese Einordnung würde eine stoffliche Weiterverwertung im Kreislauf erlauben. Wie das Altholz dann genau verwertet wird, ob als Fensterkantel mit Altholzanteil, als Möbel, Holzwerkstoff, Biokohle oder sonstiges Produkt, wird auf absehbare Zeit eine Frage der Wirtschaftlichkeit im Kontext lokaler Gegebenheiten bleiben. Dies unterstreicht die einzigartige Variabilität von Holz als Werkstoff!
Es gilt sicherzustellen, dass biozidfreie Lösungen nicht auf Kosten der Funktionalität und Dauerhaftigkeit des Holzfensters gehen. Sie erfüllen den Schutzanspruch des Holzes am besten, indem sie das Bauelement im Zusammenspiel mit einer Reihe von Rahmenbedingungen vor einer zu hohen Feuchtebelastung bewahren. Dazu zählen Material, Konstruktion, Montage, Beanspruchung und Nutzung. Insofern ändert sich gar nicht allzu viel in der bestehenden Qualitätskontrolle, welche die Funktionalität des Holzfensters im täglichen und langjährigen Gebäudebetrieb gewährleistet.

Konstruktiver Holzschutz durch Dachüberstand und Balkon

Fensterprofile werden meist aus vorgefertigten verleimten 3-schichtigen Fensterkanteln gefräst. Möglich ist dabei auch die Kombination verschiedener Holzarten - z. B. Eiche oder Kiefern-Kernholz außen und Fichte innen.

Unverleimte Fensterprofile aus Lärchenholz

Heimische Holzarten für den Fensterbau
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Konstruktiver Holzschutz durch Dachüberstand und Balkon2
Fensterprofile werden meist aus vorgefertigten verleimten 3-schichtigen Fensterkanteln gefräst. Möglich ist dabei auch die Kombination verschiedener Holzarten – z. B. Eiche oder Kiefern-Kernholz außen und Fichte innen.3
Unverleimte Fensterprofile aus Lärchenholz4
Heimische Holzarten für den Fensterbau
Noch besser: Ganz ohne biozidhaltigen Holzschutz
Auch wenn biozidfreie Holzschutzmittel eine wichtige Weiterentwicklung darstellen, gibt es Fälle, in denen auf chemischen Holzschutz komplett verzichtet werden kann. Auf Grundlage der bestehenden Grundsätze in der Normung und Regulierung von Holzschutz hat der Bundesverband ProHolzfenster eine Übersicht erarbeitet, in der die Spielräume für den Verzicht auf chemischen Holzschutz dargestellt werden – die sogenannte Holzschutzmatrix (siehe Abbildung am Textende). An den folgenden Stellschrauben kann und muss gedreht werden, um die Holzfenster auch ohne chemischen Holzschutz langlebig und funktional zu machen:
- Dauerhafte Hölzer: Harte Holzarten wie Eiche oder Lärche und Kernholz sind von Natur aus widerständig gegen holzzerstörende Organismen und Witterungseinflüsse.
- Konstruktiver Holzschutz: Intelligente Konstruktionen wie z.B. Ablaufschrägen, abgerundete Kanten oder Vermeidung von Kapillarfugen schützen das Holz vor anhaltender Befeuchtung. Holz-Aluminium-Fenster kommen etwa gänzlich ohne chemischen Holzschutz aus.
- Baulicher Holzschutz: Abgestimmte Vor- und Montageplanung schützt vor Feuchteeinwirkungen während der Bauphase, zurückgesetzte Einbaulage und große Dachüberstände schützen das Holz effektiv vor länger andauernden Feuchteeinwirkungen während der Nutzungsphase.
- Kombinierte Fensterkanteln: Die Kombination verschiedener Holzarten in einer Fensterkantel (z.B. Eiche oder Kiefern-Kernholz außen und Fichte innen) kann die Stabilität und Langlebigkeit der Fenster in besonders beanspruchten Bereichen gezielt steigern.
- Modifizierte Hölzer wie Thermoholz: Die thermische Bearbeitung erhöht die biologische Dauerhaftigkeit des Holzes gegenüber holzzerstörenden Pilzen auf physikalische Art und Weise.
Langlebigkeit und Schadstofffreiheit: Der Schlüssel für die Zukunft
Biozidhaltiger Holzschutz bietet keine ultimative Lösung – er schützt das Holz nur auf Zeit und schränkt dafür dessen stoffliche Wiederverwertbarkeit ein. Die nachhaltigere und langfristig bessere Lösung liegt in einem bewussteren Umgang mit Materialien und Konstruktionsweisen. Die Möglichkeiten, auf biozidhaltigen Holzschutz zu verzichten oder ihn zu reduzieren, sind längst vorhanden – wir sollten diese nutzen, um die Wertigkeit des Holzfensters weiter zu steigern und einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Ressourcenschonung zu leisten.

Holzschutzmatrix vom Bundesverband ProHolzfenster – Lesebeispiel: Bei einer geringen Beanspruchung des Holzfensters durch Bewitterung (beispielsweise aufgrund eines guten konstruktiven Holzschutzes) kann beim Einsatz von Holzarten der Dauerhaftigkeitsklasse 1-4 auf die Verwendung von chemischem Holzschutz verzichtet werden.
Kommentar des IBN
Wir freuen uns sehr, dass der Bundesverband ProHolz e.V. sich für den Verzicht auf chemischen Holzschutz einsetzt und dazu neu die Holzschutzmatrix als Orientierungshilfe anbietet. Dies hilft, die Gesundheit aller zu schützen – zum Beispiel bei der Herstellung, dem Einbau oder der Pflege und Erneuerung von Holzfenstern (wie abschleifen). Gleichzeitig kommt dies auch der Umwelt zugute.
Nicht alle Fensterbauer sind bereit, auf chemischen Holzschutz zu verzichten. Sprechen Sie deshalb mit Ihrem lokalen Fensterbauer – gerne können Sie dafür diesen Artikel nutzen.
Aus baubiologischer Sicht ist klar: Bereits bei der Planung sollte darauf geachtet werden, Holz vor Feuchtigkeit zu schützen (z. B. durch Schutz vor Feuchteeinwirkungen während der Bauphase, große Dachüberstände und/oder geeignete Holzarten), sodass auf chemischen Holzschutz verzichtet werden kann. Falls das definitiv nicht möglich ist, empfiehlt es sich, Holz-Aluminium-Fenster ohne chemischen Holzschutz zu verwenden.
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Ein guter Artikel über schadstofffreie Hölzer in Fenstern – innovativ, wie die Baubiologie!