Baubiologische Sanierung

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Mit Holz eingepackt: Das kleine Steinhรคuschen in der Nรคhe von Salzburg liegt inmitten der Natur. Der Umbau durch den Baubiologen IBN Michael Mark verwandelte die spartanische Ferienwohnung mit Holz zu einem komfortablen, wohngesunden Eigenheim.

Autor

Michael

Mark

Leiter einer Baubiologischen Beratungsstelle IBN in 9141 Eberndorf (ร–sterreich) und 77963 Schwanau (Deutschland)

Die รถsterreichische Gemeinde Hof ist, trotz ihrer Nรคhe zur Stadt Salzburg, lรคndlich strukturiert. Mit dem รถffentlichen Nahverkehr oder รผber die Westautobahn erreicht man leicht die Innenstadt von Salzburg. Hof, in dessen Nรคhe die zahlreichen Seen des Salzkammergutes beginnen, ermรถglicht somit ein naturnahes Wohnen im Grรผnen, bei guter Infrastruktur. Hier lรคsst es sich gut leben.

Unsere Bauherren haben dort vor wenigen Jahren ein Hanggrundstรผck erworben, das mit einem kleinen Hรคuschen von nur rund 45 m2 Wohnflรคche bebaut war. Um die Vorzรผge der Sรผdhanglage mit Weitblick von Ost bis West und auf den imposanten Untersberg zu genieรŸen, akzeptierte das junge Paar die etwas beengte Wohnsituation nach Art einer Ferienwohnung.

Vor allem in den Wintermonaten zeigten sich die Schwรคchen des nicht gedรคmmten Steinhauses auf rund 800 m Seehรถhe. 25 cm Ziegel-AuรŸenwรคnde, Bodenplatte und Dach ohne Dรคmmung sowie einfach verglaste Fenster fรผhrten zu einem enormen Heizenergiebedarf. Dieser musste zum Teil mit elektrischen Nachtspeicherรถfen gedeckt werden, was kaum effizient und vor allem sehr teuer war. Wรคre der alte Warmluft-Kachelofen nicht gewesen, so hรคtte kaum eine Chance bestanden, eine angemessene Raumtemperatur zu erreichen.

Unsere รถkologisch denkenden Bauherren wollten die unbefriedigende Situation der Energieverschwendung beenden und wรผnschten sich darรผber hinaus fรผr die Zukunft ein Wohnen mit allen baubiologischen Vorzรผgen. Sie wรผnschten sich vor allem ein behagliches Wohlfรผhlklima bei relativ geringem Energieeinsatz.

Innerhalb der alten Bausubstanz konnte sich keine Wohnbehaglichkeit einstellen. Die dรผnnen Ziegelwรคnde, die Bรถden und die nicht gedรคmmte Decke zum kalten Dachraum kรผhlten in der kalten Jahreszeit stark aus. Durch die daraus folgende niedrigen Oberflรคchentemperaturen zog es zudem: der groรŸe Temperaturunterschied zwischen Bauteiloberflรคchen und der durch die Wรคrmequelle erwรคrmten Raumluft fรผhrt zu einer unangenehmen Thermik. Auch Einheizen hilft nicht.

Die am Thermometer abgelesene Raumtemperatur verspricht eine Behaglichkeit, die aber nicht eintritt. โ€ž22 Grad und kalte FรผรŸeโ€œ sind dafรผr ein typisches Phรคnomen.

1 Sanierter Altbestand mit Satteldach. Nach Sรผden und Norden die Erweiterungen mit Pultdach
2 Die Loggia auf der Sรผdseite bietet einen fantastischen Blick zum Untersberg
3 Grundofen mit hauswirtschaftlicher Funktion im Lehm-/Holz-Ambiente

Angenehme Oberflรคchentemperatur

Ein wichtiger Sanierungsansatz war daher, die Oberflรคchentemperatur der Bauteile durch geeignete Wรคrmedรคmmung und Austausch der Fenster deutlich anzuheben. Ergรคnzend dazu, und ebenso wichtig, erfolgte eine Umstellung der Wรคrmeabgabe von Konvektions- auf Strahlungswรคrme. Strahlungswรคrme vermeidet eine รผbermรครŸige Aufheizung der Raumluft; durch die kurzwelligen Wรคrmestrahlen werden vor allem die Bauteile, Gegenstรคnde und die Kรถrper der Bewohner warm. ร„hnlich wie in der Sonne. Wenn sich Oberflรคchentemperatur der Bauteile und Raumlufttemperatur annรคhernd gleichen, entfallen die Zugerscheinungen und die Bewohner empfinden echte Behaglichkeit.

Wรคrmedรคmmende Holzfaser

In Umsetzung des baubiologischen Sanierungskonzepts wurden die bestehenden Ziegel-AuรŸenwรคnde auรŸen mit einer 14 cm starken Kantholzkonstruktion versehen, welche in ihren Gefachen die Holzfaser-Wรคrmedรคmmung aufnimmt. Als winddichter Abschluss der Dรคmmebene dient eine 2,2 cm starke hydrophobierte Holzweichfaserplatte mit Nut und Feder. Eine hinterlรผftete Holzfassade, ausgefรผhrt als senkrechte Boden-/Deckelschalung in naturbelassener Lรคrche, bietet dauerhaften Schutz.

Die Ziegel-Hohlkรถrperdecke รผber dem Erdgeschoss erhielt dachbodenseitig eine Dampfbremspappe und 28 cm Holzweichfaserplatten-Dรคmmung. Als begehbarer Dachbodenbelag wurden 25 mm Gipsfaser-Trockenestrichelemente schwimmend auf die Dรคmmplatten aufgelegt und an den รผberblatteten รœbergรคngen in sich verschraubt.

Die neuen 3-fach verglasten Holzfenster sind innen aus Fichten- und auรŸen aus Lรคrchenholz. Ihre Einbauposition ist nunmehr die Dรคmmebene der AuรŸenwand. Konstruktiv sind sie dort mit dem Holzrahmenwerk verschraubt. Als Fugenfรผller dient kein baubiologisch bedenklicher PU-Schaum, sondern Schafwolle. AuรŸen รผberdรคmmt die Holzweichfaserplatte den Fensterrahmen. Innen sind die Elemente luftdicht mit dampfbremsenden Klebeband abgeklebt.

Als Strahlungswรคrmeheizung dient ein neu gemauerter und weiรŸ verputzter Grundofen, der zentral im nunmehr offen gehaltenen Grundriss platziert wurde und auch hauswirtschaftliche Funktionen (Backfach, Warmhalteplatte) erfรผllt.

Die Innenseite des Mauerwerks und die Geschossdecke erhielten einen Lehmputz. Der Putz soll zumindest zunรคchst die natรผrliche Lehmfarbe braun behalten. In Verbindung mit dem ansonsten verbauten hellen Fichtenholz ergeben sich damit optisch weiche Kontraste. Sollte spรคter einmal ein anderes Erscheinungsbild gewรผnscht sein, kann der Lehmputz mit Silikat- oder Kaseinfarbe gestrichen werden.

Doppelte Wohnflรคche

Die ursprรผnglich 45 m2 Wohnflรคche wurden durch einen sรผdseitigen und einen nordseitigen Anbau knapp verdoppelt. Der bergseitige Nordflรผgel dient als groรŸzรผgig รผberdachter Windfang-/Dielenbereich und beherbergt das barrierefreie Bad. Durch die quadratische Dachverglasung fรคllt sehr viel Tageslicht ein.

Mit dem Anbau zur Talseite im Sรผden konnte das nรถtige zweite Schlaf- und Arbeitszimmer ebenso realisiert werden, wie eine Erweiterung des Wohnraums. Der รผberdachte und rund 11 m2 groรŸe Balkon wurde schnell zum Lieblingsplatz der Bewohner. โ€žDieser geschรผtzte Freisitz mit seiner รผberwรคltigenden Aussicht ist fรผr uns mehr wert, als ein weiteres Zimmer im Hausโ€œ, sind sich die Bauherren einig.

Die groรŸen Fenster auf der Sรผdseite haben nur eine niedrige Brรผstung von 50 cm. Dadurch ermรถglichen sie auch vom Sofa und Bett aus eine freie Sicht in die Natur. Im Winter fรผllt die tiefstehende Sonne weit in die Rรคume ein und erwรคrmt die lehmverputzten Ziegelwรคnde, welche die gespeicherte Wรคrme zeitverzรถgert wieder abgeben. Durch die sanierte und zum Teil neu gebaute AuรŸenhรผlle geht nur sehr wenig Energie verloren. Damit leistet die passive Nutzung solarer Energie einen Beitrag zur Gesamtenergieeffizienz des Hauses.

Der sรผdseitige Dachรผberstand bietet bei hohem Sonnenstand im Sommer eine konstruktive Verschattung der Glasflรคchen, so dass auf Rolllรคden oder Raffstore verzichtet wurde. Das spart nicht nur Baukosten, sondern ermรถglicht auch zur warmen Jahreszeit ungehinderte Ausblicke.

Die neu gebauten Wรคnde wurden in leimfreier Holzrahmenbauweise ohne OSB-Platten erstellt. Eine diagonal รผber die Rahmenhรถlzer vernagelte Vollholzschalung mit Nut- und Federverbindung steift die Wรคnde aus.

Durch die starke Hanglage liegt der FuรŸboden des sรผdlichen Anbaus etwa 2,70 m รผber dem Gelรคnde. Eine konventionelle Fundamentierung war wegen festgestellter Hangerosion statisch nicht mรถglich. Daher wurde das Streifenfundament des Bestandes verstรคrkt und darauf mit Stahlrohrstreben ein Auflager fรผr die Kreuzlagendecke geschaffen, welche den Anbau trรคgt. Diesem kommt das optisch sogar zugute, da er zu schweben scheint.

Die Freude der Bauherren ist groรŸ. Sie haben sich ihren baubiologischen Wohntraum in toller Lage unter Einhaltung ihres Budgets erfรผllt.

Projektdaten

PlanungKooperation Baubiologie Michael Mark GmbH / Holzbau Herbst GmbH & Co. KG
Wohn-/Nutzflรคche90 m2
Reine Baukosten167.000 Euro
AuรŸenwรคnde sanierter Bestand
(von innen nach auรŸen)
2,4 cm senkrechte Boden-/Deckel-Schalung Lรคrche naturbelassen, 2,4 cm Hinterlรผftung, 2,2 cm hydrophobierte Holzweichfaserplatte, 14 cm Holzfaserdรคmmung im Holzgefach, 25 cm Ziegelwand, 4 cm Lehmputz
AuรŸenwรคnde Holzrahmenbau
(von innen nach auรŸen)
2,4 cm senkrechte Boden-/Deckel-Schalung Lรคrche naturbelassen, 2,4 cm Unterlรผftung, 2,2 cm hydrophobierte Holzweichfaserplatte, 16 cm Holzrahmen mit Holzfaserdรคmmung im Gefach, Dampfbremspappe, 2,4 cm diagonale Vollholzschalung aussteifend, 4 cm Installationsebene mit Hanfdรคmmung, 2,4 cm Sichtholzschalung naturbelassen
Aufbau Decke zum ungedรคmmten Dachraum
(von unten nach oben)
4 cm Lehmputz, 20 cm Ziegel-Hohlkรถrperdecke, Dampfbremspappe, 28 cm Holzweichfaserplatten, 2,5 cm Gipsfaser-Trockenestrich
Aufbau Pultdรคcher Neubau
(von innen nach auรŸen)
Mรถglichkeit extensiver Dachbegrรผnung, Flachdachabdichtung, 2,4 cm Rauspundschalung, 5 cm Hinterlรผftung, 4 cm hydrophobierte Holzweichfaserplatte, 20 cm Holzweichfaserplatte, Dampfbremspappe, 2,4 cm Sichtschalung, Sichtgebรคlk
Aufbau Bรถden
(von unten nach oben)
Bestandsboden (Beton), Ausgleichsschรผttung Kalksplitt, 2,4 cm Gipsfaserplatten, 6 cm Holzweichfaserplatte, 4 cm Holzweichfaser-Floor-Platte mit Fugenleisten, 3 cm Lรคrche-Dielenboden geรถlt
Heizwรคrmebedarf37 kWh/m2K
BeheizungGrundofen, Infrarotpaneele im Bad
Warmwasserelektrischer Durchlauferhitzer
Quellenangaben

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Bilder: Michael Mark

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Michael

Mark

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