Japanisches Teehaus in Karlsruhe

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Im neuen Teehaus des japanischen Gartens Karlsruhe lรคsst sich vollendete ร„sthetik bis in kleinste Details erleben. Es ist mit โ€“ teilweise weiterverarbeiteten - Naturbaustoffen gestaltet und handwerklich prรคzise ausgefรผhrt.

Autor

Prof. Kazuhisa

Kawamura

Dipl.-Ing., Architekt in Kรถln und Professor an der Fachhochschule Mainz

Ein japanisches Teehaus ist der Ort fรผr eine besondere Zusammenkunft zum Teetrinken, die Teezeremonie, eine japanische spirituelle Handlungskunst. Architektonisch gesehen ist ein Teehaus ein eigenstรคndiger Gebรคudetyp, obwohl es oft auch nur als ein Raum in einem Haus zu finden ist oder an ein Gebรคude angebaut ist.

Es gibt zwei Arten von Teehรคusern, Shoin und Soan, je nach der darin stattfindenden Teezeremonie. Shoin-Teehรคuser haben ihren Ursprung im Studierzimmer buddhistischer Mรถnche. Diese Art Teeraum wurde von Samurais, der japanischen Kriegerkaste, und betuchten Kaufleuten gerne adaptiert. Deren Zeremonien waren mit vielen Teilnehmern prรคchtig und formal. Der Raum vermittelte dementsprechend Gehobenheit. Ab dem spรคten 15. Jh. bemรผhten sich einige Teemeister, angeregt vom Zen-Buddhismus, den spirituellen Charakter der Teezusammenkunft hervorzuheben. Sie reduzierten die GrรถรŸe des Raumes, wohl um die gedankliche Konzentration der Beteiligten zu erhรถhen und sie zu geistiger Freiheit zu fรผhren. Gleichzeitig versuchten sie, den gehobenen Eindruck der Shoin-Teehรคuser zu brechen, indem sie alltรคgliche Materialien zur Gestaltung des Raumes verwendeten. So entwickelten sie kleine Hรคuschen, die Bauernhรผtten รคhnelten, die Soan-Teehรคuser.

1 Das Teehaus im japanischen Garten Karlsruhe. Die Verglasung nach Westen lรคsst sich fรผr Teilnehmer an der Zeremonie รถffnen
2 Fรผr das kleine Haus wurden regional verfรผgbare Naturbaustoffe traditionell japanisch gestaltet
3 Blick nach Sรผden mit dem niedrigen Eingang fรผr die Gรคste

Eingebettet im mitgestalteten Garten sollten sie wie eine Eremitenhรผtte in den Bergen wirken, ein bescheidener Ort der Abgeschiedenheit und inneren Sammlung. Dunkelheit im Inneren bewirkt Ruhe, Enge schafft eine unmittelbare Beziehung zwischen den wenigen Beteiligten der Zeremonie sowie zwischen ihnen und den Tee-Gerรคtschaften. Solch ein Teehaus hat eine GrundgrรถรŸe von hรถchstens viereinhalb Tatamis (ca. 2,70 m x 2,70 m), eine sehr kleinteilige Gestaltung und eine besondere Zugangssituation. Durch eine ร–ffnung von ca. 70 x 70 cm in einer AuรŸenwand sollen die Gรคste in den Teeraum regelrecht hineinkriechen – ein Ausdruck ihrer Demut. Danach sitzen sie dem Gastgeber gegenรผber. Durch die reduzierte Lichtfรผhrung herrscht im Raum Dรคmmerlicht, so kรถnnen die Beteiligten alle ihre Sinne sensibilisieren. Eine Teezeremonie in Soan-Teehรคusern soll ein einmaliges und nicht wiederkehrendes synรคsthetisches Erlebnis fรผr alle Teilnehmer sein.

Ein Teehaus in Deutschland

Ein Teehaus zu bauen, ist fรผr viele japanische Architekten ein Traum. Ein japanisches Teehaus im Ausland wie hier in Deutschland zu errichten, ist jedoch in mancherlei Hinsicht ein gewagtes Unternehmen. Der Teehausbau ist so speziell, fast wie eine Geheimkunst, vor allem deshalb, weil damit so viele traditionelle Regeln und Sitten der Teezeremonie verbunden sind, die berรผcksichtigt werden mรผssen. Zum einen bin ich dafรผr kein ausgewiesener Spezialist. Zum anderen findet man hierzulande manche spezifische Baumaterialien sowie Bautechniken nicht. Ein Teehausbau ist auรŸerdem eher das Schaffen eines subtilen Mรถbels, als das eines Gebรคudes. Frรผhere Teemeister haben ihre Soan-Teehรคuser mit einfachen Materialien errichtet. Sie hatten die Hรถlzer, Bambus und Erden aus der Umgebung sorgfรคltig ausgesucht, behutsam behandelt und effektvoll eingesetzt. Dieser Haltung wollte ich folgen. Letztendlich wurde ich fรผndig fรผr alles, was zum Bau eines traditionellen Teehauses unentbehrlich ist: einheimische Hรถlzer, darunter viele industriell hergestellte, Lehmmaterialien und Holzschindeln sowie engagierte, versierte Handwerker, wie einen Baubiologen, der die Lehmarbeiten ausfรผhren sollte. So konnte ich mit Zuversicht anfangen zu planen. Aus verschiedenen Grรผnden entschied ich mich, das Haus รคuรŸerlich wie ein Shoin-Teehaus aussehen zu lassen, jedoch mit einem Teeraum, der den Geist eines Soan-Teehauses ausstrahlt.

Baudaten

Teehaus im japanischen Garten Karlsruhe

BauherrinStadt Karlsruhe/Gartenbauamt
NutzerinDeutsch-Japanische Gesellschaft Karlsruhe
Baujahr2018
HolzbauFa. Drixler, Plankstadt
LehmputzFa. Peter Steinhausen, Baubiologische Beratungsstelle IBN und Naturbaustoffhandlung, Pfaffenhofen
Planung und BauleitungProf. Dipl.-Ing. Kazuhisa Kawamura, Architekt, Kรถln
Deutsch-Japanische
Gesellschaft Karlsruhe
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Gestaltung des Teeraumes

Fรผr meine Intention, Soan-Geist im Shoin-Teehauszu verwirklichen, waren einige MaรŸnahmen entscheidend. So wurden die Lehmwรคnde in dunkler, aber edler Farbigkeit ausgefรผhrt, ohne Struktur und sauber geglรคttet. Die Decke wirkt dunkel, aber die Struktur der feinen Holzlamellen aus Baubuche weist helle Stellen auf, so dass sie als Gesamtflรคche lebendig heiter wirkt. Fรผr das Schiebewand-Papier habe ich mich fรผr einen hellen Ton mit etwas glรคnzenden Flรคchen entschieden, um die Dunkelheit etwas zu mindern. Die Bereiche des Gastgebers und der Gรคste habe ich durch unterschiedliche Deckenhรถhen gekennzeichnet. Traditionell bringt der Gastgeber unter einer niedrigeren Decke (Ochitenjo) seine Demut den Gรคsten gegenรผber zum Ausdruck.

MaรŸgeblich entscheidend fรผr die Qualitรคt jedes Teeraumes ist die dรคmpfende Lichtfรผhrung. Auf der Sรผdseite dieses Hauses verhindern hohe Bรคume und ein hohes Gebรคude weitgehend die direkte Sonneneinstrahlung. Zudem schwรคchen vorgesetzte Holzgitter und Papierschiebewรคnde am Fenster starkes Sรผdlicht. Die Lage des Fensters an der zurรผckspringenden Bildnische reduziert die Helligkeit weiterhin. Das Fenster im Norden platzierte ich direkt รผber dem FuรŸboden, um eher das Reflexionslicht der Kiesflรคche des Gartens als das Himmelslicht einzufangen. So wird die Lichtmenge von Sรผden und Norden ausgeglichen, damit der Innenraum gleichmรครŸig abgedunkelt ist. Mit LED-Lampen in den Fensternischen und der Bildnische als indirekte Beleuchtung kann die Lichtatmosphรคre innen je nach der Stรคrke des Tageslichtes reguliert werden. Mit dieser Gestaltung hoffe ich, einen Raum fรผr besondere Erlebnisse geschaffen zu haben und dass alle diese MaรŸnahmen die von mir gedachte kontemplative Wirkung bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einer Teezeremonie hervorrufen.

Literatur

  • Ehmke, Franziska: Der japanische Teeweg, DuMont Verlag Kรถln, 1991
  • Hammitsch, Horst: Zen in der Kunst der Teezeremonie, O.W. Barth Verlag Wien, 1977
  • Okakura, Kakuzo: Das Buch vom Tee, Anaconda Verlag Kรถln, 2011
  • Tanizaki, Junichiro: Lob des Schattens, Manesse Verlag Zรผrich, 2002
Quellenangaben

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1 Kommentar

  1. Einen japanischen Teemeister mit allen Sinnen erleben? Zu jeder Jahreszeit kann man an einer Teezeremonie aktiv teilnehmen, also an vier Tagen im Jahr zu verschiedenen Uhrzeiten. Preis pro Person 15,00 Euro zzgl. Eintritt in den Stadtgarten.
    Anmeldung: btmfritz@web.de
    Viel SpaรŸ!

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Bilder: Kazuhisa Kawamura

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