Sanieren im Kreislauf – recycelt, repariert, redesignt
Stefanie Conjé ist erfahrene Architektin, Innenarchitektin und Baubiologin IBN, die kreativ entwirft, umbaut, ergänzt, repariert und recycelt. Kreislaufgerechtes Bauen ist ihr eine Herzensangelegenheit, denn es kann das Bauen vereinfachen und kostengünstiger machen. „Wir müssen noch mehr Einsparpotenziale finden, durch Recycling oder Weglassen – less is more“, betont sie. „Das kostet allerdings mehr Zeit bei der Planung und beim Erläutern der Umsetzung.“
Mit ihrem kleinen Planungsbüro und einem großen Netzwerk an Fachingenieur*innen, Restaurator*innen und regionalen Handwerker*innen, die mit Altbauten umgehen können, „möchte ich Bestandsgebäude wieder zum Leben erwecken und zum Leuchten bringen“, erklärt sie. „Ich kann meine Kunden inspirieren, kreativ mit dem umzugehen, was schon vorhanden ist, zu ergänzen, zu erweitern, umzudenken und das Gebäude neu zu sehen.“
Stefanie Conjé ist erfahrene Baubiologin IBN, Architektin und Innenarchitektin, die mit viel Liebe und Hingabe vielen Altbauten ein neues Leben schenkt. Dabei wird kreativ kommuniziert, entworfen, umgebaut, ergänzt, repariert und recycelt. In Werder bei Postdam hat sie in Ihrem Architekturbüro auch eine Baubiologische Beratungsstelle IBN.
Das Haus an der Havel vor der Kernsanierung, die Garage (links) noch mit Pultdach. Vier Anbauten sind schon mehr oder weniger stark rückgebaut worden.
Gebrauchte tragende Bauteile zu verbauen ist ein Risiko, das Stefanie Conjé für ihr privates Haus einging. Im Hintergrund die hochgesetzten Fensterbrüstungen.
Abendsonne satt auf der neuen Terrasse. Die Garage nun mit Flachdach, das Haus mit neuen Fenstern und Schlagläden.
Aus der offenen Küche geht der Blick durch ein neues, fest verglastes Fenster Richtung Sonnenuntergang.
1
Das Haus an der Havel vor der Kernsanierung, die Garage (links) noch mit Pultdach. Vier Anbauten sind schon mehr oder weniger stark rückgebaut worden.2
Gebrauchte tragende Bauteile zu verbauen ist ein Risiko, das Stefanie Conjé für ihr privates Haus einging. Im Hintergrund die hochgesetzten Fensterbrüstungen.3
Abendsonne satt auf der neuen Terrasse. Die Garage nun mit Flachdach, das Haus mit neuen Fenstern und Schlagläden.4
Aus der offenen Küche geht der Blick durch ein neues, fest verglastes Fenster Richtung Sonnenuntergang.
Auch baurechtlich ist das ein großes Thema. Architects for Future haben deshalb ihre „MusterUMbauordnung“ formuliert und 2023 hat die „Arbeitsgruppe Umbauordnung“ der Bundesarchitektenkammer einen konkreten Vorschlag für eine neue deutschlandweite Musterbauordnung übergeben. Ziel ist, die Bauordnungen der Länder anzupassen, damit „der Bestandserhalt im Sinne der nachhaltigen Nutzung natürlicher und bestehender Ressourcen gefördert wird.“ „Das fände ich großartig“, ist Conjé begeistert. „Altbau zu erhalten, finde ich total richtig, aber dann muss man auch das Recycling von Baustoffen erlauben und zwar ohne große bürokratische Hürden. Leider ist ja das Baurecht noch nicht so weit.“
Sie selbst arbeitet seit Jahren mit einem großen Abbruchunternehmen zusammen, wenn es darum geht, Baustoffe zu bergen und wieder zu verwenden. „Die schicken mir Fotos, wenn sie etwas tolles haben“, berichtet sie. „So komme ich zu Stahlträgern, alten Dielen, Haustüren, Türdrückern, Dachtritten, die ich um- und aufarbeiten lasse.“ Auch kennt sie einige Händler, die gebrauchte Baustoffe anbieten. Bei „Historische Bauelemente Marwitz“ im Netzwerk „Historische Baustoffe“ (s. LINKS) etwa schaut sie gerne vorbei (Tipp der IBN-Redaktion: „Baustoffrecycling – verkaufen statt wegwerfen!“). „Wie ein Eichhörnchen sammle ich auch für unsere anderen Projekte“, sagt sie lachend. Und so liegt bei ihr im Garten ein Jugendstilgeländer mit geschmiedeten floralen Bändern und Blüten, das der Denkmalschützer an anderer Stelle zum Einbauen freigegeben hatte. Einmal bekam sie große Kassettentüren geschenkt, die jetzt im Keller auf ihr zweites Leben warten.
Schlafende Schönheit
Als Conjé die Ausschreibung eines Hauses von 1892 entdeckte, das traumhaft an der Havel liegt, war sie begeistert. Es war zwar durch Anbauten aus der DDR-Zeit verbaut, Heizung-Sanitär und Elektroinstallationen marode, die Bäder und der Kachelofen 40 Jahre alt, aber die Hülle, ein zweischaliges Mauerwerk aus regionalem Ziegel, war bestens in Schuss. „Es war ein großes Glück, es kaufen zu dürfen,“ erinnert sie sich. „Wir wollten seinen “Urzustand” wieder herstellen. Das war den Vorbesitzern wichtig und freut die Nachbarn.“
Patina erhalten
Ziel war, kreativ mit dem Vorgefundenen umzugehen, Patina zu erhalten und Bauschäden auszubessern. „Ich wollte das ganz einfach machen“, betont Conjé, „und Geschichten mit dem Haus und mit den Materialien erzählen.“ Sie ließ Windfang, Trabi-Garage, Müllraum und Ausguck, alle nachträglich in schlechter Qualität dazu gebaut, abreißen oder teilweise zurückbauen. Auf der Garage vorher mit Asbest-Steildach, gibt es jetzt eine große Terrasse mit Abendsonne. Den Ausguck ersetzt ein Wintergarten in einer ökologischen Holzkonstruktion. Neue Fenster, nach historischem Vorbild mit schlanken Holzrahmen und Fensterkreuz gebaut, sorgen für mehr Durchblick. Drei neue Festverglasungen und eine Fenstertüre verbessern die Belichtung und öffnen den Blick zur Abendsonne und zum Wasser. Um stimmigere, historische Proportionen herzustellen, ließ sie die Brüstung der Fenster zur Straße etwas höher setzen. Alle Fenster werden von neuen Klappläden statt der alten Rollläden anmutig gerahmt.
Neuer Wintergarten-Anbau mit schlanken Holzständern und dänischen Fenstern mit schmalen Profilen, die nach außen öffnen.
Studio mit neuem Bad, offen bis unter das Dach, das mit Holzfasern gedämmt ist.
Vintage-Style: Gefunden, geschenkt, gebraucht, entdeckt und dann verändert. Upcycling vom Feinsten.
5
Neuer Wintergarten-Anbau mit schlanken Holzständern und dänischen Fenstern mit schmalen Profilen, die nach außen öffnen.6
Studio mit neuem Bad, offen bis unter das Dach, das mit Holzfasern gedämmt ist.7
Vintage-Style: Gefunden, geschenkt, gebraucht, entdeckt und dann verändert. Upcycling vom Feinsten.
Recycling von Bauteilen und Baustoffen
Kreislaufgerecht gab die Bauherrin auch alle Altfenster weiter. Die Interessenten mussten sie nur selbst ausbauen und abholen. An den Elektriker verschenkte sie ihre noch recht neuen Schallschutzfenster mit Kunststoffrahmen. Selbst aus den einfachen DDR-Holzfenstern wurde ein Gewächshaus gebaut. Nur eine Gummifalttür wollte niemand haben.
Die Böden konnte sie fast gänzlich erhalten. Befreit von mehreren Schichten Belägen zeigten sich darunter ungeschliffene Dielenböden. Sie wurden geschliffen und geölt. Im OG waren sie ochsenblutrot und sehr zerkratzt. Der Maler besserte sie dennoch nur aus, so dass sie ihre ganze Geschichte erzählen.
Recycelt und vom Statiker bemessen sind auch die Stahlträger über vergrößerten Türöffnungen. „So etwas darf ich für Bauherren nicht machen, weil ich dann in die Haftung gehe“, gibt die Recyclerin zu bedenken. „Die sind dann nicht mehr bauaufsichtlich geprüft.“
Aus einem anderen Altbau kommen die recycelten Innentüren für das Untergeschoss. Die Türzargen baute der Tischler neu. „Das war zwar sehr teuer, aber es sieht sehr schön aus“, freut sich Stefanie Conjé. Auch alle Geländer im Außenbereich – 18 Meter – sind wiederverwendet. Das sparte einige Materialkosten.
Energie & Baubiologie
Der neu in den Kachelofen eingebaute Heizeinsatz entspricht den aktuellen Abgasnormen und kann das ganze Haus heizen. Zudem zeigt er das Feuer durch eine kleine Glasscheibe. Ergänzt wird er durch eine neue Sockelleistenheizung, ideal, um die Altbauwände zu temperieren. Auch die elektrischen Installationen sind neu. Boden und Dach sind inzwischen gedämmt. Nach dem Aufdoppeln der Sparren wurden diese mit Holzweichfasern ausgeblasen. Jetzt bieten sie nicht nur eine gute winterliche Dämmung, sondern auch einen sehr guten Schutz gegen sommerliche Hitze und Lärm.
Dank baubiologischer Materialien auch für die Oberflächen gibt es ein gutes Raumklima. Die bestehenden Kalk-Innenputze wurden mit Kalkputz ergänzt. Die Hölzer sind diffusionsfähig geölt. Die Schlafräume erhielten einen Feldfreischalter. Ausgestattet hat die Innenarchitektin die Räume sehr authentisch im Vintage-Style. Alle Möbel – von der Straße, von Baustellen, vom Wegesrand, vom Flohmarkt, von Kleinanzeigen oder geschenkt – sind upgecycelt und so verändert, dass sie zusammenpassen. Und so erzählt das Haus viele Geschichten. Aktuell wird es an Feriengäste vermietet, solange bis die Hausherrin eines Tages mit ihrem Mann dort selbst einzieht, denn es ist ihr „absolutes Herzenshaus“.
Baudaten
Havelsicht137Grad
Baujahr | 1892 |
Bauherren | Familie Conjé/Kastrop |
Planung | Stefanie Conjé, Werder (Havel), Architekturbüro, Baubiologische Beratungsstelle IBN |
Wohnfläche | ca. 120 m² |
Dämmung Dach | Holzweichfaserplatten und Holzfaser-Einblasdämmung |
Fenster | neue Holzfenster mit Histo-Verglasung, teils festverglast, Wintergarten |
Besonderheit | Bauteile und Ausstattung recycelt, Feldfreischalter, baubiologisch behandelte Oberflächen |
Ihre Stimme zählt
Kommentarregeln:
Wir sind neugierig, was Sie zu sagen haben. Hier ist Raum für Ihre Meinung, Erfahrung, Stellungnahme oder ergänzende Informationen. Bitte beachten Sie bei Ihrem Kommentar folgende Regeln:
- Bitte keine Fragen: Auf dieser kostenlosen Informationsplattform können wir keine Fragen beantworten - bitte stellen Sie Ihre Fragen direkt an unsere Autor*innenAutor*innen.
- Bitte keine Werbung: Gerne können Sie auf Ihre Produkte/Dienstleistungen mit einem Werbebanner aufmerksam machen.
Wie werde ich
Baubiolog*in IBN?
How to become a Building Biology Consultant IBN?
Nachhaltig weiterbilden
Know-how, Zusatzqualifikationen und neue berufliche Möglichkeiten für Baufachleute sowie alle, die sich für gesundes, nachhaltiges Bauen und Wohnen interessieren.
Unser Kompetenz-Netzwerk
Hier finden Sie unsere qualifizierten Baubiologischen Beratungsstellen und Kontakte im In- und Ausland nach Standort und Themen sortiert.
Über die Baubiologie
Die Baubiologie beschäftigt sich mit der Beziehung zwischen Menschen und ihrer gebauten Umwelt. Wie wirken sich Gebäude, Baustoffe und Architektur auf Mensch und Natur aus? Dabei werden ganzheitlich gesundheitliche, nachhaltige und gestalterische Aspekte betrachtet.
25 Leitlinien
Für einen schnellen, aufschlussreichen Überblick haben wir in 25 Leitlinien der Baubiologie die wichtigsten Parameter herausgearbeitet, sortiert und zusammengefasst. In 15 Sprachen, als PDF oder als Plakat erhältlich.
0 Kommentare