Baustoffrecycling – verkaufen statt wegwerfen!

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Ressourcenverschwendung ist ein groรŸes Thema in unserer Wegwerfgesellschaft. Anstatt Weltuntergangszenarien heraufzubeschwรถren und Schuldige zu suchen, ist es zielfรผhrender, Alternativen und Lรถsungen aufzuzeigen. Dass dies auch im Bausektor mรถglich ist, zeigen die nachfolgenden Beispiele.

Autor
Josef Frey

Josef

Frey

Dipl.-Ing. fรผr Innenarchitektur, Baubiologe und Mitarbeiter im IBN

In dem Beitrag โ€žBaubiologie, Umwelt- und Klimaschutzโ€œ haben wir anhand vieler Grafiken aufgezeigt, dass der Bausektor Unmengen von Emissionen und Mรผll verursacht und somit eine Schlรผsselrolle bei der Umstellung auf eine ressourceneffiziente und klimaneutrale Kreislaufwirtschaft spielt.

Und das zu groรŸen Teilen vรถllig unnรถtig: Viel zu oft landen neue oder noch brauchbare Baustoffe einfach im Mรผllcontainer. Fehlbestellungen, kurzfristige bauliche ร„nderungen oder Baustoffreste und Verschnitte sind hier hรคufig der Grund. Auch beim Rรผckbau von Bestandsgebรคuden oder bei grundlegenden Sanierungen werden oftmals noch funktionstรผchtige Bauteile oder Baustoffe abgerissen und entsorgt.

Das Problem liegt auf der Hand: Lagerflรคchen sind begrenzt und der Aufwand, neue Abnehmer zu finden, erscheint Vielen zu hoch. Einfacher und oft unkomplizierter erscheint die schnelle Entsorgung von aktuell nicht benรถtigten, wenn auch noch funktionstรผchtigen Baustoffen. So werden zahlreiche wertvolle Ressourcen sinnlos vernichtet. Dazu kommt, dass die Entsorgung meist sogar teuer ist. 

Initiativen und Firmen, die Lรถsungen anbieten

Neben dem Angebot nachwachsender und รถkologischer Baustoffe gibt es immer mehr Initiativen und Firmen, die auf ein Recycling von vorhandenen Materialien setzen. Teilweise werden sogar ganze Hรคuser aus wiederverwerteten Baustoffen gebaut. Hauptproblem ist oft, das benรถtigte Material zu finden.

Wer in einer groรŸen Stadt wohnt, kann mit etwas Glรผck einen gut sortierten lokalen Recycling- Baustoffhandel finden, wie z.B. die in Berlin ansรคssige Firma โ€žHistorische Bauelementeโ€œ. Wie der Name schon sagt, werden dort vor allem aus alter Bausubstanz ausgebaute Bauelemente, wie Fliesen, Tรผren, Fenster, aber auch Mรถbel angeboten. Wird man hier fรผndig, schont man nicht nur wertvolle Ressourcen, sondern erhรคlt so auch noch ein Stรผck geschichtstrรคchtige Baukultur.

Einen รœberblick รผber Anbieter von historischen Baustoffen bietet der โ€žUnternehmerverband historische Baustoffe e.V.โ€œ kurz UHB. Auf der Homepage des Vereins wird das Hรคndlernetzwerk vorgestellt und es sind die Kontaktdaten der Mitglieder zu finden.

Eine weitere positive Seite der weltweiten Vernetzung und zunehmenden Digitalisierung ist, dass auch der Handel mit gebrauchten Gรผtern auf ein neues Niveau gebracht wurde. Dank Ebay & Co. fand schon so mancher Baustoff ein neues Zuhause.

Professioneller und besonders auf die Bedรผrfnisse der Baubranche optimiert tritt hier seit 2014 die Online-Plattform restado.de auf.Heim- und Handwerker, sowie Hersteller und Baumรคrkte kรถnnen hier รผbrige Baustoffe selber anbieten oder gรผnstig erwerben. Damit Verkรคufer und Kรคufer mรถglichst schnell zueinanยญderfinden, ist das Einstellen und Suchen effizient und bauspezifisch gelรถst. Eine Baustoffkarte ermรถglicht es, Baustoffe in der eigenen Region zu finden, um teure und aufwรคndige Transportwege zu minimieren.

Hierdurch entstehen neue Kreislรคufe der Wiederverwendung fรผr Baustoffe, wobei gleichzeitig der Bedarf an neuen Rohstoffen verringert wird und die Umwelt geschont wird. โ€œWir wollen Jeden zum Baustoffretter machenโ€, sagt Ulrike Schock, Mitgrรผnderin von restado.de. โ€œJeder kann einen รถkologischen Beitrag leisten. Je mehr Baustoffe gerettet und wiederverwendet werden, desto grรถรŸer ist der Einfluss auf die Baubranche.โ€

Die Plattform ist kostenlos und wird auch von DIY Communities, Urban Mining Vereinen und nachhaltigen Herstellern und Hรคndlern genutzt, sodass inzwischen ein breites Angebot von mehreren Tausend Baustoffen in Deutschland vorliegt.

Re-Use und Recycling

Baustoffe wie Mauerziegel, Pflasterklinker und Dachplatten lassen sich nach Reinigung, Sichtprรผfung und kritischer Betrachtung der Restlebensdauer meist unproblematisch wiederverwenden. In Dรคnemark gibt es bereits eine deutlich grรถรŸere Nachfrage nach historischen Bauprodukten, weshalb hier nun auch die erste Europรคische Technische Zulassung (ETA) fรผr gebrauchte Mauerziegel erteilt wurde.Grundlage ist das โ€žEuropean Assessment Document (EAD) 170005-00-0305 Recycled clay masonry unitsโ€œ.

Ist ein Re-Use (also eine Wiederverwendung) nicht mรถglich, kรถnnen Materialien im Rahmen des Recycling als Rohstoffersatz fรผr neue Produkte dienen. Sortenrein getrenntes Ziegelmaterial aus Dachabdeckungen oder Mauerwerksabbruch wird heute bereits nach Aufbereitung (brechen und mahlen) beispielsweise als Ziegelsand auf Sportplรคtzen, als Pflanzensubstrat bei Dachbegrรผnungen, als Zuschlagstoff fรผr die Betonherstellung oder als luftschallreduzierende Schรผttung z.B. in Holzbalkendecken verwendet.  

Aus dem alle 2 Jahre erscheinenden Monitoring-Bericht des Bundesverband Baustoffe zum Aufkommen und Verbleib mineralischer Bauabfรคlle geht hervor, dass im Durchschnitt bereits ca. 90 % aller mineralischer Bauabfรคlle verwertet werden. Konkret heiรŸt das, dass im Jahr 2020 von den ca. 220 Millionen Tonnen angefallener mineralischer Bauabfรคlle ca. 197 Millionen Tonnen verwertet wurden. Hierdurch werden Deponien entlastet und die Herstellung von Primรคr-Rohstoffen geschont, so liegt der Recyclinganteil bei Gesteinskรถrnung fรผr Neubauten bereits bei ca. 13 %. (Quelle: Kreislaufwirtschaft Bau – Mineralische Bauabfรคlle Monitoring 2020). Fakt ist aber leider auch, dass der Anteil von wiederverwendbaren Baustoffen sinkt, je neuer Gebรคude sind. Umso wichtiger ist es, jetzt das Ruder herumzureiรŸen und so konsequent wie mรถglich Baustoffe und Bauteile zu verwenden, die giftfrei und wiederverwendbar sind.

Fazit

Was hier einzeln betrachtet von manch Einem belรคchelt oder als romantische Spielerei abgetan wird, kann global gesehen durchaus zu einer beachtenswerten Ressourceneinsparung fรผhren. Genaue Zahlen lassen sich nur schwer ermitteln und sind vielleicht auch gar nicht notwendig. Wichtig ist, dass ein Umdenken stattfindet, dass der Blick in unserer Wegwerfgesellschaft geschรคrft wird und auch Produkte wie farblich unpassende, abgenutzte oder nicht mehr zeitgemรครŸe Baustoffe als Ressourcen gesehen werden, die es gilt, kreativ einzusetzen.   

Historische Bauelemente
16727 Marwitz

Reste-Bรถrse-Baustoffe
4682 Geboltskirchen, ร–sterreich

Bauteilnetz

Bauteilnetz Deutschland
28203 Bremen

Quellenangaben

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4 Kommentare

  1. Ich stimme allen o.g. Aspekten voll zu.
    Habe leider die Negativerfahrung machen mรผssen, dass es sehr schwierig ist, Abnehmer fรผr Baustoffe zu finden. Konkret warte ich auf eine Rรผckantwort von Restado seit Tagen.
    Hรคtte nicht gebrauchte Dachziegel anzubieten. Zusรคtzlich steht ein Hausabriss bevor.

    Antworten
  2. Sehr gute Infos zur Ressourcenverschwendung. Leider ist es tatsรคchlich so, dass dies ein groรŸes Thema in unserer Wegwerfgesellschaft ist. Tatsรคchlich kann man viele Baustoffe wiederverwenden. Es ist zu empfehlen, Baustoffe immer bei Recyclinghรถfen oder Schrotthรคndler abzugeben.

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  3. Recycling von Baumaterial ist ein wichtiges Thema! Und es ist so einfach. Anstatt Baustoffe wegzuschmeiรŸen, kann man diese z.B. auf Kleinanzeigen-Portalen verkaufen und erhรคlt dafรผr noch Geld. Ich selber suche oft gรผnstige Baumaterialien โ€“ sei es fรผr Gartenarbeiten oder einen Anbau fรผr unser Haus. Jeder sollte etwas Nachhaltiges fรผr die Umwelt tun! Es gibt immer wieder spannenden Gelegenheiten, gebrauchte Baumaterialien neu in Szene zu setzen.

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  4. Vielen Dank fรผr die Information, dass Mauerziegel, Pflasterklinker und Dachplatten wiederverwendet werden kรถnnen. Finde auch, dass der Bausenktor viel zu viel Mรผll produziert. Interessant auch, dass Materialien als Rohstoffersatz fรผr neue Produkte benutzt werden kรถnnen.

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Titelbild: AdobeStock, HildaWeges

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Josef Frey

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