
Kann auf eine Dampfbremse verzichtet werden?
Antwort
Da Sie besonders auf Nachhaltigkeit, ein gutes Raumklima und gesunde Materialien achten wollen, können wir gut nachvollziehen, dass Sie auf kunststoffhaltige Dampfbremsen verzichten wollen. Allerdings ist eine Dampfbremse etwas anderes wie eine Dampfsperre und deshalb nicht mit einer Plastiktüte zu vergleichen. Hier eine kurze Erklärung zu den Unterschieden:
Dampfbremse
Dampfbremsen sind Bahnen aus Pappen und/oder Folien mit einem (im Vergleich zu Dampfsperren geringen) definierten Wasserdampfdiffusionswiderstand (sd-Wert = 0,5 m -100 m). In Gebäuden werden sie an Außenbauteilen wie Außenwänden oder Decken innen auf der Warmseite angebracht und vermindern die Diffusion von dampfförmigen Wasser aus Luft von innen nach außen. Auf diese Weise sollen sie verhindern, dass sich dort Kondenswasser bildet, was bei unzureichender Abtrocknung zu Feuchteschäden wie Schimmelbefall führen kann.
Angeboten werden auch sog. “feuchtevariable” oder “intelligente Dampfbremsen”, die je nach vorhandener Feuchte ihren Wasserdampfdiffusionswiderstand verändern und auf diese Weise auch ein Austrocknen von Feuchte in Bauteilen von außen nach innen in die Raumluft ermöglichen.
Dampfsperre / feuchtevariable Dampfbremse
Dampfsperren sind bzgl. Funktionalität Dampfbremsen ähnlich. Sie haben jedoch einen sehr hohen Wasserdampfdiffusionswiderstands (sd-Wert > 1.500 m) und verhindern deshalb den Wasserdampftransport nahezu vollständig. Sie bestehen meist aus Aluminiumfolien.
Sollte beim Einsatz von Dampfsperren aufgrund von Undichtigkeiten wie Fugen oder Rissen dennoch Feuchtigkeit in die Wände/Decken eindringen, kann diese nach innen nicht austrocknen, was vor allem bei außen dichten Konstruktionen wie z. B. Flachdächern zu Feuchte- und Bauschäden führen kann (sog. “Dicht-Dicht-Konstruktionen”). Stand der Technik sind deshalb heute feuchtevariable Dampfbremsen, die auch ein Austrocknen von Feuchte nach innen in die Raumluft ermöglichen. Zudem sollte immer ein Feuchteschutznachweis nach DIN 4108-3 mittels hygrothermischer Simulation durchgeführt werden.
Baubiologische Empfehlungen
Es sollten Dampfbremsen mit möglichst geringem Wasserdampfdiffusionswiderstand (dieser ist je nach Bauteilaufbau zu berechnen) oder feuchtevariable Dampfbremsen verwendet werden, um auch ein Austrocknen von Bauteilen nach innen zu ermöglichen. Ergänzend sollten i.d.R. Baustoffe verwendet werden, die einen niedrigen Diffusionswiderstand haben und Feuchte gut kapillar weitertransportieren können; dies trägt zu dauerhaft trockenen Bauteilen und einem gesunden Raumklima bei.
Folgende Materialien empfehlen sich als Dampfbremsen:
- PE-beschichtete Baupappen
- Folien z.B. aus Polypropylen (PP) und/oder Polyethylen (PE)
- Die dampfbremsende Funktion kann anstatt von Baupappen bzw. Folien auch von Platten erfüllt werden (z.B. GFM-Platten, Holzwerkstoffplatten oder Gipsfaserplatten). Solche Konstruktionen sind allerdings nur mit entsprechendem Fachwissen, guter Planung, Ausführung und Bauleitung empfehlenswert.

Bild: Dampfbremse (blau) aus PE-beschichteter Baupappe im IBN-Gebäude
Diese Frage beantwortete Ihnen Josef Frey, IBN
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Kann auf eine Dampfbremse verzichtet werden?
Ein klares Ja, wenn man das Gebäude entsprechend plant. Und hier scheiden sich die Geister. Für wie lange plant man ein Haus? Nur 50 Jahre oder doch 100 – 200 Jahre?
Das Zauberwort heißt “dampfdiffusionsoffen” >>> Feuchte muss immer einen guten Weg nach “aussen und innen” finden.
Leider gehen die meisten Planer den leichten Weg und setzen, die bekannten * “Tüten” in die Häuser ein. * (technisch gesehen sind es oft tolle Tüten, doch es bleiben Tüten!).
Die Dauerhaftigkeit von Dampfbremsen (Dampfsperren) und ihrer Verklebungen entscheidet über die Haltbarkeit von diesen Baukonstruktionen. Für Wand-, Dach- und Deckenkonstruktionen wird meist eine technische Lebensdauer von 50 Jahren gefordert, (und teil angegeben), doch wie oft findet man Schäden in den Wänden und Decken schon nach 15 – 20 Jahren, da sich oft die Verklebungen gelöst haben.
(Info: Freunde der Wandheizung in einem Lehm- oder Kalkputz haben einen zusätzlichen Schutz)
Also mein Tipp, etwas mehr Zeit am Anfang in die Planung stecken, (wichtig die Lebensart der Bewohner einplanen) und dann **natürliche Häuser bauen!
MfG
Dirk A. Hiller
** natürlich kommt von Natur und dort kommt Kunststoff nur als Abfall vor!