Schadstoffe in Ex-Raucherwohnung?

Wie stark ist die Schadstoffbelastung in einer Wohnung, in der über viele Jahre stark geraucht wurde? An den Wänden befinden sich Raufasertapeten, die mehrfach überstrichen, vermutlich aber nie erneuert wurden. Werden die von den Wänden absorbierten Giftstoffe durch das Überstreichen mit einer Dispersionsfarbe herausgelöst? Wenn ja, werden dadurch Giftkonzentrationen erreicht, die gesundheitsgefährdend und mit der Belastung durch Passivrauchen vergleichbar sind? Wird dadurch auch das Risiko einer Fehlgeburt erhöht?

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Antwort

In den Tapeten und Farben, aber Teppichen, Polstermöbeln oder auch anderen Materialien z.B. aus Holz kann sich über die Jahre eine signifikante Sekundärkontamination aufgebaut haben. Möglich sind deshalb geruchliche Belastungen und auch Staubbelastungen durch Nikotin und evtl. Teer (PAK). Genauere Bewertungen sind aber nur durch eine Analyse des Hausstaubes z.B. durch Baubiologische Messtechniker IBN möglich. Bei einer sehr starken Sekundärkontamination durch Nikotin und evtl. Teer sollten die Tapeten entfernt werden. Ein Überstreichen reicht leider nicht aus. Eventuell haben auch tiefere Putzschichten Schadstoffe absorbiert, was aber nur über Materialprüfungen festgestellt werden kann.

Eine akute Gesundheitsgefährdung ist erfahrungsgemäß eher nicht zu erwarten. Über einen längeren Zeitraum und/oder für empfindliche Personen kann dennoch ein erhöhtes gesundheitliches Risiko durch geruchliche Beeinträchtigungen und die Aufnahme von Schadstoffen (Rückstände wie Nikotin, Teer) über den Hausstaub nicht ausgeschlossen werden. Mit Passivrauchen ist diese mögliche Belastung jedoch nicht vergleichbar, da die Raumluft keinen Rauch mehr enthält, der die Raumluft mit leichtflüchtigen Verbrennungsprodukten und schadstoffhaltigem Feinstaub belastet.

Sollte eine genauere Schadstoffanalyse bzw. ein Austausch der Tapeten nicht möglich sein, empfehlen wir, häufiger als üblich zu lüften und mit einem guten Staubsauger (HEPA-Filter) zu saugen.

Diese Frage beantwortete Ihnen das Institut für Baubiologie + Nachhaltigkeit IBN

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9 Kommentare

  1. Ich habe die zahlreichen Kommentare sehr aufmerksam gelesen, vielen Dank. Wir stehen auch gerade vor der Herausforderung, ein Raucherhaus zu sanieren. Die Tapeten, Teppiche und Holzelemente werden alle entfernt.

    Mir hat jemand vorgeschlagen, alle Oberflächen mit Zinkricinol zu behandeln (einzusprühen). Diese Aminosäure ist auch in Deodorants enthalten und ist angeblich in der Lage, das Nikotin zu kapseln (als Komplex). Dann riecht man es nicht mehr. Hat jemand damit schon Erfahrung gesammelt?
    Anschließend würden wir die Wandoberflächen mit einer diffusionsfähigen Grundierung streichen, dann tapezieren.

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  2. Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich stehe vor der Entscheidung, in einer Wohnung den Verputz von allen Wänden und Zimmerdecken komplett abklopfen zu lassen, um dann neu zu verputzen. Im Vorfeld wüsste ich gerne, wieviel Putz runter muss. Kann man das an den Wänden durch Abkratzen oder Bohren sehen, bzw. messen lassen?
    Die Wohnung wurde exzessiv mit Zigarren über Jahrzehnte vollgeraucht. Teppiche, Mobiliar, Heizkörper etc. wurden rausgenommen, bzw. erneuert, Wände gestrichen: Trotzdem ist Nikotin wahrnehmbar.
    Was würden Sie raten?
    Über eine Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar.

    Mit freundlichen Grüßen,
    M. Egerer

    Antworten
    • Wie so oft, es kommt auf den individuellen Fall an (wie stark kontaminiert, welcher Putz, persönliches Geruchsempfinden, Raumnutzung, Lüftungssituation…). Letztendlich ist es so: Je mehr Putz abgetragen wird, desto besser wird das Ergebnis sein, im Idealfall sollte also der gesamte Putz entfernt werden.
      Bitte beachten Sie, dass wir als privates Institut hier in unserem kostenlos angebotenen Baubiologie Magazin keine weiteren Fragen beantworten können. Das würde uns schlicht überfordern. Gerne können Sie sich an unsere Baubiologische Beratungsstellen IBN in Ihrer Region wenden.

      Antworten
  3. Hallo, wir haben ein Haus mit einem stark befallenen Raucherzimmer gekauft, in dem wir gerne das Kinderzimmer einrichten würden. Wir haben bereits einen Maler beauftragt. Die Firma hat die Wände abgewaschen, angeschliffen, nochmal abgewaschen und wird sie als nächstes mit einer Nikotinblockerfarbe anstreichen. Nun haben wir vom ARGUK Labor erfahren, dass diese lediglich Nikotin blockt, damit es keine farbliche Veränderung an der Wand gibt, die Schadstoffe aber weiterhin aus den Putz durchkommen. Haben Sie dazu weitere empirische Erkenntnisse? Warum werden Kalk, Lehm- oder Tonfarben empfohlen? Ich dachte, dass gerade offenporige Materialien Schadstoffe nicht blockieren? Vielen Dank für Ihre Hilfe!

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    • Bitte haben Sie Verständnis, dass wir hier als kleines unabhängiges Institut Fragen (entspr. den Kommentarregeln) nicht beantworten können. Das würde uns schlichtweg überfordern. Aufgrund der Wichtigkeit Ihrer Frage sicher auch für viele andere Leser*innen antworten wir Ihnen dennoch kurz: Die Aussage Ihres Labors ist weitgehend richtig. Entscheidend ist u.E. die Aussage in unserer Antwort, dass es im Zusammenhang mit “Ex-Raucherwohnungen” vorrangig um geruchliche Probleme geht und – zumindest bei richtigem Lüftungsverhalten – weit weniger um gesundheitliche Probleme. Sollten die von Ihnen beschriebenen Maßnahmen ihres Erachtens nicht ausreichen, müsste auch noch der Putz entfernt werden.
      Der Vorschlag mit (diffusionsfähige) Kalk, Lehm- oder Tonfarben zu verwenden, ist nicht von uns, sondern steht im Kommentar eines Lesers. Diese Materialien machen Sinn für ein gutes Raumklima, da sie und auch dann der darunter liegende Putz u.a. Luftfeuchte auf- und wieder abgeben können und sie i.d.R. keine Schadstoffe enthalten. Aus diesen Gründen macht es für ein gutes Raumklima auch Sinn, keine feuchtigkeitssperrenden Anstriche bzw. Folien einzusetzen, sondern diffusionsfähige.
      Letztendlich ist jeder Fall anders: Welche Putze und welche Farben sind ist vorhanden? Wer nutzt den Raum wie oft? Wie stark ist die Kontamination mit Schadstoffen bzw. die Schadstoffbelastung der umgebenden Materialien? Wie stark ist die Geruchsbelastung? Wie wird gelüftet? Welche Maßnahmen sind für das gewünschte Ergebnis nötig? Können die Kosten für eine ggf. nötige Sanierung getragen werden? usw. Deshalb müssen wir letztendlich unseren Ratschlag wiederholen, dass es Sinn macht, die Sanierung des Raumes durch eine Baubiologische Beratungsstelle in Ihrer Region fachlich und messtechnisch begleiten zu lassen.

      Antworten
    • Moin,

      wir haben das Thema leider auch und sich noch nicht durch damit. Tapeten haben wir entfernt, genauso wie alte Holzfenster und Heizkörper. Was bleibt sind die Türzargen aus Stahl und die verputzte Decke.

      Nikotinfarben bringen garnichts gegen Gerüche, überdecken nur die Flecken. Ich hatte Kontakt mit Brillux, dort wurde mir entsprechend ehrlich geantwortet.

      Was hilft: Zinsser BIN. Das ist ein Isoliergrund, der Gerüche blocken kann. Gibt es auch Lösungsmittelfrei. Wir haben es an einer vertäfelten Decke ausprobiert und seitdem keine Geruchsprobleme mehr. Nächster Schritt ist die verputzte Decke.

      Nachteil ist ein sehr hoher Preis und vermutlich ist die Decke danach nicht mehr diffusionsoffen.

      Weitere Empfehlung: Dezentrale Lüftungsanlage.

      Antworten
      • Das von Ihnen genannte Mittel ist uns noch nicht bekannt. Nach erster Sichtung handelt es sich um einen auf Schellack basierenden Haftgrund. Schellack wird von uns seit Jahrzehnten als Maskierung von Schadstoffen wie Holzschutzmittel empfohlen, einige Produkte finden Sie hier. Ob sich solche Mittel zuverlässig und dauerhaft auch zur Verbesserung der geruchlichen Situation eignen, ist aus unserer Sicht nicht eindeutig klar; hierzu erhalten wir negative bis positive Rückmeldungen. Ein Versuch wäre es wert, allerdings ist Schellack für großflächige Putzoberflächen nicht wirklich geeignet und teuer.
        Verbesserungen bringen oft auch effektive Mikroorganismen und elektrische Luftreiniger – siehe auch hier.

  4. Danke für dieses interessante Thema, noch dazu weil die Frage nach “Raucher / Nichtraucher” noch immer rechtlich untersagt ist.
    Aus meiner Erfahrung sind gerade Türen, Farben auf Haustechnik und natürlich Tapeten irreparable betroffen, wenn stark geraucht wurde über Jahre. Nicht zu vergessen, Schleifstaub vom Parkett der Raucherwohnung.
    Es sind möglicherweise auch Tiluol und Formaldehyd in den Kontaminationsfächen zu finden. Aus der Erfahrung mit einer chemisch sensitiven Person, kann ich von heftigen Reaktionen selbst nach einer gründlich renovierten Raucherwohnung berichten.

    Antworten
  5. Hallo, aus Erfahrung mit Raucherwohnungen kann ich nur empfehlen, die alten Tapeten , vor allem wenn diese schon mehrfach überstrichen wurden, zu entfernen. Sollten Reste bleiben , Wände schleifen und dann einen baubiologisch empfohlenen Anstrich machen ( Kalk, Lehm- oder Tonfarben ). Wir haben dies schon mehrfach gemacht, es ist dann alles in Ordnung. Anstriche wie Nikotinsperre usw. bringen nichts! Wenn Sie ganz sicher gehen wollen, dann lassen sie nach Entfernung der Altbeschichtung die Wohnung auf Schadstoffe durch einen Baubiologen prüfen .

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