Interview mit Frank-Stefan Meyer

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Als Baubiologe IBN und Bauphysiker schafft Frank-Stefan Meyer mit seiner Firma โ€žGEWG Bauphysikโ€œ ein gesundes Raumklima. Mit hohem Engagement engagiert er sich in wichtigen Baugremien und bietet Orientierung bei den aktuellen Nachhaltigkeitssiegeln.

GEWG Bauphysik GmbH โ€“
Frank-Stefan Meyer

Zum Neuhof 10
DE-54320 Waldrach

DIE FRAGEN STELLTE

Achim

Pilz

freier Journalist, Kurator, Juror und Berater, Baubiologe IBN und Chefredakteur des Baubiologie Magazin.

Frank, du bist geprรผfter Sachverstรคndiger fรผr hygrothermische Bauphysik, Sachverstรคndiger fรผr Schallschutz und Akustik und Gebรคudeenergieberater. Warum und wann hast du dich zudem zum Baubiologen IBN weitergebildet?

2007 war ich schwer an Krebs erkrankt. Meine Frau und ich haben dann ein gesundes, leimfreies Massivholzhaus gebaut. Eine konventionelle Bauweise wรคre nicht infrage gekommen. Deshalb habe ich mich in diese Richtung entwickelt und 2008 den Fernlehrgang Baubiologie IBN gemacht. Mit der Erfahrung des Hausbaus war das der Auslรถser fรผr den beruflichen Umstieg. Ich habe vorher in einer Unternehmensberatung Manager von GroรŸkonzernen beraten, da war das nicht so. Jetzt will ich nur noch machen, was mir SpaรŸ macht und was sinnvoll ist, damit meine Kunden einen baubiologischen Mehrwert haben.

Du hast damals dein Ingenieurbรผro fรผr Gebรคudeenergieeffizienz und Wohngesundheit GEWG erรถffnet? Was hattest du fรผr Ziele?

Nachdem ich an der Uni Kassel den berufsbegleitenden Lehrgang zum Gebรคudeenergieberater gemacht hatte, habe ich 2013 das Ingenieurbรผro unter diesem Namen erรถffnet. Erst mal war ich Einzelkรคmpfer. Wohngebรคude, Nichtwohngebรคude und Denkmale waren meine Stationen.

1 Das eigene Wohnhaus ist ein leimfreies Massivholzhaus. Die AuรŸenwรคnde erhielten eine Wandheizung in Lehmputz
2 Auch die Innenwรคnde wurden dick mit Lehm verputzt. In eine Wand arbeiteten wir Schiefersteine vom umliegenden Gelรคnde ein
3 Die eigene Gestaltung verwurzeln mit dem Zuhause

Ist es Zufall, dass die Energieeffizienz vor der Wohngesundheit kommt?

Nein (lacht) – die Abkรผrzung hat sich so besser angehรถrt. Das ist aber keine Gewichtung.

Warum hast du noch die Bauphysik dazu genommen?

Ich bin ein Freund des lebenslangen Lernens. Insofern habe ich mich nicht ausgeruht, sondern 2016 einen Zertifikatslehrgang zum Sachverstรคndigen fรผr hygrothermische Bauphysik abgeschlossen. Das Thema mich hat schon immer interessiert. In der Energieberatung habe ich viele KfW-Effizienzhausnachweise gemacht, immer mit detailliertem Wรคrmebrรผckennachweis, mitunter mit hygrothermischen Simulationen. Das alles hat gut zu dem Lehrgang am Energie- und Umweltzentrum am Deister e.V. gepasst. Hygrothermische Simulationen mit der WUFI-Software des Fraunhofer-Institut fรผr Bauphysik IBP machen in unserer Region nicht viele.

2018 habe ich an der Uni Weimar einen berufsbegleitenden Zertifikatslehrgang fรผr Schallschutz und Akustik gemacht. 2019 hatte ich schon die ersten Mitarbeiter und eine GmbH gegrรผndet. Diese Firma habe ich dann GEWG Bauphysik GmbH genannt. Unser Arbeitsschwerpunkt in der tรคglichen Praxis sind bauphysikalische Fragestellungen immer mit der Baubiologie im Hintergrund.

4 Nach der baubiologischen Denkmalsanierung erstrahlt auch die Fassade des ehemaligen Weinguts an der Mosel wieder
5 Die schรถne Fassade der ehemaligen ร–lmรผhle erhielt eine mineralische Innendรคmmung, per WUFIยฎ bemessen, bilanziell wรคrmebrรผckenfrei. Innen wurde das Denkmal baubiologisch saniert

Du hast dich dann auch zum Baubiologischen Gebรคude-Energieberater IBN qualifiziert. Seit wann fรผhrst du eine Baubiologische Beratungsstelle IBN?

Seit 2021. Das war eine gute Entscheidung. Davor hatte ich schon bei den IBN-Weiterbildungsseminaren โ€žBaubiologie + Energieโ€œ Vortrรคge gehalten und Artikel im Baubiologie Magazin geschrieben.

Du bist Mitglied der Wissenschaftlich-technische Arbeitsgemeinschaft fรผr Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege WTA. In welchem Ressort engagierst du dich?

Da bin ich im Referat Bauphysik in der Arbeitsgruppe Innendรคmmung. Innendรคmmung ist mein Steckenpferd. Ich bin auch im Fachverband Innendรคmmung. Andere Themen sind Holzbau, auch in der Sanierung, Feuchteschutz im Holzbau. Da schlieรŸt sich der Kreis, bei der Sanierung historischer Bausubstanz gehe ich anders ran, als wenn ich ein Reihenhรคuschen von 1975 modernisiere. Im Denkmal verwende ich Baustoffe, die zur Substanz passen. Dort gibt es das Paradigma der Materialkontinuitรคt. Das heiรŸt, wo ich Holz und Lehm habe, saniere ich auch mit Holz und Lehm. Wo ich Kalk habe, arbeite ich mit Kalk weiter โ€“ bis zur mineralischen Innendรคmmung, die aus Sand, Kalk und Luftporen besteht. Hilfreich bei der Argumentation ist dann oft die Tatsache, dass es Vorgaben der Denkmalpflege gibt. Dadurch verwenden auch Leute, die nicht Baubiologie-affin sind, die entsprechenden Baustoffe (lacht).

Im Denkmal ist das Umsetzen baubiologischer Kriterien einfacher. Wie lassen sich beim Neubau baubiologische Kriterien umsetzen?

Im Holzrahmenbau mit Zellulose- und Holzfaserdรคmmung ist es einfacher, konsequent baubiologisch zu bauen, als z.B. mit Kalksandstein, EPS oder Steinwolle. Im Holzbau kรถnnen allerdings Klebstoffe kritisch sein.

Was macht dir beim baubiologischen Planen SpaรŸ?

Die Tatsache, dass diese Kunden bewusster ans Bauen herangehen. Sie wollen nicht nur schnell und billig, sondern gut, nachhaltig, รถkologisch und wohngesund. Das macht natรผrlich mehr SpaรŸ als ein Bautrรคgerprojekt mit 08/15-Baumaterial.

Toll ist, dass die KfW-Neubaufรถrderung jetzt den Fokus auf einen Teilbereich der Themen richtet, die wir als Baubiologen beackern.

Was hรคltst du von der aktuellen KfW-Neubaufรถrderung?

Getrieben durch die KfW bekommen die Leute doch einen Blick fรผr Nachhaltigkeitszertifizierung und ร–kobilanzierung, also den ganzen Lebenszyklus eines Gebรคudes. Das ist dann bei vielen ein Aha-Erlebnis.

Du bist Nachhaltigkeitsauditor des Bau-Institut fรผr Ressourceneffizientes und Nachhaltiges Bauen BiRN. Was unterscheidet dich von einem DGNB-Auditor?

Das BiRN ist eine der drei akkreditierten Zertifizierungsstellen fรผr das Qualitรคtssiegel fรผr nachhaltige Gebรคude QNG. Bei den ersten Projekten, bei denen wir externe Auditoren DGNB eingeschaltet haben, hat sich gezeigt, dass das DGNB-System extrem umfangreich und extrem aufwรคndig ist. Damit ist es teuer. Das machen Investoren fรผr die Imagepflege und als Marketinginstrument. Inhaltlich interessieren sie sich aber nicht dafรผr.

Das BiRN-System ist zwar auch aufwรคndig, aber es ist leichter umsetzbar, einfacher gehalten und die Kosten fรผr Bauherren etwa halb so groรŸ wie bei der DGNB.

Das was ich mache, soll den Leuten einen Nutzen bringen und deshalb rate ich zum BiRN. Dort entstehen 8 bis 10.000 Euro Kosten fรผr das Siegel 3 bis 4.000 fรผr Nachweise, Berechnung und Beratung.

Wie hoch wird ein QNG-Siegel gefรถrdert?

Die Fรถrderung besteht aus 20.000 Euro Zinsvorteil gegenรผber einem durchschnittlichen Bankdarlehen.

Was ist denn dein kleinstes Projekt gewesen, fรผr das du einen Siegel beantragt hast?

Da haben wir jetzt gerade eine Serie von Tinyhรคusern auf der Basis von ausrangierten Schiffscontainern in Holzbauweise.

Eine Stahlhรผlle ist ja diffusionsdicht. Das gute Raumklima erreichst du dann mit den nachwachsenden Baustoffen, oder?

Ja, genau. Magnetfelder sind allerdings kein Kriterium bei der Zertifizierung.

Bekommst du auch Anfragen zu neuen Baustoffen, mit und ohne allgemeine Zulassung, wie Stroh oder Hanfkalk?

Ich habe jetzt konkret eine Anfrage von einem Architekten, mit dem ich regelmรครŸig zusammenarbeite in Richtung Strohballenbau. Das ist spannend und ich freue mich darauf. Wenn das funktioniert, kรถnnen wir auch andere Kunden in diese alternative Richtung beraten.

6 Die denkmalgerechte Sanierung der ehemaligen Industriellenvilla im Zentrum von Luxemburg zum 5-Sterne-Hotel haben wir baubiologisch und -physikalisch begleitet
7 Die Villa erhielt eine kapillaraktive, diffusionsoffene Innendรคmmung, feuchtetechnisch per WUFIยฎ bemessen, die Wรคrmebrรผcken sind 2D- und 3D-optimiert. Auch das historische Schieferdach wurde von innen energetische ertรผchtigt

Was ist dein schรถnstes Projekt?

Die Sanierung und Umbau einer historischen Industriellen-Villa von 1880 in Luxemburg Zentrum zum 5-Sterne-Hotel mit 21 Zimmern. Da waren die bauphysikalischen Fragestellungen spannend, wie die nachtrรคgliche Dรคmmung des historischen Schieferdachs, Kastenfenster, Innendรคmmung und der unterirdische รœbergang zu dem Gangsystem unter der Luxemburger Innenstadt.

Quellenangaben

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Fotos: Frank-Stefan Meyer

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