Interview mit Daniela Roßberg

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Daniela Roßberg ist erfahrene Bautechnikerin und Planerin. Zur Baubiologie brachte sie ihre Sensibilisierung gegen Schadstoffe und Elektrosmog. Als Energieberaterin realisiert sie auch energetisch optimierte Bauten.

EcoGreen Concept

Daniela Roßberg

Rotdornstr. 23
DE-09212 Limbach-Oberfrohna OT Pleißa

DIE FRAGEN STELLTE

Achim

Pilz

freier Journalist, Kurator, Juror und Berater, Baubiologe IBN und Chefredakteur des Baubiologie Magazin.

Daniela, Du bist Bautechnikerin. Was genau heißt das?

Ursprünglich wollte ich Architektur studieren (lacht). Weil ich aber kein Semester zu Hause warten wollte, habe ich in einem Architekturbüro Bauzeichnerin gelernt, um schon mal in diese Richtung zu gehen. Und weil ich gerne auf Baustellen unterwegs bin, habe ich nach der Ausbildung nebenberuflich ein Fernstudium zur Bautechnikerin gemacht, eine Art Pendant zum Bauingenieur. Ich war dann auch später bei Bauträgern und der öffentlichen Hand beschäftigt.

Wie lange hast du in diesem Beruf gearbeitet?

2003 habe ich mit der Lehre angefangen, seitdem arbeite ich auch in der Bauplanung und der Bauleitung. 2006 bis 09 lief nebenberuflich das Studium.

Zuletzt hast du dich auch noch als Energieberaterin weitergebildet …

… genau. Gerade im ökologischen Bau setzt man andere Baustoffe ein, plant andere Konstruktionen und betrachtet natürlich, auf Grund des ökologischen Grundgedankens unseres Berufes auch vermehrt auf Energieeffizienz.

Wie kamst du zur Baubiologie?

Grob gefasst gab es zwei Gründe: Zum einen habe ich einige Allergien, zum anderen ergab sich das aus meiner Arbeit als Planerin und Bauleiterin. Da hatte ich mit den unterschiedlichsten Chemikalien auf den Baustellen zu tun. Häufig bin ich auch geflüchtet. Unabhängig davon, dass mich das persönlich stört, taten mir die Handwerker und Handwerkerinnen leid. Ich dachte mir, das kann nicht sein. Es muss doch schadstofffreie Baustoffe und bessere Konstruktionen geben.

Weißt du, warum du Allergien hast? 

Für meine Allergien gab es mehrere Auslöser. Einige Ursachen habe ich in meinem Elternhaus gefunden. Das Haus steht auf einem ehemaligen Moorgebiet und wurde zum ersten Mal Ende des 13. Jahrhunderts erwähnt. Ein Teil der Wände ist 50 bis 60 Zentimeter dickes Bruchsteinmauerwerk ohne Horizontalsperre. Mein Vater hat das Haus kontinuierlich ausgebaut und erweitert. Ich bin quasi auf einer Baustelle groß geworden. In den 90er Jahren kamen neue Fenster und ein Wärmedämmverbundsystem. Dadurch wurde alles luftdicht und wir hatten plötzlich massive Schimmelpilzprobleme. Mein Vater wusste sich nicht recht zu helfen und verkleidete die Wände einfach mit Nut- und Federbrettern. Dann war gut.

Er hat auch das Dachgeschoss mit Kinderzimmern ausgebaut. Und dabei zeigte er das schöne, dunkel gestrichene Holzfachwerk. Man geht von einer Teerlasur aus. Bevor wir in diesem Haus lebten, wurde wohl auch häufig Gift gegen den Holzwurm eingesetzt. Der Dachstuhl wurde später komplett erneuert. Alle meine vier Geschwister haben Allergien und/oder Asthma. Ich wohnte am längsten dort und mich hat es am schlimmsten erwischt.

Dann hast du irgendwann bemerkt, dass du auch elektrosensibel bist. Sind deine Symptome manchmal mehr und manchmal weniger schlimm?

Ja, es gibt Tage, da ertrage ich das gut. Und manchmal ist das „Fass“ an äußeren Einflüssen voll. Dann habe ich sogar richtige Schmerzen und es geht gar nichts mehr. Wenn ich im Stress bin, merke ich sogar, wenn am Handy ein Anruf oder eine Nachricht kommt – noch bevor es klingelt.

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2 PV-Anlage und Wärmepumpe ermöglichen bei diesem energieeffizienten Wohnhaus Eigenversorgung und Unabhängigkeit
3 Hybride Bauweise: Das Erdgeschoss ist aus Porenbeton, das Obergeschoss ein Holzrahmenbau. Es wird mit Holzfaserdämmung ausgefacht und mit Holz verschalt
4 Das hybride Zweifamilienhaus kurz vor seiner Fertigstellung

Ist euer Zuhause funkfrei?

Ja, natürlich, bis auf eine moderate Handynutzung ist alles kabelgebunden. Dennoch kann ich auch Probleme mit der Maus oder dem Computer am Arbeitsplatz bekommen. Das fängt mit einem Kribbeln in den Armen an und wird mit der Dauer der Belastung immer schlimmer bis hin zu Schmerzen. Für mich ist es eine Herausforderung, die richtige technische Ausstattung zu finden. Da messe ich auch oftmals mit meinen Messgeräten nach und schicke „schlechte“ Geräte mit hoher Elektrosmog-Belastung zurück.

Ist Baubiologische Messtechnik ein Schwerpunkt deiner baubiologischen Arbeit?

Nein, ich bin nur in den Grundlagen ausgebildet und keine Baubiologische Messtechnikerin IBN, die umfangreiche Messungen anbietet. Ich habe mir einiges autodidaktisch angeeignet und nutze meine Messgeräte vor allem für Kurzmessungen im Hausgebrauch. Ich will das vor allem für mich wissen.

Testest du dann auch die verkabelte Maus?

Ja genau. Computermäuse sind sehr unterschiedlich. Ich stelle durch meine Messungen immer wieder fest, dass die Richtlinien für Computerarbeitsplätze oftmals nicht eingehalten werden.

Wie haben dich deine Allergien im Arbeitsalltag beeinflusst?

Wenn ich früher auf der Baustelle unterwegs war, auf der Chemikalien verarbeitet wurden, dachte ich, hier stinkt es. Auch wenn ich damals noch nicht mehr dazu wusste. Beim Fliesen, Bodenlegen, Malern ging ich ohne Symptome rein und kam durch die Gerüche mit Kopfschmerzen oder Übelkeit wieder raus. Und das, obwohl ich nur kurz auf der Baustelle war. Da begann mein Umdenken. Über Jahre habe ich nach anderen Materialien gefragt und etwa natürliche Dämmstoffe entdeckt. Aber häufig waren für Bauherren die Kosten wichtiger, als die Gesundheit. Effizient haben wir in meinem Architekturbüro schon immer geplant und gebaut – ökologisch, nachhaltig war noch kein ernstes Thema.

Wie siehst du das heute, ist konventionelles Bauen immer noch billiger?

Naja, das muss man in einem größeren Zusammenhang sehen. Bei zwei Häusern gleicher Kubatur ist gesundes Bauen etwas teurer. Grundsätzlich ist vieles zu hinterfragen, etwa ob ein Haus wirklich so groß sein muss oder ob es unbedingt einen Keller braucht? Kosten lassen sich einsparen, indem man nach dem reellen Bedarf der Kund*innen plant und baut. Dann ist nämlich gesundes baubiologisches Bauen nicht teurer und wird möglich. Am Ende wird aus einem 160 Quadratmeter Haus ein Haus mit vielleicht 130 Quadratmetern. Ich habe auch schon Häuser geplant, die um die 90 Quadratmeter waren, mit der Option zum späteren Ausbau. Das spart dann auch laufende Kosten für Energie und Versorgung.

5 Anbau an das eigene Wohnhaus
6 In dem Holzbau ist u.a. das funkfreie Büro untergebracht. Zum Garten hin überdacht die Terrasse eine Pergola

Seit wann bist du selbstständig?

Nach meiner Ausbildung zur Baubiologin 2019 habe ich mich 2020 nebenberuflich selbstständig gemacht. In dieser Zeit bin ich auch Klimaschutzmanagerin meines Wohnortes geworden. Ich dachte, als Baubiologin und mit meiner beruflichen Erfahrung hast du die besten Voraussetzungen dafür, um in der Stadtentwicklung mitzuwirken. Bis heute bin ich im Klimabeirat meines Landkreises aktiv.

War deine baubiologische Weiterbildung hilfreich für die Einstellung als Klimaschutzmanagerin?

Ja, sehr. Sie war Teil der Voraussetzungen. Der Stadt ging es darum, zukünftig energieeffizienter und nachhaltiger zu bauen und auch die nationalen und internationalen Klimaziele zu erreichen. Da bringen wir Baubiolog*innen ein großes Wissen mit. Mir geht es dabei vor allem um Energieeffizienz, nachhaltiges Bauen und Schadstoffe in öffentlichen Gebäuden.

Wie arbeitest du mit dem IBN zusammen?

Seit März 2020 bin ich Baubiologische Beratungsstelle IBN. Dadurch bin ich Teil eines riesigen Netzwerks mit einer breit gefächerten Kompetenz. Seit 2021 darf ich mein Wissen an die neuen Baubiolog*innen in Seminaren zu ökologisch nachhaltigen Baustoffen und Bauweisen in der Grundausbildung weitergeben.

Vielen Dank für das interessante Interview!

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Bilder: Daniela Roßberg

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Daniela Roßberg

Rotdornstr. 23
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