Alte Baukultur – modern interpretiert
In der beliebten Urlaubsregion Werdenfelser Land hat die Gastgeberfamilie Erhardt mit der Werdenfelserei neue Impulse gesetzt. Gebaut wurde das Haus auf dem Gelände eines ehemaligen Kneippkurheimes – angrenzend an den Michael-Ende-Park in Garmisch-Partenkirchen.
Optisches Herzstück im Inneren ist ein in der Lobby umgekehrter Baum, der mit den Wurzeln nach oben zeigt. Er demonstriert, worum es hier durchgängig geht: um die eigenen Wurzeln, um das geerdet sein – alles was ein starker Baum verkörpert.
Beton gestampft
Eines der herausragenden Merkmale des Gebäudes ist eine Stampfbetonwand, die das Gebäude rahmt. Für die prägnante Konstruktion wurden verschiedene Betonarten mit unterschiedlichen Betonfarben- und Körnungen gemischt und als spannende optische Basis für das Gebäude realisiert. Stampfbeton ist eine Jahrhunderte alte Bauweise und wird traditionell schichtweise eingefüllt und “gestampft” – also per Hand verdichtet. Die Schichten enthalten keinen Stahl, der das Erdmagnetfeld verändert und zudem rosten kann. Das macht diese Bauweise besonders dauerhaft und spart Graue Energie. Nach dem arbeitsreichen Stampfen erhält man eine druckfeste Konstruktion mit einer ästhetisch ansprechenden Oberfläche, bei der die vielen Schichten ablesbar bleiben und weder gestrichen noch gepflegt werden müssen. Stampfbeton wurde historisch häufig für Keller und einfache Mauern, aber auch für Brücken verwendet.
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Die Werdenfelserei, ein ökologisches Hotel in Garmisch-Partenkirchen, ist ein fünfgeschossiger Holzbau | Bild: Günter Standl, Werdenfelserei2
Das ökologische Hotel von W2 Manufaktur liegt direkt an einem öffentlichen Park mit viel Grün | Plan: W2 Manufaktur3
Das Bauwerk knüpft an traditionelle regionale Heu-Scheunen und bäuerliche Nutzbauten an und wurde von regionalen Handwerksfirmen realisiert | Bild: Günter Standl, Werdenfelserei4
Ästhetische Verknüpfung zweier Urbauweisen: Holz und Stampfbeton sind hinsichtlich Materialwahl und -verarbeitung, Dauerhaftigkeit und Schadstofffreiheit eine besonders nachhaltige
Herausragender Holzbau
In Verbindung mit dem Stampfbeton kam das Naturtalent Holz als Baustoff zum Einsatz. Der Naturbaustoff dominiert das architektonische Erscheinungsbild und macht die hochwertige Bauweise für den Besucher sicht- und fühlbar. Auf diese Weise wurde die Übertragung von traditionellem Bauhandwerk in die Gegenwart erreicht.
Alle Wände und Decken des fünfgeschossigen Gebäudes sind in Massivholzbauweise errichtet und untereinander durch Schallschutzeinlagen getrennt. Ein individuelles Brandschutzkonzept sichert die baulichen und anlagentechnischen Vorkehrungen. Die massiven Wände und Deckenelemente der gesamten Konstruktion sind von regionalen Handwerksbetrieben vorproduziert und in vergleichsweise kurzer Bauzeit montiert worden. Nur die Kellerbereiche, Teile des Erdgeschosses, die Treppenhäuser und für die Aussteifung des Gebäudes notwendigen Bereiche wurden in Betonbauweise erstellt.
Einsparung von grauer Energie durch stahlfreien Stampfbeton
Der Architekt Peter Zumthor hat die ästhetische und dauerhafte Bauweise wieder bekannt gemacht
Zurück zu den Wurzeln: in der Lobby steht ein umgedrehter Baum für das Motto der Gastgeber - Rückbesinnung auf Ursprüngliches
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Einsparung von grauer Energie durch stahlfreien Stampfbeton6
Der Architekt Peter Zumthor hat die ästhetische und dauerhafte Bauweise wieder bekannt gemacht7
Zurück zu den Wurzeln: in der Lobby steht ein umgedrehter Baum für das Motto der Gastgeber – Rückbesinnung auf Ursprüngliches
Anforderung “feuerhemmend”
Die Holzbauweise über so viele Geschosse erforderte gemäß Bayerischer Bauordnung die Gebäudeklasse 5. Alle tragenden Wände, Pfeiler und Stützen mussten die bauaufsichtliche Anforderung “feuerhemmend” erfüllen. Der spezielle Wandaufbau beginnt von außen nach innen mit einer Lärchenholz-Boden-Deckelschalung, sägerau gebürstet und vertikal aufgebracht, die aus brandschutztechnischen Vorgaben ohne Hinterlüftung und mit horizontalen Brandschürzen ausgeführt wurde. Davor gelegt wurde eine Winddichtungsbahn und eine kreuzweise verlegte Wärmedämmung aus Mineralwollplatten mit sehr hohem Schmelzpunkt – ebenfalls aus Brandschutzgründen. Die Massivholzdeckenkonstruktionen wurden durch spezielle Schallschutzeinlagen von den Wandkonstruktionen getrennt.
Ausblick in die Natur
Besonderes Augenmerk legte man auf die Ausrichtung der offenen Sichtachsen. So wird der Blick von allen Räumen und Gängen aus immer wieder gezielt zu den schönsten Motiven der Bergwelt gelenkt. Die Zimmer – hier Studios genannt – sind unterschiedlich gestaltet, aber alle mit warmem Holz. Der Boden ist überall aus großformatigen Eichendielen. Luftige Klarheit herrscht in allen Räumen. Auch in den beiden barrierefreien Zimmern, die einfach und unkompliziert nutzbar sind. Auch sonst ist das Hotel barrierefrei von der Tiefgarage bis zum Wellnessbereich in luftiger Höhe.
Ins richtige Licht gesetzt: Leuchten mit Naturmaterialien
Beziehung zur Umwelt schafft die Wellness-Landschaft auf dem Dach mit Blick in die Bergwelt
Vielfältig gestaltete Zimmer: Die Oberflächen der Massivholzdecke und -wände wurden hier nur gehobelt und geschliffen. So kann das Naturmaterial mit Farbe und Maserung intensiv erlebt werden
Neben entspannend duftender Zirbe für die Betten wurde Fichte in den Vollholzwänden und Lärche für die Fassade verwendet
Die Zimmer sind wohltuende Rückzugsorte, die mit Sichtholz aus Fichte auf alle Sinne wirken
Beispiel einer Darstellung des Monitorings
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Ins richtige Licht gesetzt: Leuchten mit Naturmaterialien9
Beziehung zur Umwelt schafft die Wellness-Landschaft auf dem Dach mit Blick in die Bergwelt10
Vielfältig gestaltete Zimmer: Die Oberflächen der Massivholzdecke und -wände wurden hier nur gehobelt und geschliffen. So kann das Naturmaterial mit Farbe und Maserung intensiv erlebt werden11
Neben entspannend duftender Zirbe für die Betten wurde Fichte in den Vollholzwänden und Lärche für die Fassade verwendet12
Die Zimmer sind wohltuende Rückzugsorte, die mit Sichtholz aus Fichte auf alle Sinne wirken13
Beispiel einer Darstellung des Monitorings
Ressourcen schonende Energieeffizienz
Insgesamt unterschreitet der ressourcenschonende Hotelbau den Energiebedarf der gesetzlich geforderten Energiekennwerte. Dies geschieht durch das Ineinandergreifen vieler energieeffizienter Maßnahmen: Angeschlossen ist das Hotelgebäude an das Fernwärmenetz von Garmisch-Partenkirchen, darüber hinaus bezieht es Ökostrom. Auf dem Dach befindet sich eine 43,8 kWp Photovoltaik Anlage, die mindestens 10% der gebrauchten elektrischen Energie selbst erzeugt. Seit die Anlage in Betrieb ist, wurde eine Eigenverbrauchsquote von 100% erreicht und der gesamte erzeugte Strom konnte direkt im Haus verbraucht und genutzt werden.
Durch diese hervorragend gedämmte Holzkonstruktion und die Fenster mit Dreifachverglasung sind die Wärmeverluste gering. Die Bauweise wird ergänzt durch Holzfaserdämmstoffe. Fußböden, Wände, Fenster und Türen sind ebenfalls aus nachhaltigem Holz.
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Ein sehr guter Beitrag zum nachhaltigen Bauen,
PS