Gesundheitliche Probleme durch Schimmel in der Schule?

1 Kommentar(e)

Überraschendes Ergebnis nach Schimmelpilz-Untersuchungen in einem Klassenzimmer.

Autor

Michael

Aurich

Dipl.-Ing., Baubiologischer Messtechniker IBN, Sachverständiger für Schäden an Gebäuden, Chemnitz

Um gesundheitliche Probleme loszuwerden, ist es wichtig, die Ursachen dafür zu finden. Die Suche danach gleicht oft einer Detektivarbeit. 

Feststellungen – Informationen – Untersuchungen

Von der Schulleitung wurde mir mitgeteilt: „Schüler und Lehrer leiden wohl unter Atemwegproblemen. Stock- oder Schimmelflecken und ähnliches sind keine zu sehen. Es gab hierzu bereits Begehungen mit einem Maler und auch mit einem Fachmann für technische Trocknung”.

Mein Ortstermin und die Luftprobenahmen wurden im Mai 2019 durchgeführt. An der Giebelwand zeigte mir der Hausmeister Flecken. An einem dieser Flecken machte ich eine Klebefilmprobe. Außen war das Gebäude mit Wärmedämmung versehen. An der Außentür gab es zwei Stufen nach unten.

1 und 2 Klassenzimmer mir relativ großer Breite zwischen Fenstern und Heizkörpern
3 Zahlreiche kaum sichtbare Flecken an der Giebelwand (einige Beispiele = rote Pfeile), Klebefilmprobe (= blauer Pfeil)

Vor der Luftprobenahme im Klassenzimmer wurde die Luft verwirbelt. An keiner Stelle wurde eine zu niedrige Oberflächentemperatur oder erhöhte Feuchtigkeit gemessen. Die Laborergebnisse ergaben für die Innenraumluft deutlich weniger Schimmelpilze als außen (genaue Ergebnisse siehe Infokasten am Textende). Die Klebefilmprobe ergab jedoch einen sehr zahlreichen Befall mit Mycel/Hyphen (Mycel = Gesamtheit aller Hyphen, also der fadenförmigen Zellen eines Pilzes), Sporen und Fruchtkörpern der Schimmelpilzgattung “Aspergillus sp”. Die Konzentration lag bei über 60.000 Sporen pro Quadratzentimeter.

Bewertung des Ortstermins und der Laboruntersuchungen

Gemäß Schimmelpilzleitfaden des Umweltbundesamtes, Tabelle 9 „Bewertung von Luftproben“ wären diese Ergebnisse so zu interpretieren, dass eine „Hintergrundbelastung Innenraumquelle unwahrscheinlich ist”. In den Baubiologischen Richtwerten des “Standard der Baubiologischen Messtechnik SBM” ist glücklicherweise noch folgende Regel enthalten: „Jeder Auffälligkeit, jedem Verdacht und Hinweis auf mikrobiologische Belastung ist nachzugehen, hierzu gehören Verfärbungen und Flecken … Krankheiten der Bewohner, … .“ Besonders wichtig war der Hinweis des Hausmeisters auf die Flecken an der Giebelwand, die kaum zu sehen waren. 

Wenn sich in einem Raum Atemwegprobleme zeigen, muss es eine Ursache dafür geben. Als mögliche Ursachen gehören auch und meist Schimmelpilze. Auch Chemikalien können zu Atemwegproblemen führen, diese Option hatte ich aber aufgrund des Zustandes und der langzeitlichen Nutzung des Raumes als relativ unwahrscheinlich eingeschätzt. Genaues kann man aber nur mit geeigneten Untersuchungen ermitteln.

Auf jeden Fall sollte geklärt werden, zu welchem Zeitpunkt und wie die Flecken entstanden sind. Schließlich könnte es sich lediglich um Verschmutzungen handeln, die durch z.B. an die Wand gespritzte Flüssigkeiten entstanden sind.

Zum Ortstermin, als die Wand warm und trocken war, waren die Sporen offensichtlich abgetrocknet. Wenn die Luft wieder feuchter wird, kann neues Schimmelpilzleben und dessen Ausweitung beginnen und sich die Sporenkonzentration im Raum wieder höher werden. In diesem Sinne besonders kritisch sind folgende Zeiten:

  • Im Sommer, wenn außen eine hohe absolute Luftfeuchtigkeit ist, die auch in Innenräume gelangt
  • Im Winter, wenn zu wenig gelüftet wird, somit die Luftfeuchtigkeit steigt und die Wandoberflächen durch kalte Außentemeraturen abkühlen
  • Wenn viele Menschen im Raum sind und nicht genügend gelüftet wird, entsteht schnell eine höhere Luftfeuchtigkeit.

Gemessen bzw. berechnet werden sollte auch, ob im Winter die raumseitigen Oberflächentemperaturen der Hüllflächen (z.B. Außenwände, ungedämmte Decken) so hoch sind, dass dort kein Tauwasser entsteht. Möglich ist auch, dass im Winter die Heizkörper und die daraus kommende Warmluft die Giebelwand nicht ausreichend erwärmen.

Fraglich ist zudem, ob immer ausreichend gelüftet wurde. Um einen ausreichenden Luftaustausch zu erreichen, muss aufgrund der relative großen Raumtiefe relative lange gelüftet werden. Vor allem im Winter wird dies nicht immer möglich sein, weil es dann den an der Fensterseite sitzenden Kindern schnell kalt wird. Bei nicht ausreichender Lüftung steigt zudem auch der CO2-Gehalt der Luft, was unter anderem müde macht und Kopfschmerzen verursachen kann. 

Zweiter Ortstermin mit meiner Kollegin Amelie

Im Oktober 2019 fand ein zweiter Ortstermin statt. Die Flecken an der Giebelwand waren zwischenzeitlich offensichtlich abgewischt worden. Amelie, meine als Schimmelspürhund ausgebildete “Kollegin”, zeigte im Bereich der Schränke an Stellen an, die zu meiner Vermutung passten, dass es hinter und unter dem Schrank auch Schimmel geben kann. Danach entdeckte ich noch zahlreiche Flecken an der Innenwand über einem Waschbecken und der Tür. Diese Flecken waren mir beim ersten Ortstermin nicht aufgefallen. 

4 und 5 Amelie verweist an der Unterkante und an der Rückseite von Schränken auf möglichen Schimmel
6 Zahlreiche und deutlich sichtbare Flecken an der Innenwand

Zusammenfassung

Trotz des Verwirbelns der Luft im Wandbereich waren in den Luftproben weniger Schimmelsporen als in der Außenluft. Ohne die Klebefilmprobe wäre das Ergebnis fälschlicherweise „positiv“ gewesen.

Die beim zweiten Ortstermin im Oktober 2019 gefundenen deutlich intensiveren Flecken an der Innenwand sind ein Hinweis darauf, dass die Schimmelpilze im Sommer bei der dann wesentlich feuchteren Luft bessere Lebensbedingungen vorfinden. 

Zukünftig werde ich das Verwirbeln der Luft intensiver durchführen und bei solch großen Räumen nicht nur an einer Stelle Luftproben nehmen.

Ausführlicher Original-Bericht: Schimmel in einem Schulraum

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1 Kommentar

  1. Diese Aussage im Originalbericht lässt mich aufhorchen: “Er gab mir noch eine Information des Hausmeisters des gesamten Gebäudes (der Schulraum war gemietet) weiter. Der Keller unter diesem Raum sei nass. Somit wird eine Schimmelbildung hinter und unter dem Schrank noch durch aufsteigende / nach oben diffundierende Feuchtigkeit gefördert.”

    Evtl. wäre eine vergleichende Luftprobe im darunter liegenden Keller noch sinnvoll gewesen. Vielleicht strömt aus dem Keller sporenbelastete Luft über luftundichte Fugen zwischen Fußboden und Wänden in den Klassenraum. Auch ein Blowerdoor-Test könnte solche Schwachstellen aufzeigen.

    Mit kollegialen Grüßen aus Gotha/Thüringen
    Lothar Backhaus, Baubiologe IBN

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Bilder: Michael Aurich

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